Ein wesentliches Prüffeld der Finanzverwaltung ist die Ordnungsmäßigkeit von Eingangsrechnungen und der damit verbundene Vorsteuerabzug des Rechnungsempfängers. Da Fehler in den Rechnungsdokumenten nach wie vor an der Tagesordnung sind, existiert hier stets ein latentes Risiko für alle (dem Grunde nach) zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer. Einer sorgfältigen Prüfung der Eingangsrechnungen ist oberste Priorität einzuräumen. Werden Fehler erkannt, sollte der Rechnungsaussteller unverzüglich zur Berichtigung aufgefordert werden.

 
Praxis-Beispiel

Fehlender Leistungszeitpunkt

Im Januar 2021 erkennt Unternehmer U (Leistungsempfänger), dass in einer Rechnung von Anfang Dezember 2020 die Angabe des Leistungszeitpunkts fehlt. Nach Reklamation beim Rechnungsaussteller verschickt dieser im Februar 2021

a) eine Stornorechnung und fügt einen neuen, vollständigen Rechnungsbeleg bei,
b) einen einfachen Brief, der konkret auf die Rechnung bezogen ist und den Leistungszeitpunkt enthält.

Nachdem der EuGH eine rückwirkende Rechnungsberichtigung bereits "frühzeitig" dem Grunde nach ermöglicht hatte[1], mussteder BFH dieser Rechtsprechung folgen.[2] Erst 4 Jahre danach konnte sich dann auch die Finanzverwaltung dazu durchringen und klarstellen, dass eine Berichtigung zumindest der "Nebenbestimmungen" einer Rechnung mit Wirkung für die Vergangenheit möglich ist.[3]

Nachdem längere Zeit Unsicherheit darüber bestand, ob auch Stornorechnungen zu einer wirksamen rückwirkenden Rechnungsberichtigung führen können, wurde dies durch die neuere Verwaltungsauffassung ausdrücklich bestätigt.[4] Die "berichtigte Rechnung" aus dem Jahr 2021 berechtigt U daher in Variante a) grds. zum Vorsteuerabzug für das Jahr 2020. Akzeptiert man eine Berichtigung durch Stornorechnung und Neuausstellung einer Rechnung, ist natürlich zu beachten, dass die neue Rechnung dann womöglich nicht mehr zu den bisher im Jahr des Leistungsbezugs "verbuchten Daten" passt – je nachdem, welches Datum und welche Rechnungsnummer vom Rechnungsaussteller verwendet werden. Außerdem besteht vereinzelt eine gewisse Gefahr, dass die neue Rechnung in den aktuellen "Buchungskreislauf" eingeht und (nochmals) im laufenden Jahr erfasst wird.

Es ist daher aus meiner Sicht vielfach vorzugswürdig, Rechnungen, die formelle oder einzelne materielle Fehler enthalten, möglichst nicht zu stornieren, sondern wie in Variante b) "lediglich" zu ergänzen bzw. zu berichtigen.

Eine solche Ergänzung/Berichtigung ist durch einfachen Brief möglich, der spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist, insbesondere durch Hinweis auf das ursprüngliche Rechnungsdatum und die ursprüngliche Rechnungsnummer.[5]

Ob eine Rechnungskorrektur überhaupt Rückwirkung entfaltet, muss unabhängig von der Form der Berichtigung immer im Einzelfall geprüft werden, da die Finanzverwaltung für besonders schwere Fehler eine rückwirkende Berichtigung nach wie vor ausschließt.[6] Dennoch sollte natürlich auch in diesen Fällen möglichst zeitnah eine Korrektur erfolgen.

 
Praxis-Tipp

Kulanz der Finanzverwaltung

Fehlt die Angabe des Leistungszeitpunkts in der Rechnung, hat der Unternehmer auch nach offizieller Verwaltungsmeinung[7] noch die Möglichkeit, den Zeitpunkt anhand sonstiger Geschäftsunterlagen (z. B. Lieferschein) zu ergänzen oder nachzuweisen. In Einzelfällen kann sich der Leistungszeitpunkt nach neuerer Verwaltungsauffassung auch aus dem Rechnungsdatum ergeben, wenn keine Zweifel daran bestehen, dass die Leistung in dem Monat der Rechnungsstellung ausgeführt wurde.[8] Um Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden, sollte der Rechnungsempfänger allerdings rein vorsorglich weiterhin darauf bestehen, dass der Leistungszeitpunkt in der Rechnung möglichst immer gesondert aufgeführt wird.

Da Beanstandungen an bereits versandten Rechnungen vom leistenden Unternehmer oftmals als überflüssig, zumindest aber als Störung des Betriebsablaufs empfunden werden, hat es sich zumindest bei hohen Rechnungsbeträgen bewährt, dass der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer dem Rechnungsaussteller bereits einen Formulierungsvorschlag für das rechnungsergänzende Dokument unterbreitet, sofern die Berichtigung nicht durch Stornierung oder Neuausstellung vorgenommen werden soll. Damit stellt er zugleich weitgehend sicher, dass die Rechnungsergänzung in dem von ihm gewünschten Maße erfolgt.

 
Wichtig

Korrekturbeleg sollte dem Finanzamt rechtzeitig vorliegen

Generell sollte natürlich darauf geachtet werden, dass der Korrekturbeleg möglichst vor Erlass des ablehnenden Verwaltungsaktes bei der im Finanzamt für die Festsetzung der Umsatzsteuer zuständigen Stelle eingeht, wenngleich Rechtsprechung und (mittlerweile) auch die Finanzverwaltung eine Vorlage bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG für ausreichend halten[9]

 
Praxis-Beispiel

Versehentlicher Hinweis auf Reverse-Charge-Verfahren

Unternehmer B erhält eine Rechnung, in der wegen eines Irrtums des Rechnungsausstellers darauf hingewiesen wird, dass der Leistungsempfänger (B) di...

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