1.1 Überblick über die Instrumente des Kreditmanagements

Das Kreditmanagement verfolgt das Ziel, die Liquiditäts- und Erfolgssituation des Unternehmens durch die zeitliche Verzögerung sowie eine Verminderung oder Vermeidung von Zins- und Tilgungszahlungen zu verbessern. Die angespannte finanzwirtschaftliche Lage auf den Finanz-, Bilanz- und Erfolgskonten des Unternehmens soll hierbei durch die Stundung oder den Erlass von Zins- und Tilgungszahlungen, durch die Kapitalumwandlung oder durch eine Umschuldung entspannt werden. Auch die Freigabe von Kreditsicherheiten durch Gläubiger, die ihrerseits wiederum zur Besicherung neuer Kredite eingesetzt werden können, gehört wie ferner das Instrument der Rangrücktrittserklärung zum Kreditmanagement.

Eine besondere Herausforderung stellt die Liquiditätssicherung für Unternehmen dar, die aufgrund eines plötzlichen Ereignisses – wie etwa stark steigende Energiekosten oder das Auftreten der Coronakrise – in eine finanzielle Schieflage geraten sind. Hier ist umfassend zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, Einzahlungen zu erhöhen oder zeitlich nach vorne zu ziehen bzw. Auszahlungen zu vermindern oder zeitlich nach hinten zu verlagern.

1.2 Stundung von Zins- und Tilgungszahlungen

Die Stundung von Zins- und Tilgungszahlungen bewirkt eine zeitliche Verzögerung von liquiditätsbelastenden Zins- und Tilgungsauszahlungen. Das Krisenunternehmen kann sich mit seinen Gläubigern auf ein Moratorium verständigen und den Fälligkeitstermin der Zins- und Tilgungszahlungen in die Zukunft verschieben. Zu berücksichtigen ist dabei, dass diese Maßnahme nur temporär zu einer Entlastung der Finanzkonten, d. h. der Liquiditätssituation, führt und i. d. R. keine nachhaltig positive Wirkung auf die Ertragslage des Sanierungsunternehmens entfalten wird,[1] sofern nicht begleitend die Krisenursachen im leistungswirtschaftlichen Unternehmensbereich behoben werden.[2]

An der Höhe der Verbindlichkeiten ändert sich durch eine Stundung von Zins- und Tilgungszahlungen nichts, da lediglich ein befristeter Aufschub des Kapitaldienstes vereinbart wird. Durch die Stundung der Zahlungen wird somit ausschließlich eine zwischenzeitliche und zeitlich begrenzte Liquiditätsverbesserung erreicht. Diese kann dem Unternehmen jedoch möglicherweise dazu verhelfen, sich aus einer temporären Zahlungsmittelknappheit zu befreien. Zur dauerhaften finanziellen Gesundung eines Unternehmens sind i. d. R. allerdings weitere Sanierungsmaßnahmen erforderlich.

Zu beachten ist, dass eine Stundung von Zins- und Tilgungszahlungen nicht automatisch dazu führt, dass für den Zeitraum der Stundung keine Zinsen berechnet werden. Entfällt eine Zinsberechnung, dann verlängert sich durch die Stundung nur die Kreditlaufzeit um den Stundungszeitraum. Läuft die Zinsberechnung weiter, erhöhen sich durch die ausbleibenden Kapitaldienstleistungen die Kreditverbindlichkeiten um weitere Zinsen. Dies hat eine Erhöhung der Kapitaldienstleistungen in der Zukunft zur Folge.

[1] Vgl. Bieg/Kussmaul, Investitions- und Finanzierungsmanagement, Bd. 3: Finanzwirtschaftliche Entscheidungen, 2000, S. 89.

1.3 Schuldenerlass durch Forderungsverzicht

Als weitere finanzielle Sanierungsmaßnahme des Kreditmanagements ist der gesamte oder teilweise Verzicht auf Zins- und Tilgungszahlungen durch die Gläubiger aufzufassen. Ein Schuldenerlass durch Forderungsverzicht der Gläubiger vermindert die Zins- und Tilgungszahlungen nicht nur temporär, sondern abschließend und verbessert somit die Liquiditäts- und die Erfolgslage des Unternehmens auf Dauer. Demgegenüber wirkt ein Zinserlass lediglich im Umfang der ansonsten anfallenden Zinszahlungen auf die gegenwärtige und zukünftige Liquiditäts- und Erfolgssituation.

Herabsetzung des Fremdkapitals

Der Schuldenerlass durch Zins- und Tilgungsverzicht (z. B. durch eine außergerichtliche Vereinbarung) entspricht in seiner Wirkung einer Herabsetzung des Fremdkapitals. In der Rechnungslegungsperiode, in der ein Schuldenerlass durchgesetzt wird, kann ein erfolgswirksamer Ertrag in Höhe der erlassenen Verbindlichkeiten gebucht werden, der einmalig zu einer Verminderung des Periodenverlustes führt. Ein Liquiditätszufluss ist mit dieser Maßnahme jedoch nicht verbunden. Allerdings entfallen durch den Schuldenerlass auch die zukünftigen Zins- und Tilgungszahlungen, sodass sich neben einmaligen auch zukünftige Erfolgsvorteile und Liquiditätsentlastungen in Höhe der Zins- bzw. Tilgungszahlungen ergeben.

Ein Schuldenerlass kann sowohl eine Überschuldung beseitigen als auch eine Zahlungsunfähigkeit verhindern. Aus Sicht der Gläubiger ist bei einem Forderungsverzicht allerdings zu bedenken, dass die früher von dritter Seite gestellten akzessorischen Sicherheiten (z. B. Bürgschaften) mit dem Abschluss eines Erlassvertrages erlöschen, wenn diese nicht mit dem Sicherungsgeber vertraglich neu vereinbart werden.

 
Praxis-Tipp

Bedingungen, die mit Schuldenerlass verbunden werden können

Die Ausgestaltung von Schuldenerlassvereinbarungen findet in der Praxis selten bedingungslos statt, vielmehr sind die folgenden Regelun...

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