Leitsatz

1. Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit (Glücksspiel mit Geldeinsatz) sind umsatzsteuerbar.

2. Ein Aufsteller von Geldspielautomaten kann sich für Umsätze bis einschließlich 5.5.2006 auf die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG berufen (Bestätigung des BFH-Urteils vom 12.05.2005 – V R 7/02, BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617).

3. Ein Aufsteller von Geldspielautomaten kann sich für Umsätze ab dem 06.05.2006 nicht auf die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG oder des Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen (Bestätigung des Senatsurteils vom 10.11.2010 – XI R 79/07, BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311).

4. § 6 SpielbkV ist in Bezug auf die Umsatzsteuer zum 1.1.1968 außer Kraft getreten.

5. Bei Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit, die aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften so eingestellt sind, dass ein bestimmter Prozentsatz der Spieleinsätze als Gewinn an die Spieler ausgezahlt wird, besteht die vom Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhaltene Gegenleistung nur in dem Teil der Einsätze, über den er effektiv selbst verfügen kann (Bestätigung des EuGH-Urteils Glawe vom 5.5.1994 – C‐38/93, EU:C:1994:188, BStBl II 1994, 548).

6. Die Umsatzsteuer und eine innerstaatliche Sonderabgabe auf Glücksspiele dürfen kumulativ erhoben werden, sofern die Sonderabgabe nicht den Charakter einer Umsatzsteuer hat (Anschluss an das EuGH-Urteil Metropol Spielstätten vom 24.10.2013 – C‐440/12, EU:C:2013:687, HFR 2013, 1166).

7. Ob es gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot verstößt, dass bei öffentlichen Spielbanken die Umsatzsteuer auf die Spielbankabgabe angerechnet wird, ist im Klageverfahren wegen Umsatzsteuer nicht entscheidungserheblich. Einer Aussetzung des Revisionsverfahrens bis zum Abschluss des Beihilfeverfahrens SA.44944 bedarf es daher nicht.

8. Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts (§ 133 FGO) ist nur gegen Entscheidungen in Rechtspflegeangelegenheiten zulässig.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 9 Buchst. b, § 10 Abs. 1, § 16 UStG, Art. 2, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a, Art. 13 Teil B Buchst. f 6. EG-RL (= EWGRL 388/77), Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 73, Art. 135 Abs. 1 Buchst. i, Art. 137 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 133 FGO

 

Sachverhalt

Der Kläger stellte in den Jahren 2006 bis 2010 (Streitjahre) an verschiedenen Orten Geldspielautomaten auf und betrieb bis zum 31.10.2007 außerdem eine Spielhalle. Ob ein Spieler, der an den Geldspielautomaten des Klägers spielte, gewann oder verlor, hing vom Zufall ab.

In seinen Umsatzsteuererklärungen erklärte der Kläger die Umsätze aus den beiden Tätigkeiten ab Mai 2006 zum Regelsteuersatz, wobei er anteilig den Vorsteuerabzug geltend machte.

Im Anschluss an zwei im Jahr 2013 durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfungen, die zu einer Umsatzsteuererhöhung führten, machte der Kläger mit dem Einspruch u.a. geltend, die Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten seien umsatzsteuerfrei. Der Einspruch blieb insoweit erfolglos.

Die Vorinstanz (Hessisches FG, Urteil vom 22.2.2018, 6 K 2400/17, Haufe-Index 11763203) wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück. Er bestätigte seine bisherige Rechtsprechung. Die Notwendigkeit einer weiteren EuGH-Vorlage bestehe – trotz zahlreicher aufgeworfener Vorlagefragen – nach mehreren direkt einschlägigen EuGH-Urteilen zu dieser Thematik nicht.

Außerdem stellte der BFH klar, dass das Stichwort, das zu einem anhängigen Revisionsverfahren von der Senatsgeschäftsstelle gebildet und u.a. auf der BFH-Homepage abrufbar ist, keine Entscheidung in Rechtspflegeangelegenheiten ist, sodass eine Erinnerung nach § 133 FGO unzulässig ist.

 

Hinweis

1. Nachdem EuGH und BFH bereits mehrfach bejaht hatten, dass Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten steuerbar sind, ließ der BFH in den letzten Jahren Revisionen zu dieser Thematik nicht mehr zu (vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 30.9.2015, V B 105/14, BFH/NV 2016, 84; BFH, Beschluss vom 14.12.2015, XI B 113/14, BFH/NV 2016, 599; seither ständige Rechtsprechung).

2. Erneute Bewegung kam in die Rechtsfrage, ­nachdem der EuGH in der Rechtssache Bastova (EuGH, Urteil vom 10.11.2016, C-432/15, Haufe-Index 9942858, UR 2016, 913) entschieden hatte, dass die Teilnahme an einem Pferderennen gegen Chance auf Gewinn eines Preisgelds keine entgeltliche Dienstleistung ist. Dagegen spreche u.a. die Zufallsabhängigkeit des Gewinns.

3. Allerdings hat der EuGH dort selbst betont, dass diese Rechtsprechung nicht den Veranstalter (des Pferderennens) betrifft. Zudem ist das Urteil nicht zum Geldautomaten-Glücksspiel ergangen und der EuGH hat durch dieses Urteil seine hierzu bereits vorhandene Rechtsprechung auch nicht aufgegeben. Beim Veranstalter ist zwar der Gewinn im einzelnen Spiel ebenfalls ungewiss. Aufgrund der technischen Einstellungen der Geldspielautomaten wird jedoch von ihm über alle Spiele ein (Total-)Gewinn erzielt, selbst ...

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