Messbare versus nicht messbare Faktoren

Nicht alle klassischen, aus Produktionsunternehmen bekannten Controlling-Messgrößen lassen sich auf das Servicegeschäft anwenden. Zum einen fehlt als Bezugsgröße der zählbare, standardisierte Output, da es kein Äquivalent zu Stückzahlen gibt. Auch die Qualität einer Leistung ist objektiv schwer messbar – da die subjektiv wahrgenommene Qualität stark von der erwarteten Qualität abhängt. Die Nacharbeit bei fehlerhaften oder unbefriedigenden Leistungen wird bei Voith Industrial Services normalerweise noch nicht separat erfasst.

Aus diesen Gründen ist es schwierig, eine Aussage darüber zu treffen, inwiefern sich die Produktivität verbessert hat. Auch das Verfolgen der Entwicklung der Preisqualität in Form der Gross Margin von Dienstleistungen im Zeitverlauf sowie der Vergleich mit anderen internen oder externen Anbietern erwies sich bisher noch als schwierig.

Einheitliche Controlling-Standards erfordern hohes Maß an Abstraktion

Wenn nun das gruppenweite Controlling mit einheitlichen Standardinstrumenten sämtliche Gesellschaften und Geschäfte erfassen will, erfordert dies aufgrund der beschriebenen Rahmenbedingungen ein hohes Maß an Abstraktion – weg von den jeweiligen lokalen oder auftragsspezifischen Besonderheiten. Wird das geeignete Abstraktionsniveau erreicht, unterscheiden sich Controlling-Tools und -Kennzahlen für Voith Industrial Services nicht mehr wesentlich von denjenigen des Liefergeschäfts. Der Fokus muss jedoch auf anderen Schwerpunkten liegen (z. B. Personalkosten vs. Materialkosten, Forderungen vs. Vorräte).

3.1 Kennzahlen für Preisqualität und Produktivität

Kennzahlen als Indikatoren für Fehlentwicklungen

Für Voith Industrial Services haben wir als Kennzahlen für Preisqualität und Produktivität die nachfolgenden Kennzahlen entwickelt, die, bedingt durch die genannten Schwierigkeiten, jedoch nur als Indikatoren für mögliche Fehlentwicklungen zu werten sind:

  • Preisqualität: Mithilfe dieser Kennzahl soll erfasst werden, ob die operativen Einheiten von Voith Industrial Services im Durchschnitt über ihre einzelnen Aufträge in der Lage sind, ihr erzieltes Preisniveau zu halten bzw. sogar zu verbessern.
 

Preisqualität = Gross Margin =

Gesamtleistung – Materialaufwand – Kosten direktes Personal
  • Produktivität: Hinsichtlich der Produktivität unterscheidet Voith Industrial Services zwischen der Produktivität des direkten und indirekten Personals. Die Produktivität des direkten Personals drückt aus, wie viele produktive Stunden erforderlich sind, um eine bestimmte Wertschöpfung zu erbringen. Die Produktivität steigt, wenn der Wert der Kennzahl sinkt. Die Produktivität des indirekten Personals drückt aus, wie viel indirektes Personal zur Betreuung des direkten Personals erforderlich ist.
 

Direktes Personal:

Produktivität = Produktive Stunden (h) / Wertschöpfung (EUR)

Indirektes Personal:

Produktivität = Anzahl indirekte FTE[1] / 100 direkte FTE

Flexibilität bei Kapazität und Anlagevermögen

Da der Dienstleister Flexibilität verkauft, muss er seinerseits ebenfalls interne Flexibilität sicherstellen. Die Leistungen des Servicegeschäfts sind nicht lagerfähig und Nachfrageschwankungen müssen durch externe Kapazitätsreserven oder Sublieferanten ausgeglichen werden. Darum ist ein hohes Maß an Flexibilität in der Personalkapazität ebenso wie im Anlagevermögen erforderlich (s. hierzu auch Kapitel 4). Im Hinblick auf das Anlagevermögen gibt es bei Voith Industrial Services deshalb die Maßgabe, auftragsbezogenes Gerät nach Möglichkeit nur zu leasen und Gebäude zu mieten.

[1] FTE = Full Time Equivalents, d. h. individuelle Beschäftigungszeiten, umgerechnet in Vollzeitarbeitsplätze.

3.2 Vorgaben für das Kostenmanagement

Forderungsmanagement im Mittelpunkt

Sowohl die Kosten- als auch die Vermögensstruktur eines Dienstleisters unterscheiden sich erheblich von denjenigen eines produzierenden Unternehmens. Bei Voith Industrial Services sind etwa 60 % der Kosten Personalkosten. Die Ergebnissteuerung erfolgt deshalb direkt über die Höhe der Personalkosten, weniger über die Mitarbeiteranzahl. Letztere ergibt sich dann über die Höhe der zulässigen Personalkosten.

Das betriebsnotwendige Vermögen eines Dienstleisters strukturiert sich etwa wie folgt: 95 % des betriebsnotwendigen Vermögens sind Forderungen. Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen liegen bei 35 %, ebenso wie das Anlagevermögen. Daher kommt dem Forderungsmanagement eine besondere Relevanz zu.

Service als kurzfristiges Geschäft

Dazu kommt, dass Dienstleistungen ein sehr schnelles und oft kurzfristiges Geschäft sind. Ein zeitnahes, monatliches Reporting ist essenziell, um auf Schwankungen flexibel reagieren zu können. Da der Voith-Konzern überwiegend im langfristigen Großanlagenbau tätig ist und somit ein quartalsweises Reporting ausreichend war, nimmt Voith Industrial Services mit einem umfassenden monatlichen Reporting eine Vorreiterrolle innerhalb des Konzerns ein.

Serviceimplikationen in Zeiten der Rezession

Die Auswirkungen der Kurzlebigkeit des Geschäfts werden, wie in Abb. 2 ersichtlich, vor allem in Zeiten einer R...

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