Rz. 804

Ein wichtiger Kündigungsgrund liegt (nur dann) vor, wenn es der Gesellschaft unzumutbar ist, das Dienstverhältnis bis zu dessen vertraglich vereinbartem Ablauf mit dem Geschäftsführungsmitglied fortzusetzen. Umstritten ist, ob die Gesellschaft mit dem Geschäftsführer im Anstellungsvertrag festlegen kann, was als wichtiger Kündigungsgrund gelten soll. Insoweit gilt das zur Zulässigkeit von Koppelungsklauseln Gesagte (Rn. 784 ff.) entsprechend: Liegt kein objektiv zur fristlosen Kündigung berechtigender Grund vor, darf die Frist für eine ordentliche Kündigung bei einem Geschäftsführer, der nicht über einen beherrschenden Anteil am Stammkapital verfügt, nach § 622 Abs. 1 und 5 BGB 4 Wochen nicht unterschreiten. Diese gesetzliche Vorgabe kann nicht dadurch ausgehebelt werden, dass im Anstellungsvertrag ein Sachverhalt zum wichtigen Grund gemacht wird, der objektiv keiner ist. Eine einschränkende Auslegung der auf einem objektiv nicht wichtigen Grund basierten außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit dahin, dass die Beendigung erst nach Ablauf der vier-wöchigen Mindestfrist des § 622 Abs. 1 und 5 BGB eintritt, ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn die Koppelungsklausel (ggf. von einem Dritten, z. B. in einem Formularbuch) für eine Mehrzahl von Verträgen vorformuliert wurde, so dass dann AGB vorliegen und nach § 306 BGB eine geltungserhaltende Reduktion ausscheidet.

 

Rz. 805

Eine vorherige Anhörung des Geschäftsführungsmitglieds ist vor Ausspruch der Kündigung grundsätzlich ebenso wenig erforderlich (Ausnahme: Verdachtskündigung)[1] wie eine vorherige Abmahnung.[2] Das Erfordernis der vorherigen Abmahnung ist im Arbeitsrecht zum Schutz abhängig Beschäftigter entwickelt worden. Dieser Schutzgesichtspunkt kann bei Geschäftsführungsmitgliedern nicht im Vordergrund stehen. Von ihnen ist zu erwarten, dass sie auch ohne vorherigen Hinweis durch die Gesellschafterversammlung oder ein anderes für die Kündigung zuständiges Organ ihre Pflichten kennen und sich "dem Standard eines ordentlichen Geschäftsmanns entsprechend"[3] verhalten.

 

Rz. 806

Als wichtige Gründe für eine Kündigung des Geschäftsführungsvertrags kommen die in Rn. 762 ff. genannten Abberufungsgründe mit folgenden Maßgaben in Betracht.

 

Rz. 807

Grobe Pflichtverletzung: Die in Rn. 762 aufgeführten groben Pflichtverletzungen stellen regelmäßig auch wichtige Gründe für eine Kündigung des Dienstvertrags dar.[4]

 

Rz. 808

Unfähigkeit: Die in Rn. 763 aufgeführten Sachverhalte stellen ebenfalls i. d. R. wichtige Gründe für eine Kündigung des Dienstvertrags dar.

 

Rz. 809

Zerrüttung: Anders als bei der Abberufung (Rn. 764) rechtfertigt ein schwerwiegendes und dauerhaftes Zerwürfnis zwischen Geschäftsführungsmitgliedern oder zwischen einem Geschäftsführungsmitglied und der nachgeordneten Führungsebene nur dann die Kündigung des Dienstvertrages aus wichtigem Grund, wenn das Geschäftsführungsmitglied, dessen Dienstvertrag vorzeitig gekündigt werden soll, maßgeblichen Anteil an der Zerrüttung hat.[5] Entsprechendes gilt für den Fall, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat zerrüttet ist.[6]

 

Rz. 810

Kündigung auf Druck Dritter: Auch hier ist – anders als bei der Abberufung (Rn. 765) – ein wichtiger Grund zur Kündigung des Geschäftsführungsvertrags nur dann gegeben, wenn der Dritte (z. B. die Hausbank, die Geschäftsführungskollegen, die Belegschaft oder der Betriebsrat) aufgrund pflichtwidrigen Verhaltens des betreffenden Geschäftsführungsmitglieds berechtigterweise dazu veranlasst wurde, die Trennung von dem Geschäftsführungsmitglied zu verlangen, und ein Festhalten an dem Geschäftsführungsmitglied zu erheblichen (ggf. existenzgefährdenden) Nachteilen für die Gesellschaft führen würde.[7] Außerhalb dieser Extremfälle ist die GmbH ausreichend durch eine Abberufung, mit der die Repräsentationsbefugnis des Geschäftsführers beseitigt wird, geschützt.[8]

 

Rz. 811

Verschuldung des Geschäftsführungsmitglieds: Nach einer zur AG ergangenen Entscheidung des OLG Köln[9], stellt "allein die erhebliche Verschuldung" keinen wichtigen Grund zur Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages dar; dagegen ist ein Geschäftsführer, der die Vermögensoffenbarung (eidesstattliche Versicherung) geleistet hat und damit eine fehlende Kompetenz zur Regelung seiner privaten Verbindlichkeiten dokumentiert hat, in seinem Ansehen und in seiner Akzeptanz derart stark beschädigt, dass sein weiterer Verbleib in der Geschäftsführungsposition für die Gesellschaft unzumutbar geworden und ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung gegeben ist (a. a. O.).

 

Rz. 812

Vertrauensentzug durch die Gesellschafterversammlung: Der Vertrauensentzug durch die Gesellschafterversammlung rechtfertigt die fristlose Kündigung des Dienstvertrags nur in Ausnahmefällen, da im Regelfall eine ordentliche Kündigung ausreichen wird.[10] Der Vertrauensentzug wird etwa dann für eine außerordentliche Kündigung ausreichen, wenn das Geschäftsführungsmitglied am Vertrauensverlust ein – nic...

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