Der Inhaber hat u. a. noch folgende, für den Käufer positiven Punkte angeführt, die seiner Meinung nach einen Preis von rund 1 Mio. EUR rechtfertigen (also einen Wert, der mit den Abschlägen nicht erreicht wird):

  • Hervorragende Kundenstruktur mit hoher Anzahl Stammkunden;
  • hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Stammkunden bleiben, da der Altinhaber auch nach dem Verkauf für die Übergabe zur Verfügung steht;
  • gutes Image der Firma bei Kunden und anderen Geschäftspartnern;
  • Zugang zu ausgezeichnetem Netzwerk für den Käufer;
  • Wegfall verschiedener Kostenpositionen nach dem Verkauf (in Bewertung wegen konservativer Annahmen nicht berücksichtigt), z. B. eigene Personalkosten, Beratung.

Im Rahmen der Käufersuche kam es zu Gesprächen mit mehreren Interessenten und es wurde teilweise intensiv und kontrovers über Bewertungen und Kaufpreise verhandelt. Dabei wurden von beiden Seiten Ansätze, Bewertungen und Argumente ausgetauscht und wieder verworfen. Die Gespräche und Verhandlungen scheiterten mehrmals.

Finale Kaufpreisfindung durch einfaches Verfahren

Am Ende kam es mit einem Interessenten auf eher kuriose Weise zu einem Abschluss. Nachdem alle grundlegenden Aspekte des Verkaufs geklärt waren (u. a. Termin, Begleitung durch den derzeitigen Inhaber, Umgang mit "Altlasten" (u. a. Pensionsverpflichtungen, Steuern, Verträge), schrieben beide Seiten ihren Kauf- bzw. Verkaufspreiswunsch jeweils verdeckt auf ein Blatt Papier und tauschten die Zettel aus. Die Vorstellungen lagen lediglich ca. 10.000 EUR oder weniger als 1 % der Wunschsumme auseinander und zum Schluss teilte man sich auch noch die 10.000 EUR. Beide Seiten hatten für die Bewertung das Multiplikatorverfahren gewählt, gleichzeitig aber auch ihre persönlichen "Schmerzgrenzen" formuliert.

Der Fall zeigt eindrucksvoll, dass es zwar wichtig ist, einen Bewertungs- und Verkaufsprozess betriebswirtschaftlich zu begleiten, es in der Praxis aber durchaus auch darauf ankommt, dass alle Punkte in das persönliche Wertesystem der Beteiligten passen. Nicht zuletzt spielen auch Faktoren wie die persönliche Chemie, Vertrauen und Authentizität eine wesentliche Rolle im gesamten Prozess. Für den Verkäufer ist es zudem wichtig, dass er das Gefühl hat, dass der mögliche Käufer sein Lebenswerk zumindest grundsätzlich in seinem Sinne fortführen wird.

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