Rz. 8

Noch schwieriger als die Abgrenzung des Umlaufvermögens gegenüber dem Sachanlagevermögen erweist sich die gegenüber dem Finanzanlagevermögen. Für diese Abgrenzung gelten die vorstehenden Ausführungen zwar entsprechend, jedoch mit einer anderen Gewichtung der Kriterien. Sofern es sich nicht um Beteiligungen[1] i. S. d. § 271 Abs. 1 HGB handelt, die aufgrund der Definition der Bestimmung als Unterstützung zur Herstellung einer dauernden Verbindung zwingend im Anlagevermögen auszuweisen sind, oder der Unternehmenszweck nicht im Handel mit Finanzanlagen im weitesten Sinne besteht und einen Ausweis als Umlaufvermögen nach sich zieht, können Finanzanlagen sowohl Anlage- als auch Umlaufvermögen darstellen, da sie nicht in den betrieblichen Leistungsprozess eingebunden sind; insoweit ist der Wille des Bilanzierenden zunächst ausschlaggebend. Anhaltspunkte für eine Zuordnung kann dabei auch das zeitliche Element, die "Dauer" des Dienens, liefern.[2]

 

Rz. 9

Anteile, die zu Anlagezwecken auf Dauer gehalten werden, rechnen zum Finanzanlagevermögen. Eine Daueranlage wird insbesondere dann vorliegen, wenn Anteile wegen langfristig erwarteter Wertsteigerungen gehalten werden oder wenn mit dem Unternehmen, dessen Anteile gehalten werden, langfristige Geschäftsbeziehungen bestehen und gesichert werden sollen. Werden Anteile dagegen nur erworben, um Liquiditätsüberschüsse kurzfristig anzulegen, und sollen die Anteile bei Liquiditätsbedarf wieder veräußert werden, sind sie dem Umlaufvermögen zuzuordnen. Dabei ist allein auf die Veräußerungsabsicht abzustellen, eine fehlende kurzfristige Veräußerungsmöglichkeit, die bei Anteilen an GmbH und Beteiligungen an Personengesellschaften regelmäßig gegeben sein wird, rechtfertigt noch keinen Ausweis als Umlaufvermögen. Auch andere Positionen des Umlaufvermögens, etwa Fertigerzeugnisse und Waren, werden nicht dadurch zum Anlagevermögen, dass sie vorübergehend nicht abgesetzt werden können.

 

Rz. 10

Was die vorstehend angesprochenen Fristen anbelangt, besteht die Möglichkeit, sich zu ihrer Bestimmung an den für die Einordnung von Kapitalforderungen[3] als Ausleihungen des Anlagevermögens oder Forderungen des Umlaufvermögens verwendeten Laufzeiten zu orientieren, obwohl auch dabei eine zeitliche Grauzone verbleibt. Grundsätzlich rechnen Forderungen mit einer Laufzeit von weniger als 1 Jahr zum Umlaufvermögen. Beträgt die Laufzeit mehr als 4 Jahre, sind sie im Anlagevermögen auszuweisen.[4] Dabei wird jeweils auf die ursprünglich vereinbarte Laufzeit abgestellt, nicht auf die verbleibende Restlaufzeit.[5] Bei Forderungen mit einer Laufzeit von mehr als einem, aber weniger als 4 Jahren liegt es letztlich im Ermessen des Bilanzierenden, sie als Anlage- oder Umlaufvermögen auszuweisen. Da § 268 Abs. 4 HGB fordert, dass bei Forderungen des Umlaufvermögens der Betrag mit einer Restlaufzeit von einem Jahr gesondert auszuweisen ist, für Ausleihungen des Anlagevermögens aber keine vergleichbare Regelung besteht, kann der Ausweis von "mittelfristigen" Forderungen im Umlaufvermögen mit entsprechendem Vermerk zu einem besseren Einblick in die Finanzlage führen als der unkommentierte Ausweis relativ kurzfristiger Forderungen im Anlagevermögen.

[2] Ebenso Schubert/Kehrer, in Grottel u. a., Beck’scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 247 HGB Rz. 356.
[4] Ebenso Schubert/Kehrer, in Grottel u. a., Beck’scher Bilanz-Kommentar, 2020, § 247 HGB Rz. 357.

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