In § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG ist eine Verlustverrechnungssperre geregelt, wonach der Ausgleich oder die Verrechnung von positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum mit verrechenbaren Verlusten, verbleibenden Verlustvorträgen, nicht ausgeglichenen negativen Einkünften und einem Zinsvortrag nach § 4h Abs. 1 Satz 5 EStG des übernehmenden Rechtsträgers nicht zulässig ist.[1] Eine Ausnahme für Konzernsachverhalte (Konzernklausel) enthält § 2 Abs. 4 Satz 6 UmwStG. Sind nämlich übertragender und übernehmender Rechtsträger vor Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags verbundene Unternehmen i.S. des § 271 Abs. 2 HGB, ist die Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 2 Abs. 4 UmwStG nicht anwendbar.

 
Praxis-Beispiel

Konzernklausel

Zum 1.7.2022 werden von der M-GmbH sämtliche Anteile an der G-GmbH erworben. Am 1.8.2022 erfolgt mit steuerlicher Rückwirkung zum 31.12.2021 die Verschmelzung mit der V-GmbH, einer Tochter der M-GmbH. Im Rückwirkungszeitraum erwirtschaftet die G-GmbH einen voll steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 1 Mio. EUR.

Lösung:
Mangels Anwendung der Konzernklausel (vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag existieren noch keine verbundenen Unternehmen) können die Gewinne der G-GmbH im Rückwirkungszeitraum nicht mit den körperschaftsteuerlichen Verlusten bzw. Verlustvorträgen der V-GmbH ausgeglichen werden. Ein Verlustrücktrag auf den Gewinn des übertragenden Rechtsträgers wird dagegen durch die Neuregelung nicht eingeschränkt. Hätte dagegen die M-GmbH die Anteile an der G-GmbH bereits vor dem 31.12.2021 erworben, käme die Konzernausnahme zur Anwendung.

Die "gesperrten" Verlustpositionen des übernehmenden Rechtsträgers können nur mit originären eigenen positiven Einkünften verrechnet werden. Dazu gehören aber auch die stillen Reserven oder sonstige steuerpflichtige Reserven des übertragenden Rechtsträgers, die erst nach der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister, d.h. außerhalb des steuerlichen Rückwirkungszeitraums, realisiert werden. Dies erfordert jedoch, dass die auf den Zeitpunkt der Eintragung vorhandenen positiven Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers ermittelt werden.

Die Verlustverrechnungsbeschränkung gilt entsprechend, wenn der übernehmende Rechtsträger Organgesellschaft einer ertragsteuerlichen Organschaft ist. Die Beschränkung wird dann auf der Ebene des jeweiligen Organträgers vorgenommen, dem die Einkünfte zugerechnet werden.[2] Damit greift die Verlustnutzungsbeschränkung im Rückwirkungszeitraum streng genommen auch dann, wenn die Organgesellschaft selbst eine Gewinngesellschaft ist und mit einer anderen Gewinngesellschaft verschmolzen wird, der Organträger aber über eigene Verluste verfügt. Bei mehrstufigen Organschaften müsste die Beschränkung auf Ebene des obersten Organträgers vorgenommen werden.

Ist der übernehmende Rechtsträger eine Personengesellschaft, gilt die Verlustverrechnungssperre nach § 2 Abs. 4 Satz 5 UmwStG auch für einen Ausgleich oder eine Verrechnung bei den Gesellschaftern.

Über den in § 20 Abs. 6 Satz 4 UmwStG enthaltenen Verweis auf § 2 Abs. 3 und 4 UmwStG gilt die Regelung des § 2 Abs. 4 Satz 3 ff UmwStG auch in Einbringungsfällen.

 
Praxis-Beispiel

Verlustverrechnungssperre in Einbringungsfällen

In die V-GmbH mit einem steuerlichen Verlustvortrag in Höhe von 500.000 EUR bringt X mit steuerlicher Rückwirkung nach § 20 Abs. 6 UmwStG zum 1.1.2022 einen Betrieb gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein. Die rückwirkende Einbringung wird im Juli 2022 notariell beurkundet und am 20.9.2022 in das Handelsregister eingetragen. In dem eingebrachten Betrieb wurde im Rückwirkungszeitraum (Zeitraum zwischen dem 1.1.2022 und dem 20.9.2022) ein Gewinn in Höhe von 500.000 EUR erzielt.

Lösung:
Nach § 20 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 2 Abs. 4 Satz 3ff UmwStG kann der Gewinn nicht mit dem vorhandenen Verlustvortrag verrechnet werden. Die Verrechnung des Verlustvortrags der V-GmbH ist erst mit Gewinnen möglich, die bei der V-GmbH nach dem 20.9.2022 entstehen.

[1] Vgl. Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl, UmwG/UmwStG, 9. Aufl. 2020, § 2 UmwStG, Rz. 155 ff; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, Rz. 192 ff, jeweils m.w.N.
[2] Vgl. Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl, UmwG/UmwStG, 9. Aufl. 2020, § 2 UmwStG, Rz. 165 ff; Frotscher in Frotscher/Drüen, § 2 UmwStG, Rz. 175 (Januar 2014); vgl. auch FinMin Brandenburg v. 28.5.2014, DStR 2015 S. 586; a.A. Mückl, GmbHR 2013 S. 1084; Viebrock/Loose, DStR 2013 S. 1364.

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