rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Stellplatzvermietung als gegenüber der Vermietung einer Wohnung selbständige, umsatzsteuerpflichtige Leistung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Auffassung, dass es sich bei der Vermietung von Stellplätzen stets um eine unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung als Hauptleistung handele, wenn Wohnung bzw. Stellplatz von ein und demselben Vermieter an jeweils ein und denselben Mieter vermietet werden, findet keine hinreichende Grundlage in der EuGH-Rechtsprechung.

2. Gesonderte Verträge und somit eine gesonderte Rechnungslegung allein ändern nichts an einer objektiven engen Verbindung zwischen verschiedenen Vermietungsleistungen, die zu einer einheitlichen Leistung führt.

3. Ein enger räumlicher Zusammenhang zwischen der umsatzsteuerfreien Vermietung der Wohnungen und der steuerpflichtigen Vermietung der Stellplätze ist zu verneinen, wenn der Zugang zu den Tiefgaragenstellplätzen auch Mietern, die nicht zugleich auch eine Wohnung in dem Objekt gemietet haben, ohne Betreten des Wohnhauses möglich ist.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 6, § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a, S. 2, § 15a; EGRL 112/2006 Art. 135 Abs. 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.12.2020; Aktenzeichen V R 41/19)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte berechtigt war, Vorsteuerbeträge i.H.v. 3.188,36 EUR, die auf die an Wohnungsmieter überlassene Stellplätze entfielen, nach § 15a UStG zu berichtigen. In der Sache ist streitig, ob die Vermietung der Stellplätze umsatzsteuerpflichtig ist oder – wie der Beklagte meint – als untrennbare Nebenleistung das steuerliche Schicksal der umsatzsteuerfreien Wohnungsvermietung teilt.

Der Kläger errichtete in den Jahren 2011 bis 2014 in A einen Gebäudekomplex. Dieser besteht aus einem Vorderhaus, einem Zwischenkomplex und einem Hinterhaus. Hierbei befanden sich im Vorder- und im Hinterhaus die Beherbergungseinheiten. Im Verbindungsteil zwischen beiden Häusern wurden Tiefgaragenstellplätze errichtet. Der Zugang zur Tiefgarage ist möglich, ohne das Mietgebäude zu betreten.

Nach der ursprünglichen Planung sollte der gesamte Gebäudekomplex zur kurzfristigen Beherbergung dienen. Deshalb machte der Kläger während der Errichtungsphase in Rechnung gestellte Vorsteuerbeträge geltend.

Im Jahr 2012 und 2013 gewährte der Beklagte den Vorsteuerabzug aus der Errichtung des Gebäudes nebst Tiefgarage mit 15 Stellplätzen, da der Kläger beabsichtigte, steuerpflichtige Ausgangsumsätze auszuführen.

Im Jahr 2014 änderte sich die Nutzungskonzeption. Für die leerstehenden Flächen im Gebäude änderte sich die Verwendungsabsicht zum 1.7.2014 durch die Einschaltung eines Maklers, der die Flächen für Wohnzwecke anbot. Der Kläger vermietete nun nur noch einen Teil der Einheiten umsatzsteuerpflichtig zu kurzfristigen Beherbergungszwecken. Andere Gebäudeteile vermietete er umsatzsteuerfrei dauerhaft zu Wohnzwecken. Die auf diese Gebäudeteile während der Bauphase geltend gemachten Vorsteuerbeträge werden laufend nach § 15a UStG berichtigt.

Die Tiefgaragenstellplätze wurden zum Teil selbst genutzt und zum größten Teil umsatzsteuerpflichtig vermietet. Für diese Vermietung schloss der Kläger mit den Nutzern jeweils einen gesonderten Mietvertrag mit separat ausgewiesener Umsatzsteuer ab. Die Mietverträge über die Wohnungen und über die Stellplätze haben unterschiedliche Kündigungsfristen. Ein Teil der Mieter der Tiefgaragenstellplätze war gleichzeitig auch Mieter einer Wohneinheit. Im Jahr 2014 wurden zwei Stellplätze selbst genutzt, ein Stellplatz diente als Besucherstellplatz für die Patientenappartements, zehn Stellplätze vermietete der Kläger an Mieter im Haus und zwei Stellplätze an nicht im Haus wohnende Mieter.

Nach den Feststellungen einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Zeiträume 2012, 2013 und l. bis lll. Quartal 2014 bilde die Überlassung der Wohnung und die Überlassung des Stellplatzes an den jeweiligen Wohnungsmieter eine einheitliche Leistung, wobei die Stellplatzvermietung als eine unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung als Hauptleistung zu qualifizieren sei. Die Vorsteuerbeträge, die auf die zehn an Wohnungsmieter überlassenen Stellplätze entfielen, unterlägen mithin wie die Wohnflächen, die steuerfrei vermietet wurden bzw. werden sollten, der Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG.

Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 29.09.2017 einen Umsatzsteuerbescheid für 2014, in dem er anteilig durch den Kläger geltend gemachte Vorsteuerbeträge i.H.v. 3.188,36 EUR, die auf die an Wohnungsmieter überlassene Stellplätze entfielen, nach § 15a UStG berichtigte.

Im Rahmen seines hiergegen gerichteten Einspruchs machte der Kläger geltend, die Annahme einer einheitlichen Leistung führe zu einer Vermischung von unterschiedlichen Leistungen, die nicht mit dem europäischen Mehrwertsteuersystem vereinbar sei. Unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung (vgl. EuGH-Urteil vom 16.04.2015 C-42/14 Wojskowa Agencja ...

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