Rz. 87

Kommt es innerhalb der Sperrfrist zu einer schädlichen Veräußerung oder Entnahme i. S. v. § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG, ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der Teilwert des Wirtschaftsguts anzusetzen. Damit sind die in dem Wirtschaftsgut verhafteten stillen Reserven aufzudecken. Der mit der Sperrfristverletzung verbundene rückwirkende Ansatz des Teilwerts für das veräußerte Wirtschaftsgut wird ausschließlich einheitlich angewendet, d. h. bei einer vorherigen Übertragung auf eine Gesamthand wird der rückwirkende Ansatz des Teilwerts in voller Höhe vorgenommen und nicht nur für den Anteil des Wirtschaftsguts, der auf neue Mitunternehmer der Gesamthand übergegangen ist.[1]

 

Rz. 88

 
Praxis-Beispiel

Y und Z sind zu jeweils 50 % an der YZ-OHG beteiligt. Neben der YZ-OHG betreibt Z noch einen Handwerksbetrieb als Einzelunternehmen. Z überträgt aus seinem Einzelunternehmen eine Maschine in das Gesamthandsvermögen der YZ-OHG. Die Maschine wird nach einem Jahr von der YZ-OHG an einen fremden Dritten veräußert.

Lösung:

Die Übertragung der Maschine aus dem Einzelunternehmen des Z in das Gesamthandsvermögen der YZ-OHG hat zunächst zum Buchwert zu erfolgen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG). Aufgrund der schädlichen Veräußerung der Maschine innerhalb der dreijährigen Sperrfrist (§ 6 Abs. 5 Satz 4 EStG), muss die Maschine rückwirkend auf den Tag der Übertragung mit dem Teilwert angesetzt werden. Der Entnahmegewinn fällt beim Einzelunternehmen des Z an. Der Teilwert ist insgesamt anzusetzen und nicht nur für den hälftigen Anteil an der Maschine, der durch die Übertragung auch dem Y zuzurechnen ist.

 

Rz. 89

Ein rückwirkender Ansatz des Teilwerts erfolgt nicht, wenn die bis zum Übertragungszeitraum entstandenen stillen Reserven durch die Bildung einer Ergänzungsbilanz dem übertragenden Mitunternehmer zugeordnet werden. Anhand der Ergänzungsbilanz wird sichergestellt, dass die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven in der Person des übertragenden Mitunternehmers versteuert werden.

 

Rz. 90

Das übertragene Wirtschaftsgut wird in der steuerlichen Hauptbilanz der Mitunternehmerschaft zunächst mit dem Teilwert angesetzt und dieser Wertansatz wird in einer Ergänzungsbilanz spiegelbildlich neutralisiert, ähnlich wie in Einbringungsfällen nach § 24 UmwStG.[2] Von Vorteil kann die Lösung über eine Ergänzungsbilanz dann sein, wenn später der Mitunternehmeranteil veräußert wird. In diesem Fall geht der Gewinn aus der Auflösung der negativen Ergänzungsbilanz im Veräußerungsgewinn auf und ist zusammen mit diesem nach §§ 1634 EStG begünstigt.

 

Rz. 91

Trotz Erstellung einer Ergänzungsbilanz sind nach § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG die stillen Reserven eines nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsguts von vornherein aufzudecken und zu versteuern, wenn auf der Empfängerseite des Übertragungsaktes eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse steht und sie einen Anteil an dem Wirtschaftsgut begründet oder erhöht. Der Anteil der Kapitalgesellschaft an dem Wirtschaftsgut errechnet sich aus der Quote, mit der die Kapitalgesellschaft als Mitunternehmer am Gesamthandsvermögen beteiligt ist. Nicht maßgeblich ist, in welchem Umfang stille Reserven der übertragenen Wirtschaftsgüter auf die Kapitalgesellschaft übergehen. Deshalb ist § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG nach Wortlaut auch anwendbar, wenn die Summe der stillen Reserven der übertragenen Wirtschaftsgüter mittels Ergänzungsbilanzen ausschließlich dem Einbringenden zugeordnet wird.[3]

 

Rz. 92

Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist ein sofortiger (rückwirkender) Ansatz des Teilwerts im Übertragungszeitpunkt auch dann vorzunehmen, wenn mit der Übertragung keine Änderung des Anteils des übertragenen Mitunternehmers an dem übertragenen Wirtschaftsgut eingetreten ist, aber das Wirtschaftsgut einem anderen Rechtsträger zuzuordnen ist. Dies ist insbesondere bei der sog. Einmann-GmbH & Co. KG der Fall, wenn ein Wirtschaftsgut aus einem Betriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft übertragen wird, an deren Vermögen der Übertragende zu 100 % beteiligt ist.

 

Rz. 93

 
Praxis-Beispiel

An einer Y-KG ist Y zu 100 % und eine Z-GmbH zu 0 % beteiligt. Y überträgt aus seinem Einzelunternehmen ein unbebautes Grundstück (Buchwert 100.000 EUR, Teilwert 600.000 EUR) in das Gesamthandsvermögen der Y-KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. Die Y-KG setzt das unbebaute Grundstück mit dem Teilwert in ihrer Gesamthandsbilanz an und erstellt zum Zwecke der Erfolgsneutralität des Vorgangs eine negative Ergänzungsbilanz für Y mit einem Minderwert des unbebauten Grundstücks von 500.000 EUR. Das unbebaute Grundstück wird ein halbes Jahr nach der Übertragung an einen fremden Dritten veräußert.

Lösung:

Zum Übertragungszeitpunkt ist der Teilwert des Grundstücks anzusetzen. Y versteuert somit – wie auch durch die Erstellung der Ergänzungsbilanz sichergestellt – die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven (500.000 EUR). Die Versteuerung erfolgt jedoch nicht erst im Veräußerungs...

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