Rz. 34

Die Fortführung des Buchwertansatzes ist nur möglich, wenn die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die steuerliche Erfassung der in den überführten Wirtschaftsgütern ruhenden stillen Reserven auch im Zeitpunkt einer späteren Veräußerung gewährleistet bleibt und zusätzlich diejenigen stillen Reserven umfasst, die sich erst nach der Überführung (künftige stille Reserven) gebildet haben. Maßgeblich ist die Sicherstellung der steuerlichen Erfassung der stillen Reserven im Inland.[1]

 

Rz. 35

Zu einer Aufdeckung von stillen Reserven kann es bei einer Veräußerung oder Entnahme des einzelnen Wirtschaftsguts sowie aufgrund einer Betriebsveräußerung kommen. Liegt zwar keine Entnahme durch Überführung in den außerbetrieblichen Bereich vor, ist aber nach einer Nutzungsänderung die Besteuerung der stillen Reserven (Steuerverstrickung) nicht gesichert, kommt es zur Entnahme zum Teilwert (Steuerentstrickung). Ein derartiger Fall ist z. B. gegeben, wenn ein Wirtschaftsgut aus einem gewerblichen Betriebsvermögen in einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft – mit Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nach § 13a EStG – desselben Steuerpflichtigen überführt wird. Die Besteuerung der stillen Reserven wäre sonst nicht gesichert (§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG).[2]

 

Rz. 36

Nach Ansicht der Finanzverwaltung liegt eine Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven u. a. auch dann nicht vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zugeordnetes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zugeordnet wird.[3] Ein solcher Fall soll eine Steuerentstrickung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG auslösen.

 

Rz. 37

 
Praxis-Beispiel

Z überführt in 10 eine Maschine (Buchwert: 200.000 EUR, Teilwert 350.000 EUR) aus dem Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens in sein Sonderbetriebsvermögen bei YZ-OHG. In 14 wird die Maschine einer ausländischen Betriebsstätte der Personengesellschaft zugeordnet.

Lösung:

Die Maschine muss in 10 nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG zwingend zum Buchwert von 200.000 EUR in das Sonderbetriebsvermögen bei der YZ-OHG übertragen werden. Durch die Zuordnung zu der ausländischen Betriebsstätte der YZ-OHG in 14 ist die Besteuerung der stillen Reserven nicht mehr sichergestellt (§ 6 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz EStG). Die Überführung müsste daher rückwirkend mit dem Teilwert erfolgen. Die bis 10 entstandenen stillen Reserven i. H. v. 150.000 EUR müsste Z im Rahmen seines Einzelunternehmens versteuern.[4]

 

Rz. 38

Die Überführung von Wirtschaftsgütern des Anlage- und Umlaufvermögens in eine ausländische Betriebsstätte des inländischen Stammhauses, die entweder in einem Nicht-DBA-Staat unterhalten wird oder für die nach einem DBA die Anrechnungsmethode gilt, löst keine Besteuerung aus, wenn die Erfassung der stillen Reserven gewährleistet ist.[5]

 

Rz. 39

Wahlweise kann der Steuerpflichtige den Gewinn aus der Überführung von Wirtschaftsgütern bereits im Zeitpunkt der Überführung bei der inländischen Besteuerung berücksichtigen oder von der aufgeschobenen Gewinnrealisierung in "echte" Betriebsstätten Gebrauch machen. Hierbei ist zu beachten, dass der Steuerpflichtige das Wahlrecht zur sofortigen Gewinnverwirklichung für jedes Wirtschaftsjahr und jede Betriebsstätte getrennt ausüben kann. Dabei kann die Wahl für die Wirtschaftsgüter des Anlage- und des Umlaufvermögens jeweils unterschiedlich sein, jedoch nur einheitlich für jede dieser Vermögensarten getroffen werden. Die für ein Wirtschaftsgut gewählte steuerliche Behandlung kann nicht mehr geändert werden.

 

Rz. 40

Wirtschaftsgüter, die bei beschränkter Steuerpflicht aus der inländischen Betriebsstätte in das ausländische Stammhaus oder dessen ausländische Betriebsstätte überführt werden, scheiden aus der deutschen Besteuerungshoheit aus. Deshalb sind die stillen Reserven im Zeitpunkt der Überführung zu besteuern. Der Überführungswert entspricht dem Fremdvergleichspreis im Zeitpunkt der Überführung.[6]

[1] Ehmcke, in Blümich, EStG, KStG, GewStG, 2018, § 6 EStG Rz. 1291.
[3] Vgl. BMF, Schreiben v. 8.12.2011, IV C 6 – S 2241/10/100002, BStBl 2011 I S. 1279, Rz. 7.
[4] Gragert/Wißborn, NWB 2012, S. 974.

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