Überblick

Nachdem der BFH die frühere Rechtsauslegung der Finanzverwaltung zu den Bauleistungen als nicht rechtssicher abgelehnt hatte und der Gesetzgeber in § 27 Abs. 19 UStG eine Regelung aufgenommen hatte, wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen der leistungsempfangende Bauträger die Erstattung der in den Vorjahren angemeldeten und abgeführten Umsatzsteuerbeträge zurückverlangt, war darüber diskutiert worden, ob die in § 27 Abs. 19 UStG enthaltene Aufhebung des Vertrauensschutztatbestands des § 176 AO mit der Verfassung vereinbar sei. Nachdem der BFH unter erweiterten Voraussetzungen § 27 Abs. 19 UStG als mit der Verfassung vereinbar angesehen hatte, nimmt die Finanzverwaltung zur weiteren Umsetzung Stellung.

 

Kommentar

Die rechtliche Problematik

Der BFH[1] hatte 2013 die bisher von der Finanzverwaltung vertretene Auslegung zur Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens bei ausgeführten Bauleistungen[2] verworfen. Während die Finanzverwaltung früher davon ausging, dass der Leistungsempfänger dann zum Steuerschuldner für eine ihm gegenüber ausgeführte Bauleistung wurde, wenn er im vorangegangenem Kalenderjahr mehr als 10 % seiner weltweit ausgeführten Leistungen als Bauleistungen ausgeführt hatte, wurde dies vom BFH als für die Beteiligten nicht rechtssicher feststellbar angesehen. Der BFH sah eine Übertragung der Steuerschuldnerschaft in diesen Fällen nur dann, wenn der Leistungsempfänger die ihm gegenüber ausgeführte Bauleistung selbst unmittelbar für eine Bauleistung verwendet. Nach der Rechtsprechung des BFH waren insbesondere Bauträger[3] nicht mehr Steuerschuldner für ihnen gegenüber ausgeführte Bauleistungen.

Wichtig

Der Gesetzgeber[4] hatte mittelbar die bisher von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung weitestgehend in die Neufassung des § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG übernommen. In der ab dem 1.10.2014 geltenden Neufassung wird der Leistungsempfänger dann zum Steuerschuldner, wenn ihm gegenüber Bauleistungen ausgeführt werden und er selbst nachhaltig solche Leistungen ausführt. Die nach der BFH-Rechtsprechung hergestellte Verknüpfung mit einer unmittelbar damit erbrachten Bauleistung wird so gesetzlich ausgeschlossen. Der Nachweis erfolgt durch die Bescheinigung USt 1 TG, in der dem Leistungsempfänger die Eigenschaft als bauleistender Unternehmer bestätigt wird.

Ein besonderes Problem hatte sich für die Altfälle ergeben. Waren die Beteiligten bei Leistungen bis zum 14.2.2014 davon ausgegangen, dass der Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 UStG a. F. zum Steuerschuldner wird und stellte sich dies in Anwendung der Rechtsprechung des BFH als nicht zutreffend heraus, ergab sich die Frage der umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen.

Im "Kroatienanpassungsgesetz" hatte der Gesetzgeber den Versuch einer Regelung unternommen. Beantragt der Leistungsempfänger für die vor dem 15.2.2014 an ihn erbrachten Leistungen die Erstattung der von ihm im Reverse-Charge-Verfahren berechneten und abgeführten USt soll die Vertrauensschutzregelung des § 176 AO gegenüber dem leistenden Unternehmer nicht gelten. Die Steuerfestsetzung ist gegenüber dem leistenden Unternehmer – soweit nicht Festsetzungsverjährung gegeben ist – zu ändern. Allerdings kann der leistende Unternehmer die ihm nach der Gesetzeslage zustehende zivilrechtliche Forderung auf die USt gegenüber dem Leistungsempfänger an das Finanzamt abtreten. Die Abtretung wirkt unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 UStG an Zahlungs statt.

Insbesondere war umstritten, ob die Aussetzung des Vertrauensschutzes nach § 176 AO mit der Verfassung vereinbar ist. In diversen Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz wie auch in regulären Verfahren kamen die FG zu unterschiedlichen Begründungen und unterschiedlichen Ergebnissen. Beide Senate des BFH[5] hatten unabhängig voneinander die Aussetzung der Vollziehung gewährt. Dabei haben sich beide Senate erst einmal von dem Gedanken leiten lassen, dass eine Aussetzung der Vollziehung bei ernsthaften Zweifeln zu erfolgen hat. Alleine schon aufgrund der unterschiedlichen Entscheidungen der Finanzgerichte und der unterschiedlichen Meinungen auch in der Fachliteratur (wobei die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit deutlich überwiegen), seien Zweifel geboten.

In einer Entscheidung, die die Umsatzsteuerfestsetzung des leistenden Unternehmers betraf, hatte der BFH[6] dann Folgendes entschieden:

  • Eine Umsatzsteuerfestsetzung kann nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann geändert werden, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht.
  • Das Finanzamt hat eine Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG auch dann anzunehmen, wenn der Steueranspruch bereits durch Zahlung getilgt war. Auf das Vorliegen einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis kommt es nicht an.
Wichtig

Voraussetzung für die Anwendung des § 27 Abs. 19 UStG ist nach Auffassung des BFH, dass es einen abtretbaren Anspruch gegenüber dem Bauträger gibt. Dies bed...

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