Diese Sichtweise widerspricht einerseits dem mit der Einführung der §§ 7 ff. AStG verfolgten gesetzgeberischen Willen und der hierauf fußenden seither praktizierten Handhabung der Finanzverwaltung. Andererseits verkennt das Urteil den Regelungsinhalt des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG.

Nach den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 14.12.2015[1] vertritt die Finanzverwaltung hierzu folgende Auffassung:

Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 11.3.2015[2] sind nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden. Nach Auffassung des BFH kann die Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG vorgenommen werden, weil der Hinzurechnungsbetrag im nach § 7 GewStG ermittelten Gewinn des Gewerbebetriebs enthalten ist, es sich insoweit um ausländische Einkünfte handelt und diese in einer ausländischen Betriebsstätte erzielt werden. Diese Auslegung des Gesetzes wird aus den folgenden Gründen von der Finanzverwaltung nicht geteilt:

  1. Würde es sich bei dem Hinzurechnungsbetrag um ausländische Einkünfte handeln, wäre er nicht im Gewinn im Sinne des § 7 GewStG enthalten.

    Nach § 7 Satz 1 GewStG ist der Gewinn nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermitteln. Regelungen der Gewinnermittlung im EStG oder KStG, die dem Wesen der Gewerbesteuer widersprechen, bleiben hierbei unberücksichtigt[3]. Daraus folgt, dass in ausländischen Betriebsstätten erzielte Gewinne bzw. Gewinnermittlungsvorschriften des EStG oder des KStG, die sich ausdrücklich auf diese beziehen, gewerbesteuerlich nicht zu berücksichtigen sind. Bei dieser Gesetzesauslegung ist die Norm des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG deklaratorisch.[4]

  2. Beim Hinzurechnungsbetrag handelt es sich um inländische Einkünfte.

    Der Gesetzgeber hat bereits in der Begründung zu § 10 AStG in seiner ursprünglichen Fassung im Ergebnis zum Ausdruck gebracht, dass der Hinzurechnungsbetrag nicht zu den ausländischen, sondern zu den inländischen Einkünften zählt[5]. Mit der Hinzurechnung soll im Ergebnis der Steuerverlagerung passiver Einkünfte ins Ausland entgegengewirkt werden. Deshalb qualifizieren die §§ 7 ff. AStG die hinzurechnungspflichtigen Einkünfte folgerichtig als inländische Einkünfte. Im Übrigen kommt es nach § 9 Nr. 7 GewStG bei Schachteldividenden, die aus Auslandsbeteiligungen stammen, grundsätzlich nur zu einer Kürzung, wenn es sich um Dividenden aus aktiv tätigen ausländischen Gesellschaften handelt. Es wäre nicht folgerichtig, Dividenden, die im Ergebnis aus passiven Tätigkeiten stammen, der GewSt zu unterwerfen, den Hinzurechnungsbetrag dagegen nicht.

  3. Der Hinzurechnungsbetrag zählt zu den Einkünften aus einer inländischen Betriebsstätte des zur Hinzurechnung verpflichteten Steuerpflichtigen.

    Der zur Hinzurechnung Verpflichtete unterhält keine ausländische Betriebsstätte, sondern er ist nur an einer ausländischen (Zwischen-)Gesellschaft beteiligt. Bei diesem Sachverhalt ist der Anwendungsbereich des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG schon im Ansatz nicht eröffnet.

    Das FG Baden-Württemberg ist dem nicht gefolgt. Hinsichtlich des Urteil v. 8.5.2018

    [6]

    ist das BFH-Verfahren I R 28/18 anhängig; hinsichtlich des Urteil v. 8.5.2018

    [7]

    das Verfahren I R 229/18.

    Im Übrigen werden im Ausland erzielte Einkünfte nicht automatisch in einer ausländischen Betriebsstätte erzielt[8]. Sie sind auch nicht "betriebsstättenlos". Nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 28.3.1985[9] ist der Hinzurechnungsbetrag der inländischen Betriebsstätte des Hinzurechnungsverpflichteten zuzurechnen. Auch hieraus resultiert keine Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG.[10]

[3] vgl. H 7.1 Abs. 1 "Eigenständige Ermittlung des Gewerbeertrags" GewStH.
[5] vgl. BT-Drucks VI/2883 S. 19 in Rdnrn. 30 und 31
[6] 6 K 1775/16 (EFG 2019, 242)
[7] 6 K 2814/16 EFG 2019, 240
[10] Vgl. zur Kritik an der BFH-Entscheidung auch den Aufsatz von Haase in IStR 2015 S. 966 "Einkünftefiktionen im Steuerrecht und ihre Wirkung – Anmerkung zum BFH-Urteil v. 11.3.2015"

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