Sachverhalt

Die A & B-oHG ist in Süddeutschland im Fensterbau (Produktion, Handel, Einbau) tätig. Um jederzeit preisgünstig an Kunststoff-Profile kommen zu können, hatte sich die A & B-oHG schon vor Jahren an der in Hamburg ansässigen Kunststoffe-GmbH mit 60 % beteiligt. Seit dieser Zeit ist die A & B-oHG größter Abnehmer der Kunststoff-Profile der GmbH. Der Gesellschafter A der A & B-oHG ist alleiniger Geschäftsführer der GmbH.

Aufgrund höherer Nachfrage im süddeutschen Raum nach FSC-zertifizierten Holzfenstern, beschließt die A & B-oHG, in Zukunft nur noch Holzfenster zu produzieren und anzubieten.

Da die Beteiligung an der Kunststoffe-GmbH deshalb nicht mehr in die Unternehmensstrategie passt, beauftragt die A & B-oHG den selbstständigen Unternehmensvermittler V, einen Käufer für die Beteiligung an der Kunststoffe-GmbH zu suchen. V gelingt es, die in Norddeutschland tätige Fenster-AG für die Beteiligung an der Kunststoffe-GmbH zu begeistern. Zum 1.5.2023 erwirbt die Fenster-AG die 60 % der Anteile an der Kunststoffe-GmbH, nimmt ab diesem Zeitpunkt die Produkte der GmbH ab und beruft gleichzeitig den Vorstandsvorsitzenden der Fenster-AG als alleinigen Geschäftsführer der GmbH. Der Kaufpreis für die Anteile (3 Mio. EUR) wird fristgerecht an die A & B-oHG überwiesen.

Vermittler V berechnet der A & B-oHG für seine Vermittlungsleistung vereinbarungsgemäß 150.000 EUR zzgl. gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer.

Fragestellung

Die A & B-oHG ist unsicher, wie der Kaufpreis von 3 Mio. EUR aus dem Beteiligungsverkauf umsatzsteuerrechtlich zu behandeln ist. Darüber hinaus möchte die A & B-oHG wissen, ob sie zum Vorsteuerabzug aus der Rechnung des V berechtigt ist.

Lösung

Die A & B-oHG ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da sie Leistungen selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht ausführt. Der Rahmen des Unternehmens umfasst die Produktion, den Handel und den Einbau von Fenstern.

Die Beteiligung an der Kunststoffe-GmbH ist unselbstständiger Bestandteil des Unternehmens der A & B-oHG; die oHG ist Unternehmer und hat die GmbH finanziell (60 % Anteilsmehrheit), organisatorisch (Gesellschafter A ist alleiniger Geschäftsführer der GmbH) und wirtschaftlich (Hauptabnehmer der GmbH ist die oHG) in ihr Unternehmen eingegliedert. Es liegt durch die Verflechtung auch ein hinreichend enger Zusammenhang mit der unternehmerischen Betätigung der A & B-oHG vor, sodass die Anteile Gegenstand des Unternehmens der oHG sind.

 
Praxis-Tipp

Rechtsfolgen der Organschaft sind kein Wahlrecht

Liegen die Voraussetzungen für die Organschaft vor, besteht kein nationales Wahlrecht, ob die Rechtsfolgen der Organschaft angewendet werden sollen oder nicht. Die Rechtsfolgen gelten insoweit auch für nicht erkannte Organschaftsverhältnisse.

Die GmbH ist damit unselbstständiger Bestandteil des Unternehmens der A & B-oHG.

Mit dem Verkauf der Beteiligung endet die Organschaft, da ab der Anteilsübertragung keinerlei Verflechtung mehr zur oHG vorhanden ist. Allerdings tritt der Erwerber – die Fenster-AG – an die Stelle des Organträgers, da jetzt eine finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung zu der AG besteht; die GmbH ist ab Anteilsübertragung unselbstständiger Bestandteil des Unternehmens der Fenster-AG.

Früher wurde auch bei Anteilsübertragungen davon ausgegangen, dass eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG vorliegt. Nach der Rechtsprechung des EuGH[1] kann die Übertragung eines Gesellschaftsanteils nur dann zu einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung führen, wenn der Gesellschaftsanteil Teil einer eigenständigen Einheit ist, die eine selbstständige wirtschaftliche Betätigung ermöglicht, und diese Tätigkeit vom Erwerber fortgeführt wird. Eine bloße Veräußerung von Anteilen ohne gleichzeitige Übertragung von Vermögenswerten versetzt den Erwerber nicht in die Lage, eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit als Rechtsnachfolger des Veräußerers fortzuführen.[2] Der BFH[3] hat dann aber für den Sonderfall, dass die Anteile an einer Organgesellschaft veräußert werden und der Erwerber diese Gesellschaft selbst wieder als Organgesellschaft eingliedert, eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung angenommen. Begründet wurde dies damit, dass bei dem Sonderfall der Organschaft sich die wirtschaftliche Tätigkeit des Organträgers nicht in dem Halten der Anteile erstreckt, sondern ihm die unternehmerische Tätigkeit des Organkreises als eigene zuzurechnen ist. Wenn dann ein anderer Organträger an die Stelle des veräußernden Organträgers tritt, führt er die wirtschaftliche Tätigkeit des Veräußerers insoweit fort.

Sollte der Erwerber der Anteile die erworbene Gesellschaft aber nicht als Organgesellschaft eingliedern können, würde die Veräußerung der Anteile, die sich im Unternehmensvermögen befinden, eine sonstige Leistung darstellen, die nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG am Sitz der die Anteile erwerbenden Käuferin ausgeführt ist. Die steuerbare Leistung ist nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfrei.

 
Wichtig

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