1 Begriff

 

Rz. 1

Nach § 247 Abs. 1 HGB sind in der Bilanz u. a. das Anlage- und Umlaufvermögen gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern. Hinzu kommen – allerdings teilweise rechtsformabhängig – nach §§ 246, 266 HGB noch der aktive Rechnungsabgrenzungsposten, aktive latente Steuern und der aktive Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung im Zusammenhang mit Pensionsverpflichtungen, sowie ggf. ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag nach § 268 Abs. 3 HGB um die Aktivseite der Bilanz zu komplettieren. Während der Begriff des Anlagevermögens[1] durch § 247 Abs. 2 HGB dahingehend definiert wird, dass beim Anlagevermögen "nur die Gegenstände auszuweisen (sind), die bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen", hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, den Begriff des Umlaufvermögens im HGB näher zu bestimmen. Auch das Steuerrecht kennt keine gesetzliche Definition.

Daher ergibt sich der Begriff des Umlaufvermögens nach h. M.[2] als Umkehrschluss aus dem des Anlagevermögens; das Umlaufvermögen erfasst also alle Gegenstände, die nicht dazu bestimmt sind, dem Geschäftsbetrieb dauernd zu dienen, sondern zur Veräußerung, Verarbeitung oder zum Verbrauch vorgesehen sind. Die handelsrechtliche Begriffsbestimmung ist auch für die Steuerbilanz maßgebend.[3] Der BFH hat das Umlaufvermögen negativ dahingehend abgegrenzt, dass ihm die Wirtschaftsgüter zuzurechnen sind, die weder Anlagevermögen noch Rechnungsabgrenzungsposten darstellen.[4] Ergänzt werden muss diese Negativabgrenzung um die weiteren oben aufgeführten gesetzlich vorgesehenen Sonderposten.

[2] Vgl. u. a. Schubert/Berberich, in Grottel u. a., Beck’scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 247 HGB Rz. 51.

2 Abgrenzung des Umlaufvermögens

 

Rz. 2

Die Abgrenzung des Umlaufvermögens vom Anlagevermögen ist aus mehreren Gründen von Bedeutung:

  • für beide Vermögenskategorien gelten verschiedene Ansatz- und Bewertungsvorschriften;
  • die Ergebnisse einer finanz- oder liquiditätsorientierten Bilanzanalyse werden entscheidend von den Größen Anlage- und Umlaufvermögen beeinflusst, da Anlagevermögen regelmäßig als langfristig gebundenes Vermögen angesehen wird, während das Umlaufvermögen – ganz oder in Teilen – in das Working Capital eingeht;
  • in der Steuerbilanz sind steuerliche Subventionen wie Sonderabschreibungen, Investitionszulagen und steuerfreie Rücklagen meist nur für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gewährt und
  • Gewinne aus der Veräußerung von Umlaufvermögen im Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe rechnen u. U. nicht zum steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn.[1]

2.1 Beurteilungszeitpunkt

 

Rz. 3

Ob ein Vermögensgegenstand dem Umlauf- oder Anlagevermögen zuzurechnen ist, ist aufgrund des Stichtagsprinzips erstmals zum Bilanzstichtag des Zugangsjahrs unter Berücksichtigung ansatz- und wertaufhellender Umstände zu prüfen.[1] Damit ist jedoch keine endgültige Zuordnung getroffen, vielmehr ist diese Prüfung an jedem folgenden Bilanzstichtag zu wiederholen, da es möglich ist, dass sich die Zweckbestimmung eines Gegenstands ändert. Beispielsweise kann eine ursprünglich dem Anlagevermögen zugerechnete Maschine infolge Stilllegung eines Fertigungsbereichs im Vorratsvermögen zum Verkauf angeboten werden, umgekehrt ein ursprünglich zur Veräußerung hergestellter und als Umlaufvermögen bilanzierter Gegenstand im Betrieb eingesetzt und somit dauerhaft genutzt werden. Gleiches gilt im Falle der Vermietung ursprünglich zum Verkauf bestimmter Waren, die im Zeitpunkt der Vermietung vom Umlauf- ins Anlagevermögen wechseln.[2]

2.2 Abgrenzung zum Sachanlagevermögen

 

Rz. 4

Zur Abgrenzung zwischen Umlauf- und Anlagevermögen ist auf die vorstehende Definition des § 247 Abs. 2 HGB abzustellen. Maßgebendes Abgrenzungskriterium ist die Zweckbestimmung eines Vermögensgegenstands, die sich zum einen aus der Art und Verwendung eines Gegenstands und zum anderen aus dem Willen des Bilanzierenden ableiten lässt.

Zunächst spricht die Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstands zu einer der im Bilanzgliederungsschema des § 266 Abs. 2 HGB aufgeführten Vermögenskategorien für seine Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen.[1] Kann danach keine eindeutige Zuordnung getroffen werden, entscheidet die betriebliche Funktion des Gegenstands über seine Zugehörigkeit zum Anlage- oder Umlaufvermögen. In Anlehnung an die steuerliche Rechtsprechung[2] kann zwischen Gebrauchsgütern und Verbrauchsgütern unterschieden werden. Erstere rechnen zum Anlagevermögen, Zweitere dagegen zum Umlaufvermögen. Gebrauchsgüter sind Nutzungs- und Abnutzungsgüter, deren Existenz die Aufrechterhaltung der Produktionsbereitschaft sichert. Im Gegensatz dazu stehen Verbrauchsgüter ...

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