BMF, 19.6.2012, IV D 3 - S 7170/10/10012

Gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin umsatzsteuerfrei, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH und BFH sind Heilbehandlungen Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden. Heilberufliche Leistungen sind daher nur steuerfrei, wenn bei der Tätigkeit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Eine bloße Maßnahme zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens bzw. ein Wellnessprogramm ist keine Heilbehandlung im Sinne der Befreiungsnorm, selbst wenn sie von Angehörigen eines Heilberufs erbracht wird. Im Grenzbereich zwischen möglicher Heilbehandlung und Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens greift § 4 Nr. 14 UStG bei Maßnahmen ein, die aufgrund ärztlicher Indikation nach ärztlicher Verordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme erbracht werden (vgl. BFH-Urteile vom 7.7.2005, V R 23/04, BStBl 2005 II S. 904, und vom 30.1.2008, XI R 53/06, BStBl 2008 II S. 647).

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden die Abschnitte 4.14.1 und 4.14.4 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom 1.10.2010 (BStBl 2010 I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 3.4.2012, IV D 2 – S 7100/07/10027 (2011/0282652), BStBl 2012 I S. 486, geändert worden ist, wie folgt geändert:

1. Abschnitt 4.14.1 wird wie folgt geändert:
  a) In Absatz 4 werden die folgenden Sätze 5 bis 9 angefügt:
     
    5Nicht unter die Befreiung fallen Tätigkeiten, die nicht Teil eines konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzeptes sind. 6Neben (Zahn-) Ärzten und Psychotherapeuten dürfen lediglich Heilpraktiker als Angehörige der Heilberufe eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln. 7Das gilt auch für die auf das Gebiet der Physiotherapie beschränkten Heilpraktiker (vgl. BVerwG-Urteil vom 26.8.2009, 3 C 19.08, BVerwGE 134 S. 345). 8Für Leistungen aus der Tätigkeit von Gesundheitsfachberufen kommt die Steuerbefreiung grundsätzlich nur in Betracht, wenn sie aufgrund ärztlicher Verordnung bzw. einer Verordnung eines Heilpraktikers oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt werden (vgl. BFH-Urteil vom 7.7.2005, V R 23/04, BStBl 2005 II S. 904). 9Behandlungen durch Angehörige von Gesundheitsfachberufen im Anschluss/Nachgang einer Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers sind grundsätzlich nicht als steuerfreie Heilbehandlung anzusehen, sofern für diese Anschlussbehandlungen keine neue Verordnung vorliegt.”
     
  b) Nach Absatz 5 wird folgender neuer Absatz 5a eingefügt:
     
    „(5a) 1Als ärztliche Verordnung gilt im Allgemeinen sowohl das Kassenrezept als auch das Privatrezept; bei Rezepten von Heilpraktikern handelt es sich durchweg um Privatrezepte. 2Eine Behandlungsempfehlung durch einen Arzt oder Heilpraktiker, z.B. bei Antritt des Aufenthalts in einem „Kur”-Hotel, gilt nicht als für die Steuerbefreiung ausreichende Verordnung.”
2. Abschnitt 4.14.4 wird wie folgt geändert
  a) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
     
    1Die Tätigkeit einer Hebamme bzw. eines Entbindungspflegers im Sinne des § 4 Nr. 14 Buchstabe a UStG umfasst die eigenverantwortliche Betreuung, Beratung und Pflege der Frau von Beginn der Schwangerschaft an, bei der Geburt, im Wochenbett und in der gesamten Stillzeit. 2Eine ärztliche Verordnung ist für die Umsatzsteuerbefreiung dieser Tätigkeit nicht erforderlich.”
     
  b) In Absatz 6 wird Satz 1 wie folgt gefasst:
     
    1Neben den Leistungen aus der Tätigkeit als (Zahn-)Arzt oder (Zahn-)Ärztin und aus den in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 1 UStG genannten nichtärztlichen Heil- und -Gesundheitsfachberufen können auch die Umsätze aus der Tätigkeit von nicht ausdrücklich genannten Heil- und Gesundheitsfachberufen unter die Steuerbefreiung fallen.”
     
  c) Nach Absatz 12 wird folgender neuer Absatz 12a eingefügt:
     
    „(12a) 1Medizinisch indizierte osteopathische Leistungen stellen Heilbehandlungen i.S. des § 4 Nr. 14 Buchstabe a UStG dar, wenn sie von einem Arzt oder Heilpraktiker mit einer entsprechenden Zusatzausbildung erbracht werden. 2Auch Physiotherapeuten oder Masseure bzw. medizinische Bademeister mit entsprechender Zusatzausbildung können umsatzsteuerfreie osteopathische Leistungen erbringen, sofern eine ärztliche Verordnung bzw. eine Verordnung eines Heilpraktikers vorliegt.”

Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf alle noch offenen Veranlagungszeiträume anzuwenden. Für vor dem 1.1.2012 ausgeführte Umsätze wird es jedoch nicht beanstandet, wenn Leistungen von Physiotherapeuten, die im Anschluss an eine ärzt...

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