Hohe Akzeptanz

Das Ertragswertverfahren ist trotz der Popularität des DCF-Verfahrens noch immer das am häufigsten angewandte Bewertungsverfahren in Deutschland. Die Akzeptanz des Verfahrens innerhalb der Gerichtsbarkeit und der Finanzbehörden geben Anwendungssicherheit. Das OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 10.6.2009[1] festgestellt, dass "die Ertragswertmethode allgemein anerkannt und verfassungsrechtlich unbedenklich" ist. Das Bundesverfassungsgericht bestätigt in seinem Beschluss vom 26.4.2011 die Verfassungskonformität: "So kann auch die Ertragswertmethode verfassungsrechtlich unbedenklich sein, ohne dass ihre Anwendung von Verfassungs wegen geboten wäre."[2] Im Beschluss vom 14.7.2009 vertritt das OLG München[3] die Auffassung, dass die Ermittlung des Unternehmenswerts unter Anwendung der Ertragswertmethode nicht zu beanstanden sei. Das OLG Stuttgart hat in seinem Beschluss vom 22.9.2009[4] ausgeführt, dass eine Unternehmensbewertung nach dem Ertragswertverfahren "keinen methodischen Bedenken" begegnet und die Ertragswertmethode "als eine geeignete Methode der Unternehmensbewertung" anerkannt ist. Mit Beschluss vom 14.9.2011 wiederholt und bestätigt das OLG Stuttgart[5] seine Betrachtungsweise. Demnach gibt es beim Ertragswertverfahren "keine methodischen Bedenken", es "ist anerkannt" und "verfassungsrechtlich unbedenklich".

Vorgehen

Mit dem Ertragswertverfahren wird die Summe aus finanziellem und nichtfinanziellem Nutzen berechnet. Hierbei folgt das Verfahren dem Grundsatz: "Bewerten heißt vergleichen". Im Falle des Ertragswertverfahrens werden die bereinigten, prognostizierten Erträge des Unternehmens mit den zu erwarteten Erträgen einer, im Risiko vergleichbaren, Alternativanlage, z. B. Aktien, verglichen.

Der Unternehmenswert in Form des Ertragswerts wird durch den Barwert der dem Investor (Käufer) zukünftig zufließenden Ausschüttungen berechnet. Die erforderlichen Überschüsse werden aus einer Planungsrechnung entnommen. Sie kann nach handelsrechtlichen oder anderen internationalen Rechnungslegungsvorschriften aufgestellt werden. Der zur Berechnung des Barwerts notwendige Kapitalisierungszinssatz besteht aus dem Basiszinssatz einer quasi-risikofreien Kapitalmarktanlage und einem vorgenommenen Risikozuschlag. In der Praxis wird der vom IDW monatlich veröffentlichte Basiszinssatz für Unternehmensbewertungen verwendet. Dieser Zinssatz wird aus zukunftsorientierten Zerobond-Zinssätzen abgeleitet. Aus Objektivierungsgründen wird vom IDW bei der Berechnung des Zinssatzes auf die von der Deutschen Bundesbank verwendete Svensson-Methode zurückgegriffen.

Datenquellen

In der Praxis werden regelmäßig die Jahresüberschüsse der zurückliegenden 3 Jahre als Orientierung für die künftige Entwicklung der Überschüsse herangezogen. Bevor diese jedoch verwendet werden können, sollten die Jahresabschlüsse aus der Vergangenheit bereinigt werden. Ein Verkäufer könnte nämlich versuchen, die Ertragssituation der vergangen Jahre zu erhöhen. Die Höhe des Jahresüberschusses lässt sich nämlich durch bestimmte Ansatz- und Bewertungswahlrechte legal beeinflussen, z. B. Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, Ansatz bestimmter Bilanzpositionen nach subjektiven Wertvorstellungen, Unterlassung außerordentlicher Abschreibungen und fehlende Rückstellungen im ausreichenden Maße.

Der IDW[6] schlägt deshalb vor, nachfolgende wesentliche Tatbestände in den Jahresabschlüssen zu bereinigen:

  • Aufwendungen und Erträge des nicht betriebsnotwendigen Vermögens
  • Sachverhalte, die der Ermittlung eines periodengerechten Erfolgsausweises entgegenstehen
  • Ausgeübte Bilanzierungswahlrechte ausgleichen
  • Personenbezogene und andere spezifische Erfolgsfaktoren des Verkäufers neutralisieren

Aus den Bereinigungsvorgängen resultierende Folgeänderungen müssen erfasst werden.

Prognosedaten

Nach der Bereinigung werden zukünftige Aufwendungen und Erträge für verschiedene Planungsphasen prognostiziert. Die Praxis verwendet hierfür ein Phasenmodell mit abnehmender Prognosegenauigkeit. Das Phasenmodell besteht aus einer Planungsphase 1 (nahe Phase bis zum 3. Jahr), Planungsphase 2 (3. bis 9. Jahr) und einer Planungsphase 3 (Phase der nachhaltigen Werte bzw. Phase der "Ewigen Rente"). Je ferner die Planungsphase, desto größer ist der Anteil der "Glaskugel"-Werte und damit der Prognoseungenauigkeit. In einigen Branchen, u. a. Versicherungen, entfällt deshalb immer häufiger die Planungsphase 3 bei der Unternehmensbewertung.

Abb. 4: Phasenmodell des Ertragswertverfahrens

Einflussgröße Umsatz

Den maßgeblichsten Einfluss auf die zukünftigen Erträge haben die Umsatzerlöse des Unternehmens. Auf die Prognose der künftigen Umsatzerlöse muss deshalb ein besonderes Augenmerk geworfen werden. Eine lineare Fortschreibung von Umsatzerlösen wäre nicht sachgerecht, da es zu viele Einflussfaktoren gibt, die einer solchen Fortschreibung widersprechen. Eine Größe ist die branchenbezogene konjunkturelle Entwicklung. Es müssen Antworten auf die ...

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