Das Umsatzsteuerrecht geht nicht ganz mit dem Bilanzsteuerrecht konform. Umsatzsteuerlich gilt eine Lieferung dann als bewirkt, wenn die Beförderung durch den Veräußerer bzw. die Versendung durch einen Dritten beginnt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe der Ware an den Frachtführer bzw. Spediteur.
Wird zusätzlich ein sog. Order- oder Traditionspapier (Ladeschein, Lagerschein, Konnossement) verwendet, gilt die Lieferung mit der Übergabe des Traditionspapiers als bewirkt[1].
Bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten entsteht die Umsatzsteuer, wenn die Lieferung ausgeführt worden ist[2]. Sind Anzahlungen vereinbart, entsteht die Umsatzsteuer bereits mit Erhalt der Anzahlung[3]. Bei Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten entsteht die Umsatzsteuer immer mit Bezahlung[4].
Unabhängig von der Art der Besteuerung (vereinbarte bzw. vereinnahmte Entgelte) kann Vorsteuer gezogen werden, wenn
- dem Käufer die Rechnung vorliegt und die Ware geliefert[5] oder
- dem Käufer die Rechnung vorliegt und eine Anzahlung geleistet[6]
worden ist.
Lieferzeitraum Jahreswechsel
Großhändler G hat Waren für 8.000 EUR zzgl. 1.520 EUR (19 %) USt vom Produzenten erworben und verkauft diese an Einzelhändler K am 23.12. zum Preis von 10.000 EUR zzgl. 1.900 EUR (19 %) USt. G versendet die Waren am 28.12. Bei K kommen sie am 3.1. des Folgejahres an. In der Inventur des G ist die Ware nicht erfasst. K bucht den Wareneinkauf am 3.1.
Großhändler G bucht im alten Jahr:
Konto SKR 03/04 Soll | Kontenbezeichnung | Betrag EUR |
Konto SKR 03/04 Haben | Kontenbezeichnung |
Betrag EUR |
---|---|---|---|---|---|
1400/1200 | Forderungen aus Lieferungen und Leistungen | 11.900 | 8400/4400 | Erlöse 19 %* | 11.900 |
*Automatikkonto, d. h. das Umsatzsteuerkonto wird automatisch mit angesprochen.
Umsatzsteuerlich gilt die Lieferung mit Beginn der Beförderung als ausgeführt. Die Umsatzsteuer fällt noch im alten Jahr an.
Buchung (Bilanzansätze)
G weist in seiner Bilanz nicht den Warenbestand (8.000 EUR), sondern die volle Forderung (8.000 EUR Warenwert + 2.000 EUR Gewinnaufschlag + 1.900 EUR Umsatzsteuer) aus. Der Gefahrenübergang erfolgt i. d. R. bereits mit Beginn der Versendung, z. B. Übergabe der Ware an den Frachtführer. Damit hat G einen Kaufpreisanspruch i. H. v. 10.000 EUR zzgl. 1.900 EUR Umsatzsteuer und weist diesen zu Recht als Aktivposten aus.
Für K entsteht noch im alten Jahr eine Kaufpreisverbindlichkeit von 11.900 EUR. Dieser stehen der Lieferanspruch (10.000 EUR) und eine Vorsteuerforderung (1.900 EUR) gegenüber. Die Vorsteuern sind jedoch erst im neuen Jahr nach Erhalt der Rechnung abziehbar.
K bucht im alten Jahr:
Konto SKR 03/04 Soll | Kontenbezeichnung | Betrag EUR |
Konto SKR 03/04 Haben | Kontenbezeichnung |
Betrag EUR |
---|---|---|---|---|---|
1500/1300 | Sonstige Vermögensgegenstände | 10.000 | 1600/3300 | Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen | 11.900 |
2170/5600 | Noch nicht abziehbare Vorsteuer | 1.900 |
Bei Warenerhalt im neuen Jahr wird dann auf Wareneinkauf und Vorsteuern umgebucht:
Konto SKR 03/04 Soll | Kontenbezeichnung | Betrag EUR |
Konto SKR 03/04 Haben | Kontenbezeichnung |
Betrag EUR |
---|---|---|---|---|---|
3400/5400 | Wareneingang 19 %* | 11.900 | 1500/1300 | Sonstige Vermögensgegenstände | 10.000 |
2170/5600 | Noch nicht abziehbare Vorsteuer | 1.900 |
*Automatikkonto, d. h. das Vorsteuerkonto wird automatisch mit angesprochen.
Kann K auf die oben dargestellten Buchungen verzichten und den Wareneingang im neuen Jahr "ganz normal" buchen?
Konto SKR 03/04 Soll | Kontenbezeichnung | Betrag EUR |
Konto SKR 03/04 Haben | Kontenbezeichnung |
Betrag EUR |
---|---|---|---|---|---|
3400/5400 | Wareneingang 19 %* | 11.900 | 1600/3300 | Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen | 11.900 |
*Automatikkonto, d. h. das Vorsteuerkonto wird automatisch mit angesprochen.
Steuerlich führt diese vereinfachte Variante mangels Gewinnverschiebung und noch nicht abziehbarer Vorsteuer im alten Jahr zu keinen Auswirkungen. Zu beachten ist jedoch das Verrechnungsverbot i. S. d. § 246 Abs. 2 HGB; danach dürfen Aktiv- und Passivposten nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Die Bilanzsumme zum 31.12. des alten Jahres ist um 11.900 EUR zu kurz.
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