Rz. 40

Die praktische Bedeutung des Gewinnabführungsvertrags resultiert vor allem aus dem Steuerrecht, weil die körperschaftsteuerliche Organschaft das Bestehen eines solchen Vertrags voraussetzt.[1] Aufgrund der bis zum Veranlagungszeitraum 2004 gültigen Rechtslage wurde der Gewinnabführungsvertrag in der unternehmerischen Praxis üblicherweise mit einem Beherrschungsvertrag zur steuerlichen Organschaft kombiniert.[2] Die jüngere Vergangenheit zeigt jedoch, dass die Zahl der isoliert abgeschlossenen Gewinnabführungsverträge deutlich zugenommen hat, was aus der aktuellen Rechtslage resultiert, aufgrund derer die körperschaftsteuerliche Organschaft bereits allein durch den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags begründet wird.[3] Durch den Abschluss eines isolierten Gewinnabführungsvertrags verfügt die begünstigte Gesellschaft jedoch nicht über die Leitungsmacht gemäß § 308 AktG.[4] Außerdem wird ohne den Abschluss eines Beherrschungsvertrags nicht die unwiderlegbare Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG begründet. Stattdessen greift die widerlegbare Vermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG, wonach es sich annahmegemäß um verbundene Unternehmen i. S. d. §§ 15ff. AktG handelt.[5] Nachfolgend ist ein Vertragsmuster eines Gewinnabführungsvertrags exemplarisch dargestellt.[6]

 

Gewinnabführungsvertrag

zwischen der

A Kommanditgesellschaft (A)

und der

B Aktiengesellschaft (B)

§ 1 Übernahme des Jahresergebnisses

(1)

Während der Laufzeit dieses Vertrags – erstmals für das Geschäftsjahr ...... – wird

  1. B ihren ganzen nach den handelsrechtlichen Vorschriften ermittelten Gewinn nach näherer Bestimmung des § 301 AktG an ihre Mehrheitsaktionärin A abführen; B darf während der Laufzeit des Vertrags nur dann andere Gewinnrücklagen bilden, soweit sie bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet sind.
  2. A wird jeden bei B entstehenden Jahresfehlbetrag nach näherer Bestimmung des § 302 Abs. 1 und Abs. 3 AktG ausgleichen.
(2) Ansprüche von A auf Abführung des Gewinns eines B-Geschäftsjahrs und Verpflichtungen von A zum Ausgleich des Jahresfehlbetrags eines B-Geschäftsjahrs sind fällig und zahlbar am Tage der Feststellung des B-Jahresabschlusses.

§ 2 Ausgleich

(1) A gewährt während der Laufzeit dieses Vertrags den außenstehenden B-Aktionären auf den Nennbetrag ihrer B-Aktien eine Ausgleichszahlung i. H. v. jährlich 6 %.
(2) Die für ein B-Geschäftsjahr zu zahlende Ausgleichsleistung ist fällig an dem Tag, an dem der Jahresabschluss der B für dieses Geschäftsjahr der B-Hauptversammlung vorgelegt wird.
(3) Die Auszahlung der Ausgleichsleistung nimmt A über die B gegen Einlieferung der von B zu bezeichnenden B-Dividendenscheine vor.
(4) Endet der Vertrag vor Ablauf eines B-Geschäftsjahrs, so haben die außenstehenden B-Aktionäre Anspruch auf die Ausgleichszahlung pro rata temporis.

§ 3 Abfindung

(1) A verpflichtet sich hiermit gegenüber den außenstehenden B-Aktionären, auf deren Verlangen hin ihre B-Aktien zu einem Kurs von 180 % zu erwerben. Etwaige Kosten, Steuern und Spesen gehen zu Lasten von A.
(2) Die Verpflichtung von A aus Abs. 1 beginnt einen Monat und endet drei Monate nach dem Tag, an dem die Eintragung des Bestehens dieses Vertrags in dem für B zuständigen Handelsregister nach § 10 HGB als bekannt gemacht gilt.

§ 4 Wirksamwerden und Dauer

(1) Dieser Vertrag wird mit Wirkung vom 1. Januar ...... bis zum 31. Dezember ...... abgeschlossen.
(2) Der Vertrag verlängert sich jeweils um 8 Jahre, falls er nicht von einem der Vertragspartner mit einer Frist von einem Jahr vor seinem jeweiligen Ablauf gekündigt wird. § 299 AktG gilt sinngemäß.
(3) Im Falle der Beendigung dieses Vertrags infolge einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde gemäß § 297 Abs. 1 AktG, die im Laufe eines Vertragsjahrs wirksam wird, werden die Ansprüche der außenstehenden B-Aktionäre aus § 2 dieses Vertrags für das Vertragsjahr, in dessen Verlauf die Kündigung wirksam wurde, noch erfüllt.
(4) Verliert A ihre Mehrheitsbeteiligung an B, die dem Abschluss dieses Vertrags zugrunde liegt, so ist das für B, wie die Partner bei Abschluss dieses Vertrags übereinstimmend feststellen, ein wichtiger Grund für die unverzügliche fristlose Kündigung dieses Vertrags mit den Rechtsfolgen gemäß Abs. 3.

§ 5 Schlussbestimmungen

Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrags unwirksam oder undurchführbar sein oder werden, so wird hierdurch der übrige Inhalt dieses Vertrags nicht berührt. Die Vertragspartner werden an die Stelle der unwirksamen oder undurchführbaren Reglung diejenige wirksame und durchführbare Regelung treten lassen, die im wirtschaftlichen Ergebnis der oder den unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung(en) am nächsten kommt.

 
…… (Ort), den …… (Datum) A Kommanditgesellschaft
  B Aktiengesellschaft
[1] Vgl. §§ 14, 17 KStG; ferner Krieger, DStR 1992, S. 432; Emmerich, in Emmerich/Habersack/Schürnbrand, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Aufl. 2019, § 291 AktG Rz. 47. Zum Gewinnabführungsvertrag als Risikobereich der ertragsteuerlichen Organsc...

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