Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung einer Einlage einer wesentlichen Beteiligung an einer GmbH in ein Betriebsvermögen, wenn der Einlegende die Beteiligung in mehreren Teilschritten erworben hat, anfangs nicht wesentlich beteiligt war und sich zeitweise infolge von Ausschüttungen aus dem EK 04 der GmbH negative Anschaffungskosten für die Beteiligung errechnet haben

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Einlage einer wesentlichen Beteiligung an einer GmbH i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG in ein Betriebsvermögen ist auch dann nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. b EStG mit den – unter dem Teilwert liegenden – Anschaffungskosten zu bewerten, wenn der Einlegende die Beteiligung in mehreren Teilschritten erworben und nicht von Anfang an, sondern erst ab Hinzuerwerb von weiteren Anteilen erstmalig wesentlich i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG beteiligt war (im Streitfall: Überschreiten der damaligen Wesentlichkeitsgrenze von 25% durch einen Hinzuerwerb von Anteilen im Jahr 1998).

2. Noch unter Geltung des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens von der GmbH zu einer Zeit, als der Gesellschafter noch nicht wesentlich beteiligt war, vorgenommene Ausschüttungen aus dem EK 04 mindern auch dann in voller Höhe die für die Bewertung der späteren Einlage maßgeblichen Anschaffungskosten, wenn zum Zeitpunkt der Ausschüttungen die Ausschüttungen die bis dahin von dem Gesellschafter ausgewendeten Anschaffungskosten überstiegen, sich also zu diesem Zeitpunkt im Privatvermögen des Gesellschafters „negative Anschaffungskosten” errechnet haben, und wenn die gesamten Anschaffungskosten für die gesamte Beteiligung erst unter Berücksichtigung der bei einem späteren Hinzuerwerb von weiteren Anteilen aufgewendeten Anschaffungskosten der Höhe nach die gesamten Ausschüttungen der GmbH aus dem EK 04 überstiegen haben. Diese „negativen Anschaffungskosten” für früher erworbene Anteile sind also mit erst später aufgewendeten Anschaffungskosten für andere, weitere Anteile an der GmbH zur Ermittlung der gesamten Anschaffungskosten der Beteiligung zu verrechnen; insoweit kommt eine isolierte Betrachtung der jeweiligen Anteile nicht in Betracht, wenn die von dem Gesellschafter im Wege mehrerer Teilerwerbe erworbenen Anteile später zusammengelegt worden sind.

3. Eine Ausschüttung aus dem EK 04 hatte im Rahmen der Besteuerung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG stets eine Minderung der Anschaffungskosten zur Folge, und zwar auch dann, wenn der Betrag der Anschaffungskosten dadurch negativ wurde.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. b, § 17 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 4 S. 1; KStG 1990 § 30 Abs. 2 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.06.2022; Aktenzeichen IV R 19/18)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, mit welchem Wert eine im Jahr 2004 in das Betriebsvermögen der Klägerin eingelegte Beteiligung anzusetzen ist, insbesondere über die Fragen, ob negative Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Einlagewertes zu berücksichtigen sind und deshalb Gewinnausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto, die den Buchwert der Beteiligung überschreiten, den Gewinn erhöhen.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co KG, die mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 2. August 2004 gegründet und am 30. September 2004 ins Handelsregister eingetragen wurde. Komplementärin ist die A-Beteiligungsgesellschaft mbH und alleiniger Kommanditist ist Herr B. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Erwerb, die Veräußerung und die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere die Beteiligung an anderen Gesellschaften. Zur Geschäftsführung und Vertretung ist die Komplementärin allein berechtigt und verpflichtet, welche durch den alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer B vertreten wird. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Herr B war ausweislich des notariellen Vertrages vom 23. Dezember 2004 über die Abtretung eines GmbH-Geschäftsanteils am nominellen Stammkapital von 2.600.000 Euro der C-GmbH mit Sitz in D (folgend: GmbH) im Dezember 2004 mit einem Geschäftsanteil in Höhe von nominal 780.000 Euro (30 v. H.) beteiligt. Seinen Anteil hatte Herr B im Wege mehrerer Teilerwerbe und Zusammenlegung im Rahmen der Euro-Glättung zur Urkunde des Notars E in D erworben. Die Beteiligung hielt er bis zur Einlage in das Betriebsvermögen der Klägerin im Privatvermögen.

Das Finanzamt F führte im Jahr 2007 bei der GmbH eine Betriebsprüfung durch. Der Betriebsprüfer H vertrat in Übereinstimmung mit den Bevollmächtigten der GmbH die Auffassung, dass die Anschaffungskosten (AK) der Anteile an der GmbH für Herrn B u.a. wie folgt zu ermitteln seien:

Vorgang

Zeitpunkt

Anteil

Anschaffungskosten

Beteiligungsverhältnisse aus der Gründung der S & S Beteiligungs-GmbH

01.10.1991

19,50 %

78.000,00 DM

Neue Beteiligungsverhältnisse aus Abtretung

11.10.1994

21,675 %

auf 86.700,00 DM

Verschmelzung auf die GmbH

11.10.1994

21,675 %

86.700,00 DM

Ausschüttung aus EK 04 am 23.11.1995 für Wirtschaftsjahr 1995 i. H....

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