Die Entscheidung, ob ein Produkt aus dem Sortiment genommen wird oder nicht, bedeutet für ein Unternehmen einen wichtigen, wenn nicht sogar existenziellen Schritt. Deshalb muss eine solche Entscheidung besonders sorgfältig getroffen werden. Fehlentscheidungen sind nur schwer zu korrigieren.

 
Hinweis

Fehlentscheidungen bei der Beurteilung der Frage, welche Produkte aus dem Sortiment genommen werden sollen, können durch die reine Vollkostenbetrachtung entstehen.

Praxisbeispiel: Eine Sortimentsbereinigung geht schief!

Ein Unternehmen der Schmuck- und Uhrenindustrie wollte seine Sortimente bereinigen. Kriterium war das Artikelergebnis der einzelnen Produkte. Man trennte sich von vielen Produkten, an denen man vermeintlich nichts mehr verdiente. Aus diesem Grund wurde sogar gleich eine ganze Produktlinie eingestellt. Das Ergebnis war jedoch negativ. Nach der Sortimentsbereinigung waren zwar die Kosten geringer, aber die Ergebnisse schlechter als vorher. Was war passiert?

Bei der Produktbereinigung wurde schlicht mit der falschen Methode gearbeitet. Man hatte nämlich die Produkte auf Basis aller Kosten – auch der auf das Produkt mehr oder weniger willkürlich umgelegten Fixkosten – beurteilt. Grundlage der Entscheidung für die Sortimentsbereinigung war eine Vollkostenrechnung. Das geht meistens schief.

Im Beispiel des Schmuck- und Uhrenunternehmens fielen die variablen Kosten der aus dem Sortiment entfernten Produkte weg und natürlich auch deren Umsätze. Der entscheidende Punkt aber ist: Die Fixkosten blieben und mussten nach der Sortimentsbereinigung von den restlichen Produkten mitgetragen werden.

Das Beispiel aus der Abbildung 1 verdeutlicht den Effekt, der eintritt, wenn man nur die reine Vollkostenrechnung durchführt. Es geht dabei um drei Produkte, die in Bezug auf Ihre Rentabilität beleuchtet werden sollen. Zusammengefasst werden die Kosten und Erlöse der drei Produkte in einer Tabelle (s. Abb. 1).

Abb. 1: Produktergebnisse bei Betrachtung der reinen Vollkostenrechnung

Betrachtet Sie das Ergebnis, könnten Sie zu folgender Fehleinschätzung gelangen: "Offensichtlich hat das Produkt B ein negatives Ergebnis. Trennen wir uns also von diesem Produkt."

Wie sieht das Gesamtergebnis aber nach diesem Entschluss aus? Sie haben sich von dem vermeintlich unrentablen Produkt B getrennt, das Ergebnis ist aber um 50 EUR schlechter als vorher und in der Summe negativ. Die Erklärung: Die Fixkosten sind geblieben und verteilen sich auf die verbleibenden Produkte (s. Abb. 2).

 
Praxis-Tipp

Sie sollten also nicht zu vorschnell Produkte aus dem Sortiment nehmen. Zunächst fällt der Umsatz weg, dann natürlich die variablen Kosten und mit viel Glück einige fixe Kosten.

In diesem Zusammenhang stellen sich drei weitere wichtige Fragen:

  • Hat das vermeintliche unrentable Produkt einen positiven Deckungsbeitrag gebracht?
  • Wie sieht die Deckungsbeitragsdarstellung überhaupt aus?
  • Welche Deckungsbeiträge erbringen die einzelnen Produkte?

Der Deckungsbeitrag I ist der Wert, der übrig bleibt, wenn vom Verkaufspreis die variablen, also die direkten Produktkosten, abgezogen werden und berechnet sich nach folgendem Schema:

Deckungsbeitrag I (Direct Costing) =

Preis (Umsatz) – variable Kosten (Material, direkte Löhne)

In die vorliegende Betrachtung beziehen wir an dieser Stelle nur die erste Stufe der Deckungsbeitragsrechnung ein. Es gibt noch weitere Ergebnisse der stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung, den Deckungsbeitrag II (DB II) und Deckungsbeitrag III (DB III), die für das Beispiel aber nicht von entscheidender Bedeutung sind.

Verzichten Sie also bei der Entscheidungsfindung über die Sortimentsbereinigung mit Hilfe der Methode der Deckungsbeitragsrechnung auf die fragwürdige Einbeziehung der Fixkosten.

Da diese nicht direkt mit dem Produkt zusammenhängen, gibt der Deckungsbeitrag vereinfacht gesagt an, was mit dem Produkt wirklich an Geld verdient wird.

Um das Ergebnis gleich vorweg zu nehmen, die Deckungsbeiträge der drei Produkte aus dem Beispiel stellen sich wie in der Abbildung 3 dar.

Das Minusprodukt erwirtschaftet einen positiven Deckungsbeitrag von 50 EUR (Umsatz minus variable Kosten). Das heißt, mit diesem Produkt werden Fixkosten in Höhe von 50 EUR gedeckt.

Wie sollten Sie also bei der Entscheidung über eine Sortimentsbereinigung vorgehen? Prüfen Sie zunächst immer, ob bei Entfernung eines Produktes die fixen Kosten bleiben. Wenn ja, also bei einem positiven Deckungsbeitrag sollten Sie das Produkt besser behalten.

Sie sollten sich auch stets fragen, ob bei der Entfernung eines Produktes aus dem Sortiment auch die fixen Kosten sinken. Beachten Sie also auf jeden Fall unbedingt den Deckungsbeitrag.

 
Praxis-Tipp

Zusammenfassend noch einmal folgende Faustregeln für Ihre Entscheidungsfindung: Ist der Deckungsbeitrag positiv, wird immer noch am Produkt verdient, denn es wird immerhin ein Teil der Fixkosten gedeckt. Andererseits: Wenn ein Produkt oder eine Leistung nicht einmal die variablen Kosten einfährt, also noch nicht einmal einen Deckungsbeitrag erzielt, d...

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