Der Ort einer Lieferung ist entscheidend dafür, ob Umsatzsteuer gezahlt werden muss oder nicht. Z. B. muss keine Umsatzsteuer gezahlt werden, wenn sich der Ort der Lieferung nicht im Inland befindet. Der Ort der Lieferung von Gas, Strom, Wärme und Kälte ist in § 3g UStG geregelt. Bei Gas ist nur die Lieferung über das Erdgasnetz betroffen, nicht jedoch die Lieferung in Behältern, z. B. in Gasflaschen. Seit dem 1.1.2011 ist § 3g UStG um Wärme- oder Kältelieferungen über Wärme- und Kältenetze erweitert worden, sodass auch der Wechsel der Steuerschuldnerschaft seit dem für Wärme- oder Kältelieferungen über Wärme- und Kältenetze gilt.

Konsequenz: Die Lieferung von Gas, Strom, Wärme oder Kälte durch den deutschen Unternehmer an einen Unternehmer im Ausland unterliegt nicht der deutschen Umsatzsteuer. Wenn umgekehrt ein ausländischer Unternehmer Gas über das Erdgasnetz und Elektrizität an deutsche Abnehmer liefert, muss wie folgt unterschieden werden:

  • Befindet sich der Lieferant in einem Drittland (= Nicht-EU-Land), fällt keine Umsatzsteuer an, weil die Einfuhr steuerfrei ist.
  • Betreibt der Lieferant sein Unternehmen jedoch im EU-Ausland, unterliegt die Lieferung der deutschen Umsatzsteuer (es handelt sich gemäß § 3g UStG nicht um eine innergemeinschaftliche Lieferung bzw. einen innergemeinschaftlichen Erwerb).

Das Reverse-Charge-Verfahren gilt nach § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. a UStG für Lieferungen

  • von Gas über das Erdgasnetz,
  • von Elektrizität sowie
  • von Wärme und Kälte über ein Wärme- oder Kältenetz

durch einen im Ausland ansässigen Unternehmer an einen anderen Unternehmer unter den Bedingungen des § 3g UStG.

5.6.1 Wiederverkäufer sind betroffen

Bei Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz durch einen im Inland ansässigen Unternehmer ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner, wenn er Unternehmer ist, der selbst Erdgas über das Erdgasnetz liefert. Als Unternehmer, die selbst Erdgas über das Erdgasnetz liefern, sind die Unternehmer anzusehen, die Wiederverkäufer von Erdgas i. S. d. § 3g Abs. 1 UStG sind. Bei Lieferungen von Elektrizität durch einen im Inland ansässigen Unternehmer ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b UStG, wenn er und der liefernde Unternehmer Wiederverkäufer von Elektrizität i. S. d. § 3g Abs. 1 UStG sind.

5.6.2 Was für Betreiber von Fotovoltaik- und Windkraftanlagen gilt

Betreiber von dezentralen Stromgewinnungsanlagen (z. B. Fotovoltaik- bzw. Windkraftanlagen, Biogas-Blockheizkraftwerke) sind regelmäßig keine Wiederverkäufer von Elektrizität i. S. d. § 3g UStG, wenn sie ausschließlich selbsterzeugte Elektrizität liefern.

5.6.3 Vordruckmuster für Wiederverkäufer von Erdgas oder Elektrizität

Es ist davon auszugehen, dass ein Unternehmer Wiederverkäufer von Erdgas oder Elektrizität ist, wenn er einen im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültigen Nachweis nach dem Vordruckmuster USt 1 TH im Original oder in Kopie vorlegt.[1]

Verwendet bei der Lieferung von Erdgas der Leistungsempfänger einen Nachweis nach dem Vordruckmuster USt 1 TH, ist er Steuerschuldner, auch wenn er im Zeitpunkt der Lieferung tatsächlich kein Wiederverkäufer von Erdgas i. S. d. § 3g UStG ist.

Dies gilt nicht, wenn der Leistungsempfänger einen gefälschten Nachweis nach dem Vordruckmuster USt 1 TH verwendet hat und der Vertragspartner hiervon Kenntnis hatte. Bei der Lieferung von Elektrizität gilt dies entsprechend für die Verwendung eines Nachweises nach dem Vordruckmuster USt 1 TH durch den leistenden Unternehmer und/oder den Leistungsempfänger.

5.6.4 Was bei Leistungen für den privaten Bereich gilt

Erfüllen der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die Voraussetzungen des § 13b Abs. 5 Satz 3 und 4 UStG, ist der Leistungsempfänger auch dann Steuerschuldner, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich erbracht wird. Ausgenommen hiervon sind die Lieferungen von Erdgas und Elektrizität, die ausschließlich an den hoheitlichen Bereich von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, auch wenn diese im Rahmen von Betrieben gewerblicher Art als Wiederverkäufer von Erdgas bzw. Elektrizität i. S. d. § 3g Abs. 1 UStG unternehmerisch tätig sind. Absatz 2 ist auf den jeweiligen Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts entsprechend anzuwenden, der Wiederverkäufer von Erdgas bzw. Elektrizität i. S. d. § 3g Abs. 1 UStG ist.

5.6.5 Was als Lieferung von Elektrizität zählt und was nicht

Lieferungen von Elektrizität sind auch:

  • Die Lieferung von Elektrizität aus dezentralen Stromgewinnungsanlagen durch Verteilernetzbetreiber und Übertragungsnetzbetreiber zum Zweck der Vermarktung an der Strombörse EEX.
  • Die Energiebeschaffung zur Deckung von Netzverlusten. Hierbei handelt es sich um physische Beschaffungsgeschäfte durch Netzbetreiber zur Deckung des Bedarfes an Netzverlustenergie.
  • Der horizontale Belastungsausgleich der Übertragungsnetzbetreiber (nur Anteil physischer Ausgleich). Hierbei handelt es sich um den physikalischen Ausgleich der Elektrizitätsmengen zwischen den einzelnen Regelzonen im Übertragungsnetz untereinander.
  • Die Regelenergielieferung (positiver Preis), das ist der Energiefluss zum Ausgleich des Bedarfs an Regelenergie und damit eine ph...

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