B ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, der im Rahmen seines Unternehmens tätig wird, ein Entgelt erhält B für die von ihm ausgeführte Leistung ebenfalls. Mit der Errichtung des Rohbaus führt B eine Werklieferung aus[1], da er offensichtlich das Material für die von ihm erbrachte Leistung stellt. Der Ort der Lieferung ist nach § 3 Abs. 5a i. V. m. § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG dort, wo der Gegenstand der Lieferung sich zum Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet, dies ist hier in Bayern, Inland. Die Werklieferung des B ist damit steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und auch nicht steuerbefreit nach § 4 UStG.

Da B seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten besteuert, entsteht die USt mit Ausführung der Leistung.[2] Die Leistung ist mit der Fertigstellung und der Abnahme durch den Leistungsempfänger im Dezember 2021 ausgeführt worden, sodass die USt mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Dezember 2021 entsteht.

Allerdings ist zu prüfen, ob USt auch schon zu einem früheren Zeitpunkt entstehen könnte. Grundsätzlich kann USt auch schon mit Ausführung einer Teilleistung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 und Satz 3 UStG entstehen. Für eine solche Teilleistung ist aber erforderlich, dass es sich um eine wirtschaftlich teilbare Leistung handelt und die Vertragsparteien auch die Ausführung von Teilleistungen vereinbart haben.

 
Praxis-Tipp

Teilbarkeit der Leistung und Vereinbarung über Teilleistungen notwendig

Bei der Prüfung von Teilleistungen sind immer die beiden Voraussetzungen der Teilbarkeit und der Vereinbarung über Teilleistungen zu prüfen. Dabei ist zu beachten, dass die Voraussetzung "wirtschaftlich sinnvoll teilbare Leistung" ein objektives Kriterium ist, das nicht durch vertragliche Regelungen zu beeinflussen ist. Die "Vereinbarung von Teilleistungen" ist dagegen ein subjektives Kriterium, bei dem es auf die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien ankommt.

Die Errichtung eines Rohbaus kann – soweit eine darüber hinausgehende Leistung (z. B. Errichtung eines schlüsselfertigen Gebäudes) vereinbart worden war – eine Teilleistung darstellen, die Errichtung einzelner Etagen ist aber grundsätzlich keine wirtschaftlich sinnvoll abgrenzbare Teilleistung. Damit liegt im Oktober 2021 bei Fertigstellung des ersten Stockwerks keine Teilleistung vor, für die USt entstehen könnte.

Allerdings hat B eine Anzahlung angefordert, die ihm – teilweise – schon vor Ausführung der Leistung auch ausbezahlt worden ist. Damit entsteht mit Zahlungszufluss im November 2021 insoweit USt, wie B von seinem Auftraggeber eine Zahlung erhält.[3] Da B insgesamt 200.000 EUR ausbezahlt bekommt, stellt dies den Bruttobetrag dar, aus dem die USt mit 19 % herauszurechnen ist. Die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG beträgt damit 168.067,23 EUR und die USt 31.932,77 EUR. B muss für den Voranmeldungszeitraum November 2021 31.932,77 EUR an das Finanzamt abführen.

 
Wichtig

Steuerentstehung bei der Anzahlungsbesteuerung immer nur für vereinnahmten Betrag

Dass B in einer ordnungsgemäßen Rechnung über die Anzahlung im Oktober 2021 auf den Nettobetrag von 200.000 EUR eine USt von 38.000 EUR ausgewiesen hat, ist für die Entstehung der USt unerheblich. Es handelt sich insoweit auch nicht um einen unrichtigen Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG.

Eine weitere Zahlung bekommt B von seinem Auftraggeber erst im Februar 2022. Diese Zahlung ist aber für die Entstehung der USt ohne Bedeutung, da die Leistung als solche schon im Dezember 2021 ausgeführt worden war und damit die USt abschließend entstanden ist. Da insgesamt für die Leistung eine USt i. H. v. 76.000 EUR entstanden ist und B davon im November 2021 für die Anzahlung schon 31.932,77 EUR angemeldet hat, muss er in seiner Voranmeldung für Dezember 2021 eine Bemessungsgrundlage von (400.000 EUR abzüglich 168.067,23 EUR =) 231.932,77 EUR und eine USt von 44.067,23 EUR anmelden.

B erhält im Februar 2022 aber nicht den vollen Restbetrag ausbezahlt, da A einen Sicherheitseinbehalt i. H. v. 23.800 EUR abzieht. Dieser Sicherheitseinbehalt war früher – bei Unternehmern, die der Sollbesteuerung unterliegen – unbeachtlich, da er als Zahlungsvereinbarung angesehen wurde. Der BFH[4] hatte dem entgegen entschieden, dass ein Unternehmer nicht verpflichtet sein kann, Umsatzsteuerbeträge jahrelang vorzufinanzieren. Soweit ein der Sollbesteuerung unterliegender Unternehmer seinen Entgeltanspruch aufgrund eines vertraglichen Sicherheitseinbehalts zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen über einen längeren Zeitraum nicht verwirklichen kann, ist er bereits für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung zur Steuerberichtigung berechtigt. Die Finanzverwaltung[5] hat dies entsprechend umgesetzt. Allerdings setzt die Berichtigung des Steuerbetrags voraus, dass der leistende Unternehmer

  • den vereinbarten Sicherheitseinbehalt nicht durch eine Bankbürgschaft abgelöst hat und
  • auch nicht durch eine Bankbürgschaft ablösen konnte.

Da B nach dem Sachverhalt offensichtlich keine Bankbürgschaft von se...

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