Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsaufspaltung bei Grundstücksverpachtung an gemeinnützige GmbH zum Betrieb einer staatlich anerkannten Ersatzschule. Teilnahme des Besitzunternehmens an der sachlichen Gewerbesteuerbefreiung der Betriebsgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gegen das von der Rechtsprechung entwickelte Institut der Betriebsaufspaltung bestehen keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken.

2. Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer gemeinnützigen GmbH dieser ein Grundstück zum Betrieb einer staatlich anerkannten Ersatzschule verpachtet.

3. Die Gewerbesteuerbefreiung der Betriebskapitalgesellschaft lässt die sachliche Verflechtung nicht entfallen.

4. Das Besitzunternehmen nimmt an der sachlichen Gewerbesteuerbefreiung der Betriebskapitalgesellschaft nach § 3 Nrn. 6 und 13 GewStG teil.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2 S. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2, § 3 Nrn. 6, 13

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.02.2019; Aktenzeichen X R 42/16)

BFH (Urteil vom 19.02.2019; Aktenzeichen X R 42/16)

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob die Einnahmen des Klägers aus der Verpachtung eines Grundstücks an die A gGmbH in den Kalenderjahren 2010 bis 2012 als Vermietungs- oder gewerbliche Einkünfte zu erfassen sind.

Der Kläger war seit dem 31.12.1995 und noch in den Streitjahren 2010 bis 2012 Eigentümer des G 1. Ab 1997 verpachtete er das Grundstück an die A B GmbH (nachfolgend A). Mit Kaufvertrag vom 18.12.2014 (Übergang Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren am 02.01.2015) verkaufte der Kläger das Grundstück für einen Kaufpreis von 2.200.000,00 EUR an die A gGmbH (Bl. 150ff. Einspruchsakte).

Die A betreibt dort eine private Berufsschule, die die Schüler auf dem gepachteten Grundstück ausbildet. Für sämtliche in den Streitjahren in dem Gebäude durchgeführten Bildungsgänge (Bl. 112 d. A.) legte der Kläger Genehmigungen des Thüringer Kultusministeriums als staatlich anerkannte Ersatzschule vor (Bl. 103-106 und 118-123 d. A.).

Seit der Gründung der A am 01.01.1999 und in den Streitjahren hielt der Kläger 90% der Anteile und war alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen nach § 181 BGB befreiter Geschäftsführer. Die A ist als gemeinnützig und damit nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 3 Nr. 6 GewStG als steuerbegünstigt anerkannt. Auf den Freistellungsbescheid des Finanzamtes vom 06.02.2014 (Bl. 132f. Einspruchsakte) wird verwiesen.

Der Beklagte führte bei dem Kläger Ende 1999 bis November 2000 eine Betriebsprüfung für die Kalenderjahre 1996 bis 1998 durch. Nach den Feststellungen dieser Betriebsprüfung liegen die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung mit der A gGmbH im Zusammenhang mit der Verpachtung des genannten Grundstücks vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den BP-Bericht vom 03.01.2001 verwiesen. In dem Verfahren des Thüringer Finanzgerichts (1 K 932/07) begehrten die Kläger eine Umqualifizierung der Einkünfte in den Einkommensteuerbescheiden 1997 und 1998, weil sie – wie vorliegend – eine Betriebsaufspaltung verneinten. Die Klage war mangels Beschwer unzulässig, was der BFH in dem Verfahren X B 222/10 bestätigt hat.

In den Einkommensteuerbescheiden für 2010 vom 01.04.2015, für 2011 vom 27.06.2013 (geänderte Fassung vom 01.04.2015) und für 2012 vom 18.02.2014 (geänderte Fassung vom 22.04.2015) qualifizierte der Beklagte die Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung der Immobilie G 1 in Einkünfte aus Gewerbebetrieb um und verwies auf die Ergebnisse der Betriebsprüfung. Hiergegen wandten sich die Kläger jeweils mit ihren Einsprüchen.

Gegen die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2010, für 2011 und für 2012, jeweils vom 10.04.2015 (Bl. 33ff. d. A.) legte der Kläger ebenfalls Einspruch ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 01.10.2015 (Bl. 121ff. Einspruchsakte) wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Hierauf wird verwiesen.

Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Sie sind weiterhin der Auffassung, es liege keine Betriebsaufspaltung vor. Der Begriff der Betriebsaufspaltung sei von der Rechtsprechung entwickelt worden und bislang nicht gesetzlich normiert. Mangels gesetzlicher Grundlage seien die Voraussetzungen und Rechtsfolgen nicht bestimmbar. Es liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips vor.

Die Betriebsaufspaltung erfordere eine gewerbliche tätige Gesellschaft, welche nicht vorliege. Die A sei nach § 3 Nr. 6 und 13 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) von der Gewerbesteuer befreit. Alleiniger Zweck der A gGmbH sei das Betreiben von staatlich anerkannten beruflichen und allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft. Die A sei als gemeinnützige Gesellschaft nach § 55 der Abgabenordnung (AO) selbstlos tätig, da sie nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolge. Die Unterhaltung von staatlich anerkannten beruflichen und allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft erfolge nicht im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Gesc...

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