Die generelle Vorgehensweise zur buchmäßigen Sanierung eines Krisenunternehmens bzw. die Auswirkungen einer Kapitalherabsetzung können anhand eines Beispiels verdeutlicht werden. Die Bilanz des Sanierungsunternehmens Krisen AG hat vor der Kapitalherabsetzung folgendes Aussehen:

 
Aktiva (in Mio. EUR) Passiva (in Mio. EUR)
Anlagevermögen 100 Gezeichnetes Kapital 100
Umlaufvermögen 150 Gesetzliche Rücklage 10
    Gewinnrücklage 15
    Fremdkapital 210
    Jahresfehlbetrag 85
Bilanzsumme 250 Bilanzsumme 250

Zur Verringerung des Jahresfehlbetrags ist geplant, eine vereinfachte Kapitalherabsetzung durchzuführen.[1] Nach § 229 Abs. 2 AktG ist hierfür zunächst eine vollständige Auflösung der Gewinnrücklage in Höhe von 15 Mio. EUR erforderlich. Die gesetzliche Rücklage kann nach Auflösung der Gewinnrücklage gemäß § 150 Abs. 3 AktG ebenfalls komplett aufgelöst werden, da keine weiteren Rücklagen zur Verrechnung mit dem Jahresfehlbetrag vorhanden sind. Nach Auflösung der Rücklagen verbleibt demnach ein Jahresfehlbetrag i. H. v. (85 – 15 – 10 Mio. EUR =) 60 Mio. EUR, der durch die vereinfachte Kapitalherabsetzung ausgeglichen werden soll. Das gezeichnete Kapital ist demnach von 100 auf 40 Mio. EUR zu verringern.

Abhängig vom (rechnerischen) Nennwert der einzelnen Aktien gibt es hierfür verschiedene Alternativen:

  • Ist der Nennwert einer Aktie größer als 1 EUR, ist es möglich den Nennwert der Aktien zu verringern, solange der Mindestbetrag i. H. v. 1 EUR pro Aktie nach § 8 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3 Satz 3 AktG nicht unterschritten wird.

    Besteht das gezeichnete Kapital der Krisen AG vor der Kapitalherabsetzung beispielsweise aus 20 Mio. Aktien mit je 5 EUR Nennwert pro Aktie, kann die vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Verminderung des rechnerischen Nennwertes durchgeführt werden. Durch "Herunterstempeln" der 20 Mio. Aktien von vorher 5 EUR pro Aktie auf einen Nennwert von dann 2 EUR pro Aktie, ergibt sich nach der Kapitalherabsetzung ein gezeichnetes Kapital i. H. v. 40 Mio. EUR (= 20 Mio. Aktien multipliziert mit einem Nennwert von 2 EUR pro Aktie). Die Anzahl der Aktien bleibt hierbei unverändert.

  • Ist der Nennwert pro Aktie nicht groß genug, um das gezeichnete Kapital um den Jahresfehlbetrag zu verringern und gleichzeitig den Mindestnennwert von 1 EUR pro Aktie einzuhalten, verbleibt die Möglichkeit der Zusammenlegung mehrerer Aktien zu einer Aktie gemäß § 229 Abs. 3 AktG i. V. m. § 222 Abs. 4 AktG (diese Maßnahme kann auch als inverser Aktiensplit bezeichnet werden).

    Besteht das gezeichnete Kapital der Krisen AG vor der Kapitalherabsetzung beispielsweise aus 100 Mio. Aktien mit einem Nennwert von je 1 EUR pro Aktie müssen zum Ausgleich des verbleibenden Jahresfehlbetrags i. H. v. 60 Mio. EUR die Aktien im Verhältnis 5:2 zusammengelegt werden, d. h., jeweils 5 alte Aktien werden zu 2 neuen Aktien umgewandelt. Aus den vor der Kapitalherabsetzung vorhandenen 100 Mio. Aktien zum Nennwert von 1 EUR pro Aktie werden nach der Zusammenlegungen 40 Mio. Aktien zu ebenfalls jeweils 1 EUR.

  • Eine Kombination der beiden Verfahren ist möglich, wenn eine Herabsetzung des (rechnerischen) Nennwertes der Aktien zwar vorgenommen werden kann, diese jedoch vom Umfang her nicht ausreicht, um die Höhe des Jahresfehlbetrags (nach Auflösung der Rücklagen) auszugleichen.

    Besteht das gezeichnete Kapital der Krisen AG vor der Kapitalherabsetzung beispielsweise aus 50 Mio. Aktien mit einem Nennwert von je 2 EUR pro Aktie, können die Aktien zunächst im Nennwert auf 1 EUR pro Aktie herabgesetzt werden, wodurch bereits 50 Mio. EUR der insgesamt 60 Mio. EUR des Jahresfehlbetrags nach Rücklagenauflösung abgedeckt werden können. Der Restfehlbetrag i. H. v. 10 Mio. EUR kann anschließend durch eine Aktienzusammenlegung im Verhältnis 5:4 aus der Bilanz beseitigt werden. Auch hierbei sind nach der Kapitalherabsetzung analog zur dritten Alternative 40 Mio. Aktien mit einem Nennwert von jeweils 1 EUR pro Aktie vorhanden.

  • Schließlich ist gemäß § 228 Abs. 2 AktG eine Kapitalherabsetzung auch unter den gesetzlich erforderlichen Mindestnennbetrag i. H. v. 1 EUR pro Aktie zulässig, wenn dieser durch eine anschließende Kapitalerhöhung wieder erreicht wird, die zugleich mit der Kapitalherabsetzung beschlossen wird und bei der keine Sacheinlagen festgesetzt werden. Bei dieser Maßnahme fließt dem Krisenunternehmen jedoch Kapital und Liquidität zu, womit diese letztgenannte Sanierungsform den Maßnahmen mit Kapital- und oder Liquiditätszufluss zuzuordnen ist.

Bei den 3 erstgenannten Alternativen hat die Bilanz der Krisen AG nach der Kapitalherabsetzung folgendes Aussehen:

 
Aktiva (in Mio. EUR) Passiva (in Mio. EUR)
Anlagevermögen 100 Gezeichnetes Kapital 40
Umlaufvermögen 150 Gesetzliche Rücklage 0
    Gewinnrücklage 0
    Fremdkapital 210
    Jahresfehlbetrag 0
Bilanzsumme 250 Bilanzsumme 250

Es ist zu erkennen, dass nach der Kapitalherabsetzung der nicht durch die Rücklagen gedeckte Jahresfehlbetrag von 60 Mio. EUR vollständig aus der Bilanz beseitigt ist.

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