Leitsatz

1. Vermietet eine Gemeinde Standflächen bei einer Kirmesveranstaltung auf zivilrechtlicher Grundlage, handelt sie als Unternehmerin (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG).

2. Die Standplatzvermietung ist im vollen Umfang gem. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei (Fortführung der Rechtsprechung vom 24.1.2008, V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60).

 

Normenkette

§ 2 Abs. 3 Satz 1, § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, Art. 4 Abs. 5, Art. 13 Teil B Buchst. b 6. EG-RL, MwStSystRL Art. 135 Abs. 1 Buchst. l

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Gemeinde, erbrachte in 2003 und 2004 sowie in 2006 bis 2008 Leistungen an andere Unternehmer durch die Überlassung von Standflächen bei Wochenmärkten und Kirmessen. Die Nutzungsüberlassung erfolgte durch einen zivilrechtlichen Mustervertrag. Die Klägerin sah die Umsätze im Zusammenhang mit der Überlassung von Standflächen bei Wochenmärkten und Kirmesveranstaltungen als nicht steuerbar an. Das FA ging demgegenüber von einer Steuerpflicht aus. Nach Änderungen behandelte es nur noch die Umsätze aus den Kirmessen als steuerpflichtig. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FG Münster (Urteil vom 7.8.2012, 15 K 4623/09 U, Haufe-Index 3699261, EFG 2013, 729) gab der Klage demgegenüber statt und bejahte auch insoweit die Steuerfreiheit.

 

Entscheidung

Die hiergegen eingelegte Revision des FA wies der BFH als unbegründet zurück.

 

Hinweis

1.Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist eine ­juristische Person des öffentlichen Rechts Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Steuerbar ist danach entgegen der Verwaltungspraxis auch die Vermögensverwaltung durch juristische Personen des öffentlichen Rechts.

2. Steuerfrei ist gem. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.

a) Ob eine Vermietung oder Verpachtung vorliegt, richtet sich umsatzsteuerrechtlich nicht nach dem nationalen Zivilrecht, sondern entsprechend Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL (Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL) danach, ob dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und daher für ihn die Möglichkeit besteht, jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.
b) Mit Urteil vom 24.1.2008, V R 12/05 (BStBl II 2009, 60) hat der BFH entgegen früherer Rechtsprechung entschieden, dass die Überlassung von Standplätzen durch den Veranstalter von Wochenmärkten an Markthändler eine insgesamt steuerfreie Vermietung ist, die nicht in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Leistungsbestandteil (wie z.B. für die Bereitstellung von Strom oder Reinigung) aufzuteilen ist.
c) Diese neue Rechtsprechung ist auch für die Standplatzüberlassung bei Kirmesveranstaltungen zu beachten. Auch hier handelt es sich um eine in vollem Umfang steuerfreie Leistung, die nicht in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Leistungsbestandteil aufzuteilen ist. Damit gibt der BFH die frühere dem entgegenstehende Rechtsprechung (BFH, Urteile vom 7.4.1960, V 142/58 U, BStBl III 1960, 261 und vom 25.4.1968, V 120/64, BStBl II 1969, 94) auch für diese Fallgestaltung auf.

Für die Annahme einer einheitlich steuerfreien Leistung spricht dabei, dass die Überlassung der Standplätze das wesentliche Leistungselement ist und die darüber hinaus erbrachten Leistungen lediglich Nebenleistungen sind, da es dem jeweiligen Händler darauf ankommt, unter Ausschluss anderer Händler für die Dauer der Kirmes eine Standfläche zu erhalten, von der aus er sein Warensortiment vertreiben kann. Sonstige Umstände wie die Organisationsleistung des Veranstalters sowie die Bereitstellung von Strom und die Reinigung sind danach für die Händler nur im Hinblick auf die Verkaufsmöglichkeit im Rahmen ihres Standplatzes von Interesse.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.2.2014 – V R 5/13

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