Rz. 799

Vorstandsmitglieder einer AG sind nach § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III von der Sozialversicherungspflicht befreit. Für Geschäftsführer einer GmbH existiert keine vergleichbare Regelung. Geschäftsführungsmitglieder von Gesellschaften mbH sind somit - trotz ihrer fehlenden Arbeitnehmereigenschaft - dann sozialversicherungspflichtig, wenn sie die Voraussetzungen von § 7 Abs. 1 SGB IV erfüllen. Diese Vorschrift lautet: "Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers." Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts trifft dies dem Grunde nach zu auf:

  • Fremdgeschäftsführer[1];
  • Gesellschaftergeschäftsführer, die keine Mehrheit der Stimmrechte halten[2] sowie
  • Gesellschaftergeschäftsführer ohne Sperrminorität (mit mind. 50 %).[3]
 

Rz. 800

Kann ein Geschäftsführer hingegen durch seine Beteiligung an der Gesellschaft maßgeblichen Einfluss auf diese ausüben oder ist er sonst selbstbestimmt tätig, so ist er nicht schutzbedürftig und von der Sozialversicherungspflicht befreit.[4] So kann ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der mehr als 50 % der Stimm-Anteile hält, regelmäßig nicht als "weisungsabhängiger Beschäftigter" i. S. d. § 7 Abs. 1 SGB IV angesehen werden: Er hat es kraft seiner Mehrheit bei Abstimmungen in der Hand, ob ihm Weisungen erteilt werden oder nicht. Ist einem Minderheitsgesellschafter eine Sperrminorität eingeräumt, mit der er die Erteilung von Weisungen verhindern kann, so kann dieser als Geschäftsführer trotz seiner geringen Beteiligung ebenfalls nicht als "weisungsabhängiger Beschäftigter" i. S. d. § 7 Abs. 1 SGB IV eingeordnet werden. Dieser ist dann ebenfalls von der Sozialversicherungspflicht befreit. Erforderlich ist dafür aber, dass ihm diese Sperrminorität im Gesellschaftsvertrag eingeräumt ist; eine bloß schuldrechtliche Vereinbarung genügt nach st. Rspr. der Sozialgerichte nicht.[5]

  • Weitere Indizien für die Annahme einer selbständigen Beschäftigung von Gesellschafter-Geschäftsführern sind die Befreiung von § 181 BGB sowie das Bestehen von Stimmbindungsvereinbarungen oder Vetorechten, die es dem Gesellschafter-Geschäftsführer ermöglichen, "unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. Dienstberechtigten abzuwenden".[6]
[4] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 181.
[6] BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, BB 2013 S. 894; ähnlich: LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 11.6.2014, L 5 KR 2911/13 ("Haben sich alle Gesellschafter einer GmbH außerhalb der Satzung durch Vertrag verpflichtet, Gesellschafterbeschlüsse nur übereinstimmend zu fassen, haben Minderheitsgesellschafter die Rechtsmacht, ihnen nicht genehme Beschlüsse und Weisungen der Gesellschafterversammlung abzuwenden. Eine abhängige Beschäftigung und die damit einhergehende Sozialversicherungspflicht sind hier zu verneinen"); ebenso zum Vetorecht eines Geschäftsführers, das im Anstellungsvertrag begründet wurde, den alle Gesellschafter unterschrieben worden ist: LSG Hessen, Urteil v. 15.5.2014, L 1 KR 235/13, ZIP 2014 S. 1931 ff.

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