Unangenehm für die umsatzsteuerliche Verprobung sind die Fälle, in denen der Unternehmer ertragsteuerlich seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt, er aber die Umsätze nach vereinnahmten Entgelten versteuert.

In diesen Fällen ist eine Istversteuerung bis zu einem Gesamtumsatz von 600.000 EUR[1] möglich. Unternehmer, die unter die 600.000 EUR-Grenze fallen, werden i. d. R. bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 UStG auch ertragsteuerlich ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG und nicht nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermitteln. Soweit allerdings Umsätze aus der Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs erzielt werden, kann auch unabhängig von der Umsatzgrenze die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten beantragt werden.[2]

Ertragsteuerlich sind bei bilanzierenden Unternehmern die Eingangs- und Ausgangsleistungen unabhängig vom Zahlungsfluss zu dem Zeitpunkt zu erfassen, in dem die jeweilige Leistung ausgeführt worden ist. Soweit es bei der Besteuerung der Ausgangsumsätze aber zur Anwendung der Istversteuerung kommt, verbleibt es bei der Erfassung der Umsätze erst im Zeitpunkt des Zahlungszuflusses.[3] Damit sind – bezogen auf die Ausgangsumsätze – Abweichungen zwischen Ertragsteuerrecht und Umsatzsteuerrecht vorprogrammiert.

Den Zusammenhang verdeutlicht die nachfolgende Übersicht:

 
Vorgang ertrag­steuerliche Erfassung umsatz­steuerliche Erfassung Abweichung

Leistung ausgeführt in 2023

Zahlungszufluss in 2024
2023 2024 ja

Leistung ausgeführt in 2024

Zahlungszufluss in 2024
2024 2024 nein

Leistung ausgeführt in 2024

Zahlungszufluss in 2025
2024 2025 ja

Leistung ausgeführt in 2025

Zahlungszufluss in 2024
2025 2024 ja

Damit fallen bis auf die Fälle, in denen Leistungserbringung und Bezahlung im gleichen Veranlagungszeitraum anfallen, die ertragsteuerliche und umsatzsteuerliche Behandlung auseinander. Somit sind auch höhere Anforderungen an die Verprobung der Umsatzsteuer zu stellen.

Die Verprobung kann nach folgendem Berechnungsschema vorgenommen werden (aus Vereinfachungsgründen bleiben innergemeinschaftliche Erwerbe unberücksichtigt):

 
Umsatzsteuerverprobung bei bilanzierendem Unternehmer und Istversteuerung
Konto-Nr. Kontobezeichnung Umsatz (Saldo) Steuersatz Umsatzsteuer
  steuerpflichtige entgeltliche Umsätze   7 %  
  steuerpflichtige entgeltliche Umsätze   19 %  
  steuerpflichtige unentgeltliche Umsätze   7 %  
  steuerpflichtige unentgeltliche Umsätze   19 %  
  Summe Umsatzsteuer nach dem"Soll"  
 
  • Anfangsbestand Kundenforderungen (netto)
  7 %  
 
  • Anfangsbestand Kundenforderungen (netto)
  19 %  
 
  • Endbestand Kundenforderungen (netto)
  7 %
 
  • Endbestand Kundenforderungen (netto)
  19 %
  Summe Umsatzsteuer nach dem"Ist"  
  Summe der gebuchten Umsatzsteuer
  Abstimmungsdifferenz  
 
Praxis-Beispiel

Verprobung bei Bilanzierung und Istversteuerung

Elektroeinzelhändler E aus Leipzig besteuert seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten, ertragsteuerlich aber nach § 4 Abs. 1 EStG. Er möchte seine Umsätze für den Voranmeldungszeitraum Juni 2024 verproben.

In der Finanzbuchhaltung wird die Umsatzsteuer für erbrachte Leistungen auf "noch nicht abzuführende Umsatzsteuer" gebucht. Erst bei Zahlungseingang erfolgt automatisch die Umbuchung in entstandene Umsatzsteuer.

Zur Verprobung der Umsatzsteuer trägt er die Salden der jeweiligen Ertragskonten in die Zusammenstellung ein. Auf dem Umsatzsteuerkonto ist eine Umsatzsteuer i. H. v. 7.016,80 EUR gebucht. Umsätze, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, hat E nicht ausgeführt.

 
Konto-Nr. Kontobezeichnung Umsatz (Saldo) Steuersatz Umsatzsteuer
  steuerpflichtige entgeltliche Umsätze 38.765,68 19 % 7.365,48
  steuerpflichtige unentgeltliche Umsätze 245,00 19 % 46,55
  Summe Umsatzsteuer nach dem"Soll" 6.241,68
  Anfangsbestand Kundenforderungen (netto) 17.550,00 19 % 3.334,50
  Endbestand Kundenforderungen (netto) 19.630,00 19 % –3.729,70
  Summe Umsatzsteuer nach dem"Ist" 7.016,83
  Summe der gebuchten Umsatzsteuer –7.016,80
  Abstimmungsdifferenz 0,03

Die Verprobung der Umsatzsteuer ist erfolgreich, da nur eine als Rundungsdifferenz anzusehende Abstimmungsdifferenz vorhanden ist. Darüber hinaus kann auch eine Kontrolle der noch nicht entstandenen Umsatzsteuer erfolgen. Auf dem Konto "noch nicht fällige Umsatzsteuer" muss im Beispielsfall ein Betrag i. H. v. (19.630 EUR × 19 % =) 3.729,70 EUR erfasst sein.

 
Praxis-Tipp

Fehler bei manueller Umsatzsteuerbuchung

Eine etwa vorhandene Abstimmungsdifferenz muss ebenso wie im Grundfall ausgehend vom Umsatzsteuerkonto untersucht werden. Manuelle Buchungen auf dem Umsatzsteuerkonto sind immer besonders fehlerbehaftet, sodass zuerst geprüft werden sollte, ob auf diesen Konten individuelle Buchungen vorgenommen wurden.

 
Wichtig

Einfachere Verprobung des Vorsteuerabzugs bei Bilanzierung

Allerdings ist bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG die Verprobung der Vorsteuerbeträge einfacher, da – soweit eine ordnungsgemäße Rechnung in dem Jahr der Leistungserbringung vorliegt – die Vorsteuer nach § 16 Abs. 2 UStG ...

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