Rz. 839

Grundsätzlich unterliegen ehemalige Geschäftsführungsmitglieder ab Beendigung ihres Dienstvertrages keinem Wettbewerbsverbot mehr. Vielfach wird jedoch mit Geschäftsführungsmitgliedern im Dienstvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Hierbei ist Folgendes zu beachten.

 

Rz. 840

Keine Anwendbarkeit der § 74ff. HGB: Soweit im Dienstvertrag des Geschäftsführungsmitglieds nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, finden die für Arbeitnehmer geltenden §§ 74ff. HGB auf Geschäftsführungsmitglieder keine Anwendung.[1] Die Wirksamkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote von Geschäftsführern ist nach § 138 BGB zu beurteilen. Danach ist ein Wettbewerbsverbot nichtig, wenn es nicht den berechtigten Interessen der Gesellschaft dient und es nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Tätigkeit des (ehemaligen) Geschäftsführers unbillig erschwert.[2]

 

Rz. 841

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot muss dem Schutz eines berechtigten Interesses der Gesellschaft dienen: Der BGH stellt auch bei Geschäftsführungsmitgliedern an die Zulässigkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote "strenge Anforderungen".[3] Prüfungsmaßstab sind (a) die "in den §§ 74ff. HGB zum Ausdruck gekommenen Rechtsgrundsätze", (b) § 138 BGB (Sittenwidrigkeit) und (c) Art. 2, 12 GG (freie Entfaltung der Persönlichkeit/Berufsfreiheit). Mit Geschäftsführungsmitgliedern vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind danach nur dann wirksam, wenn sie dem Schutz eines berechtigten Interesses des Gesellschaftsunternehmens dienen und nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers nicht unbillig erschweren.[4] Nach Auffassung des OLG München[5] ist ein Wettbewerbsverbot dann zu weit gefasst und nichtig, wenn es dem Geschäftsführer nachvertraglich jede Art von Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen (selbständig, unselbständig oder in sonstiger Weise) verbietet, weil darunter beispielsweise auch die Tätigkeit als Hausmeister fallen würde, was jedoch keinen Bezug zur Geschäftsführertätigkeit habe und deshalb durch die Interessen der Gesellschaft nicht gedeckt sei.

 

Rz. 842

Berechtigtes Interesse des Gesellschaftsunternehmens: Das berechtigte Interesse muss im Zeitpunkt der Geltendmachung der Rechte aus dem Wettbewerbsverbot vorliegen. Ausreichend ist, wenn das Wettbewerbsverbot durch das Interesse eines Konzernunternehmens gedeckt ist.[6]

 

Rz. 843

Die sachliche und örtliche Reichweite des Wettbewerbsverbots orientiert sich grundsätzlich an dem in dem Gesellschaftsvertrag festgelegten Unternehmensgegenstand[7], wobei das unter Rn. 826 Gesagte auch für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gilt.

 

Rz. 844

Die zulässige Höchstdauer eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots orientiert sich am Zwei-Jahres-Limit des § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB.[8]

 

Rz. 845

Karenzentschädigung: Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einem Geschäftsführungsmitglied auch ohne Karenzentschädigung vereinbart werden, da ihm gegenüber die gesetzliche Regelung des § 74 Abs. 2 HGB nicht gilt.[9] Nach h. L. soll ein entschädigungsloses nachvertragliches Wettbewerbsverbot allerdings in der Regel nach § 138 BGB sittenwidrig und deshalb nichtig sein.[10] In dieser Allgemeinheit überzeugt die Auffassung der h. L. allerdings nicht: Sittenwidrig ist ein entschädigungsloses nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur dann, wenn es auf ein "Berufsverbot" hinausläuft. Dies mag bei einem auf eine bestimmte Branche spezialisierten Fachmann der Fall sein – aber z. B. nicht ohne weiteres bei einem Finanzgeschäftsführer, der vielfach problemlos seine Tätigkeit auch in anderen Branchen ausüben kann. In der Praxis werden Geschäftsführungsmitglieder faktisch allerdings regelmäßig auf einer Karenzentschädigung bestehen.

 

Rz. 846

Lösung vom Wettbewerbsverbot: Hält man mit dem BGH ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Geschäftsführungsmitglieder grundsätzlich (Grenze: § 138 BGB) auch ohne Karenzentschädigung für zulässig, muss konsequenterweise auch eine Regelung für zulässig erachtet werden, die der Gesellschaft eine jederzeitige Lösung vom Wettbewerbsverbot erlaubt – mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt eine etwa vereinbarte Karenzentschädigung entfällt.[11]

 

Rz. 847

Geltungserhaltende Reduktion: Überschreitet ein nachvertragliches Konkurrenzverbot den zeitlich zulässigen Rahmen, kommt nach ständiger Rechtsprechung eine geltungserhaltende Reduktion auf den zeitlich zulässigen Höchstrahmen in Betracht.[12] Inhaltlich überzogene Wettbewerbsverbote sind dagegen nichtig; sie sind keiner geltungserhaltenden Reduktion zugänglich.[13]

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