Kommentar

Aufsichtsratsmitglieder wie auch Mitglieder anderer Aufsichtsgremien wurden früher unterschiedslos als Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG angesehen. Nachdem der EuGH zumindest in den Fällen, in denen die Tätigkeit ohne ein Vergütungsrisiko ausgeübt wurde, die Unternehmereigenschaft verneint hatte, musste der BFH diesen Vorgaben folgen. Die Finanzverwaltung setzt dies jetzt mit einer Nichtbeanstandungsfrist bis Ende 2021 um und differenziert die Eigenschaft der Aufsichtsperson anhand der erhaltenen Vergütung.

Die rechtliche Problematik

Die Unternehmereigenschaft ist national abschließend über § 2 Abs. 1 UStG geregelt. Danach ist Unternehmer, wer selbstständig, nachhaltig und mit der Absicht Einnahmen zu erzielen tätig wird. Aufsichtsräte wurden bisher unterschiedslos als Unternehmer angesehen.[1] Nachdem der EuGH[2] in einem Verfahren, in dem ein Aufsichtsrat für seine Tätigkeit nur eine feste Vergütung erhielt, die weder von der Teilnahme an Sitzungen noch von seinen tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden abhing, die Unternehmereigenschaft verneint hatte, musste der BFH[3] in einem parallel in Deutschland anhängigen Verfahren diesen Vorgaben folgen. Auch in dem Verfahren beim BFH ging es um eine Aufsichtsratstätigkeit, bei der nur eine nicht variable Festvergütung gezahlt wurde; die Beurteilung bei einer von der Tätigkeit abhängigen Vergütung lies der BFH in diesem Verfahren aber ausdrücklich offen.

Interessant ist die Frage aus wirtschaftlicher Sicht dann, wenn die Aufsichtsratstätigkeit (Beirat o. ä.) bei einer Organisation ausgeübt wird, die aufgrund fehlender Unternehmereigenschaft (z. B. bei karitativen, religiösen o. ä. Einrichtungen) oder aufgrund eigener steuerfreier, den Vorsteuerabzug ausschließender Ausgangsleistungen keinen Vorsteuerabzug für die von den Kontrollgremien berechnete Umsatzsteuer hat. Deshalb mussten sich in letzter Zeit auch diverse Finanzgerichte mit der Unternehmereigenschaft von Aufsichtsräten, Beiräten oder Verwaltungsräten auseinandersetzen.[4] In allen Verfahren kamen die Finanzgerichte – auch bei geringfügig von der Tätigkeit abhängigen Vergütungen – zu dem Ergebnis, dass die Aufsichtsratstätigkeit nicht im Rahmen einer unternehmerischen Betätigung ausgeführt wurde.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Wichtig

Das BMF-Schreiben ergänzt den UStAE um einen Abschn. 2.2 Abs. 3a UStAE.

Die Finanzverwaltung setzt die vom BFH aufgrund der Rechtsprechung des EuGH vorgegebene Linie um und sieht die Tätigkeit eines Aufsichtsrats dann nicht als eine selbstständige Tätigkeit an, wenn aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko getragen wird.[5] Dabei ist es unerheblich, ob die Vergütung als Geldleistung oder in Form von Sachzuwendungen erfolgt. Ebenso ist es für die Frage des Vergütungsrisikos unerheblich, ob die Vergütung (nachträglich) für mehrere Jahre gezahlt wird.[6]

Wichtig

Die Grundaussage gilt aber nur dann, wenn eine Festvergütung (z. B. als pauschale Aufwandsentschädigung) gezahlt wird. Sitzungsgelder, die nur für die tatsächliche Teilnahme an Sitzungen gezahlt werden, sowie nach dem tatsächlichen Aufwand bemessene Aufwandsentschädigungen stellen keine solchen Festvergütungen dar und führen dann – bis auf eine Bagatellregelung – zur Unternehmereigenschaft.

Für den Fall, dass eine sowohl aus festen als auch aus variablen Bestandteilen bestehende Vergütung gezahlt wird, regelt die Finanzverwaltung, dass grundsätzlich eine unternehmerische Betätigung vorliegen soll, wenn die variablen Bestandteile im Kalenderjahr mindestens 10 % der gesamten Vergütung betragen (einschließlich der erhaltenen Aufwandsentschädigungen). Dies ist für jedes Mandat eines Aufsichtsrats separat zu prüfen.

Wichtig

Reisekostenerstattungen stellen dabei nach Auffassung der Finanzverwaltung keine Vergütungsbestandteile dar und sind deshalb bei der Ermittlung der 10 %-Grenze nicht zu berücksichtigen.

Darüber hinaus trifft die Finanzverwaltung in Abschn. 2.2 Abs. 3a UStAE noch die folgenden Feststellungen:

  • Ein Aufsichtsrat ist bei einer gezahlten Festvergütung nicht alleine deshalb selbstständig tätig, weil er unter den Bedingungen des § 116 AktG für pflichtwidriges Verhalten haftet.[7]
  • Bei Beamten und anderen Bediensteten einer Gebietskörperschaft, die die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung des Arbeitgebers (Dienstherrn) übernommen haben und die bis auf einen festgelegten Teil die Vergütung abführen müssen, wird es bei einem bestehenden Vergütungsrisiko nicht beanstandet, wenn diese allein aufgrund dieser Tätigkeit als nicht selbstständig tätig behandelt werden.[8]
  • Für Mitglieder der Bundes- oder einer Landesregierung wird ebenfalls nicht beanstandet, wenn die Tätigkeit als nicht selbstständig angesehen wird, soweit sie im Zusammenhang mit ihrer Zugehörigkeit zur Regierung einem Aufsichtsrat angehören und einer zumindest teilweisen öffentlich-rechtlichen Abführungspflicht unterliegen.[9]
  • Die Finanzverwaltung streicht auch den bisher aufgru...

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