Rz. 156

Eine Übertragung gegen Gewährung oder Erweiterung von Gesellschaftsrechten liegt vor, wenn der Mitunternehmer ein Wirtschaftsgut gegen erstmalige Gewährung oder Erweiterung von Gesellschaftsrechten auf die Personengesellschaft überträgt und die eintretende Erhöhung des Gesellschaftsvermögens dem Kapitalkonto des einbringenden Gesellschafters gutgeschrieben wird. Dabei muss es sich um das Kapitalkonto handeln, das für die Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen maßgebend ist. Das ist in der Regel das als Kapitalkonto I bezeichnete Kapitalkonto.[1] Das gilt uneingeschränkt dann, wenn sich die Beteiligung nach dem Stand der Kapitalkonten richtet. Dagegen liegt keine Erhöhung von Gesellschaftsrechten vor, wenn durch die unentgeltliche Zuführung eines Wirtschaftsguts lediglich der Wert des Gesellschaftsvermögens, z. B. bei Buchung der Einlage auf das gesamthänderisch gebundene Rücklagenkonto, gesteigert wird.[2]

Die Übertragung von Wirtschaftsgütern gegen Gewährung oder Erweiterung von Gesellschaftsrechten wird auch als Einbringung bezeichnet.[3]

 

Rz. 157

Bringt der Gesellschafter einer Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut seines Privatvermögens in die Personengesellschaft gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten ein, so wird diese offene Sacheinlage als tauschähnlicher Vorgang qualifiziert.[4] Der Unterschied zum Tausch besteht darin, dass kein Leistungsaustausch stattfindet. Die Übertragung des Wirtschaftsguts auf die Personengesellschaft erfolgt auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage. Die Gesellschaft überträgt als Gegenleistung kein Wirtschaftsgut aus ihrem Betriebsvermögen, sondern gewährt neue Gesellschaftsanteile, die durch die Einlage erst geschaffen werden. Wirtschaftlich ist der tauschähnliche Vorgang einem echten Tausch gleichzusetzen, da der Zusammenhang zwischen der Hingabe eines Wirtschaftsguts und dem Erhalt von Gesellschaftsanteilen gegeben ist.

 

Rz. 158

Die Finanzverwaltung geht von einem reinen tauschähnlichen Vorgang nur dann aus, wenn dem Einbringenden als Gegenleistung für das eingebrachte Einzelwirtschaftsgut Gesellschaftsrechte gewährt werden, die dem Wert des Wirtschaftsguts entsprechen (offene Sacheinlage).[5] Eine Gewährung von Gesellschaftsrechten ist anzunehmen, wenn die durch die Übertragung eintretende Erhöhung des Gesellschaftsvermögens dem Kapitalkonto des einbringenden Gesellschafters gutgeschrieben wird, das für seine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen maßgebend ist.[6]

 

Rz. 159

Beim einlegenden Gesellschafter kommt es durch die offene Sacheinlage zu einer Veräußerung des eingebrachten Wirtschaftsguts und bei der übernehmenden Personengesellschaft zu einer Anschaffung. Die empfangende Personengesellschaft hat als Anschaffungskosten den gemeinen Wert der hingegebenen Gesellschaftsrechte zu aktivieren (§ 6 Abs. 6 Satz 1 EStG).

 

Rz. 160

Gesellschaftsrechte werden einem Gesellschafter gewährt, wenn sich seine Gewinnbezugsrechte und/oder seine Auseinandersetzungsansprüche sowie Entnahmerechte in der Gesellschaft erhöhen. Die bloße Gewährung von Stimmrechten stellt allein keine Gegenleistung im Sinne einer Gewährung von Gesellschaftsrechten dar, da Stimmrechte allein keine vermögensmäßige Beteiligung an der Personengesellschaft vermitteln.[7]

 

Rz. 161

Wird die Beteiligung dagegen nach einem unveränderlichen Kapitalkonto oder nach anderen Kriterien festgelegt, z. B. quotenmäßige Beteiligung, kann die Veränderung des Kapitalkontos grundsätzlich nur durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags vorgenommen werden. Der Abschluss eines Veräußerungsvertrags zwischen den die Gesellschafter vertretenden Geschäftsführern und dem Gesellschafter allein reicht nicht aus, da die Änderung des Gesellschaftsvertrags der Zustimmung aller Gesellschafter bzw. der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Mehrheit bedarf. Wird eine Buchung trotzdem auf dem Kapitalkonto vorgenommen, kommt ihr keine Bedeutung zu.[8]

 

Rz. 162

Eine Erhöhung der Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen ist nicht nur durch eine gesellschaftsrechtliche Vereinbarung möglich, sondern muss auch in das Handelsregister (§ 175 HGB) eingetragen werden.[9]

 

Rz. 163

Die Buchung auf dem Darlehenskonto stellt keine offene Sacheinlage dar, da die Finanzverwaltung bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern die gleichzeitige Übernahme von Verbindlichkeiten als Entgelt ansieht. Die entgeltliche Übertragung ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG zu bewerten. Die Gutschrift auf dem Darlehenskonto ist als gestundeter Kaufpreis zu behandeln und führt nicht zur Gewährung von Gesellschaftsrechten.[10] Die Übertragung stellt keine Vermögensmehrung der Gesellschaft dar. Der Gesellschafter erzielt u. U. einen Gewinn i. S. d. § 23 EStG, wenn er innerhalb der Frist von 10 Jahren veräußert hat.[11]

 

Rz. 164

Ist der Wert des übertragenen Wirtschaftsguts höher als der Wert der gewährten Gesellschaftsrechte bzw. der Gutschrift auf dem Darlehenskonto, d. h. steht der Übertragung keine ausreichende Gegenleistung gegenüber, kommt es a...

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