BMF, 17.1.2022, III C 2 - S 7100/19/10002 :002

 

I. Einräumung und Übertragung von Gewichtsguthaben an Edelmetallen

Die umsatzsteuerrechtliche Einordnung einer Verfügung über einen Gewichtskontenbestand hängt von der Art der Leistung ab. Ausschlaggebend für die umsatzsteuerrechtliche Qualifizierung ist das Grundgeschäft.

 

1. Gewichtskontenbewegung ohne Grundgeschäft

Reine Umbuchungssachverhalte, d.h. Gewichtskontenbewegungen, denen keine Grundgeschäfte zu Grunde liegen, sind umsatzsteuerrechtlich ohne Relevanz.

Beispiel 1:

Unternehmer A hat ein Guthaben auf seinem Gewichtskonto bei der Bank B1. Von diesem Guthaben überträgt er einen Teil auf sein Gewichtskonto bei der Bank B2. Eine physische Lieferung von Edelmetallen ist weder gewollt noch vereinbart.

Die Umbuchung führt zu keinem Leistungsaustausch zwischen den beteiligten Banken B1 und B2 und dem Unternehmer A, da Unternehmer A lediglich über das ihm gehörende Guthaben auf seinen Gewichtskonten verfügt.

Beispiel 2:

Unternehmer A liefert Metall in beliebiger Form bei Scheideanstalt S an. Die angelieferte Metallmenge wird auf dem bei S geführten Gewichtskonto des A gutgeschrieben.

Die Anlieferung von Metall durch A bei gleichzeitiger Gutschrift auf dem Gewichtskonto des A stellt keinen umsatzsteuerbaren Sachverhalt dar.

 

2. Unterscheidung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung

Die Übertragung von Miteigentumsanteilen an einer Sache ist umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Lieferung zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 2016, V R 53/14, BStBl 2019 II S. 333).

Soweit ein Gewichtskonto bei Scheideanstalten einen Miteigentumsanteil an einem Edelmetall repräsentiert, wäre daher mit der Abbuchung von diesem Konto eine Eigentumsübertragung (an die Scheideanstalt oder einen Dritten) und damit eine Lieferung verbunden.

Abweichend von diesen Grundsätzen wird für die Abbuchung von einem Gewichtskonto bei Scheideanstalten, das einen Miteigentumsanteil an einem Edelmetall repräsentiert, davon ausgegangen, dass für die Annahme einer Lieferung i.S.v. § 3 Abs. 1 UStG entscheidend ist, ob eine Konkretisierung des Metalls vorgenommen wurde bzw. bereits bei Abschluss des Grundgeschäfts beabsichtigt ist, eine solche Konkretisierung vor Übertragung noch vorzunehmen. Für den Fall, dass der Ort der physischen Übergabe, Form und Stückelung des Metalls sowie die Reinheit noch nicht feststehen, fehlt eine hinreichende Konkretisierung des herauszugebenden Metalls, sodass eine Verfügungsmacht über einen bestimmten physischen Bestand des Edelmetalls durch den Gewichtskonteninhaber nicht gegeben ist. In der Konsequenz besteht bei Metallbeständen auf Gewichtskonten der Zugriff in Abhängigkeit von den Vereinbarungen des Grundgeschäfts. So lange über Übergabeort, Form, Stückelung und Reinheit des Metalls noch keine Vorstellungen bestehen, kommt dem Gewichtskonteninhaber nur ein konkretisierungsbedürftiger Rechtsverwirklichungsanspruch zu.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass es drei verschiedene Kategorien von Transaktionen im Zusammenhang mit Gewichtskonten gibt:

 

2.1 Lieferungen

Eine Lieferung ist immer dann anzunehmen, wenn eine Konkretisierung von Übergabeort, Form, Stückelung und Reinheit des Metalls vorgenommen wurde bzw. schon bei Abschluss des Grundgeschäfts beabsichtigt ist, eine solche Konkretisierung noch vor der Übertragung vorzunehmen. Indizien hierfür sind, wenn der Belegenheitsort des gelagerten/ physischen Metalls dem Gewichtskonteninhaber im Zeitpunkt des Erwerbs bekannt ist, zwischen den Beteiligten weitgehend feststeht, in welcher Form, Stückelung und Reinheit die Metalle abgerufen werden, ausreichende physische Vorräte am Erfüllungsort, um diese Gewichtskontenansprüche erfüllen zu können, gegeben sind und ein Herausgabeanspruch unter Berücksichtigung gegebener logistischer Anforderungen vereinbart wurde.

Beispiel 3:

Metallhändler E verkauft am 1. Juli 2021 1 kg Platinbarren an den Kunden K. K entrichtet hierfür ein Entgelt an E. Die Menge wird K auf seinem Metallkonto gutgeschrieben. K kann die Menge unter Berücksichtigung gegebener logistischer Anforderungen jederzeit abholen oder die Auslieferung vereinbaren. Es liegt eine Lieferung vor.

 

2.2 Sonstige Leistung

Ist die Rechtsposition des Gewichtskontoinhabers aufgrund der konkreten Bedingungen der Metallaufbewahrung und der Konditionen für das Herausgabeverlangen des Metalls dagegen beschränkt (d.h. fehlt es an den unter Ziffer 2.1 dargestellten Kriterien), liegt ausnahmsweise keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung vor.

Indizien für ein nur eingeschränktes Recht an dem hinter dem Gewichtskonto stehenden physischen Metall und damit einhergehend für die Annahme einer sonstigen Leistung bei Gewichtskontentransaktionen sind beispielsweise, dass zwischen den Beteiligten nicht feststeht, wann und ob überhaupt das Metall physisch zur Verfügung gestellt wird, der Belegenheitsort des gelagerten / physischen Metalls dem Gewichtskonteninhaber im Zeitpunkt des Erwerbs des Anspruchs nicht bekannt ist oder zwischen den Beteiligt...

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