Leitsatz

Ist für den vorläufigen Insolvenzverwalter nur ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet, so endet die umsatzsteuerrechtliche Organschaft hierdurch nicht. Berichtigungsfolgen bei der Vorsteuer trägt der Organträger.

 

Sachverhalt

Der Antragsteller hat ein Einzelunternehmen, das als Organträger mit der von ihm als alleiniger geschäftsführender Gesellschafter geführten Ingenieur A GmbH eine umsatzsteuerliche Organschaft bildete. Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist der Kläger der Überzeugung, diese Organschaft sei aufgrund des wegen Insolvenzeröffnungsantrag über das Vermögen der GmbH vom Gericht eingesetzten vorläufigen Insolvenzverwalters beendet worden. Die vom Finanzamt (aufgrund der von diesem als uneinbringlich bewerteten Kreditoren) mit geändertem Umsatzsteuerbescheid 2002 gegenüber dem Antragsteller geltend gemachte Vorsteuerberichtigung sei bei der Organgesellschaft durchzuführen. Die Forderungen seien erst zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und somit nach Beendigung der Organschaft uneinbringlich geworden. Die Vermietung eines Büroraums, auf der die ganze wirtschaftliche Eingliederung beruhte, sei nach dem Transport sämtlicher Unterlagen der GmbH zum vorläufigen Insolvenzverwalter aufgelöst worden. Der Antragsteller sei nicht mehr als Geschäftsführer tätig gewesen und habe selbst kein Mitspracherecht gehabt. Vielmehr habe der Verwalter die Anweisungen zu den Bauarbeiten erteilt und die Abnahmen vorgenommen. Neben dem Klageanspruch begehrt er die Aussetzung der Vollziehung des geänderten Umsatzsteuerbescheids.

 

Entscheidung

Das Gericht folgt dem Aussetzungsantrag nicht. Es sieht keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 2 i.V.mit Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids. Ein Insolvenzeröffnungsantrag führt zu keiner Veränderung hinsichtlich der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers und ist insofern nicht geeignet, das Organschaftsverhältnis zu beenden. Dasselbe gilt auch für die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, sofern diesem lediglich ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet wurde. Denn der organische Einfluss des Organträgers sowohl auf die Organgesellschaft als auch auf die Gemeinschuldnerin wird hierdurch nicht obsolet. Insofern trägt der Organträger die Berichtigungsfolgen (§§ 17 Abs. 2 Nr. 1; 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 UStG). Eine umfassende Würdigung bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

 

Hinweis

Wurde, wie in diesem Fall, ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, so sollte bei der Problematik der Organschaft geprüft werden, ob ihm die Verwaltungs- und Verfügungsmacht nach § 22 Abs. 1 InsO oder lediglich eine eingeschränkte Handlungsmacht, insbesondere ein Zustimmungsvorbehalt, im Sinne von § 22 Abs. 2 InsO eingeräumt wurde. Letztgenannte führt dazu, dass die Organschaft hierdurch nicht beendet wird und somit der Organträger die Berichtigungsfolgen bei der Vorsteuer zu tragen hat.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30.05.2008, 1 V 1198/07

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