Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Rückstellung einer Steuerberatungsgesellschaft für freiwillige zehnjährige Aufbewahrung von Mandantendaten im Rechenzentrum der DATEV

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Trägt eine Steuerberatungsgesellschaft ohne eine zivilrechtliche Verpflichtung freiwillig zur Kundenbindung im Rahmen noch bestehender Mandatsverhältnisse die Kosten einer zehnjährigen Aufbewahrung der Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum, so ist sie insoweit nicht zur Bildung einer gewinnmindernden Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten berechtigt.

2. Auch für Verpflichtungen, die sich aus öffentlichem Recht ergeben (Geld- oder Sachleistungsverpflichtungen), können Rückstellungen gebildet werden, wenn u. a. die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist. Es besteht aber keine öffentlich-rechtliche Verpflichtung von steuerberatenden Unternehmern und Unternehmen zur Aufbewahrung von Mandantendaten auf eigene Kosten; auch § 66 Abs. 1 StBerG, wonach ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter für die Dauer von 10 Jahren nach Beendigung des Auftrags die Handakten aufzubewahren hat, begründet keine derartige öffentlich-rechtliche Verpflichtung (Anschluss an FG Köln, Urteil v. 3.3.2010, 14 K 4943/07).

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1; HGB § 249 Abs. 1 S. 1; StBerG § 66 Abs. 1, 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.02.2019; Aktenzeichen XI R 42/17)

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob die Klägerin im Streitjahr für die Kosten der 10-jährigen Aufbewahrung von Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum eine gewinnmindernde Rückstellung in Höhe von 85.806 EUR bilden kann.

Die Klägerin ist eine Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Ihren Gewinn ermittelt die Klägerin durch Betriebsvermögensvergleich. In der Bilanz auf den 31. Dezember 2010 stellte die Klägerin eine Rückstellung für Aufbewahrungsverpflichtungen in Höhe von insgesamt 99.336 EUR gewinnmindernd ein. Im Rahmen einer vom 11. März bis zum 10. Juni 2014 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung bezüglich des Zeitraums 2008 bis 2010 stellte die Prüferin fest, dass sich diese Rückstellung aus einer Rückstellung für die Kosten im Zusammenhang mit der Aufbewahrung der eigenen Buchführungsunterlagen in Höhe von 13.530 EUR und aus einer Rückstellung für die Kosten für die 10-jährige Aufbewahrung der Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum in Höhe von 85.806 EUR zusammensetzt. Bei der Berechnung der Rückstellung für die Mandantendatenarchivierung legte die Klägerin monatlich je Mandant pauschal an die DATEV zu zahlende 1,65 EUR zugrunde (19,80 EUR pro Jahr) und nahm entsprechende Abschläge für Mandanten vor, die ihre Daten auf einer Speicher-DVD sichern ließen, und für Mandatsbeendigungen innerhalb des zehnjährigen Aufbewahrungszeitraums. Die Klägerin erklärte hierzu, dass die zu zahlenden Kosten für die Speicherung dieser Daten mit den Honorarzahlungen der Mandanten für die laufende Buchführung bzw. für die Erstellung des Jahresabschlusses abgegolten seien und nach der Gebührenordnung für Steuerberater nicht gesondert auf die Mandanten umgelegt werden könnten. Während die Prüferin die Rückstellung für die Kosten der Aufbewahrung der eigenen Buchführungsunterlagen der Klägerin dem Grunde nach nicht beanstandete und diese zugunsten der Klägerin in Höhe von 23.650 EUR ermittelte und berücksichtigte, vertrat die Prüferin bezüglich der Rückstellung für die Kosten der 10-jährigen Aufbewahrung von Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum die Auffassung, dass diese nicht zulässig sei, da es insoweit an der erforderlichen Konkretisierung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung mangele.

So ergebe sich aus § 66 Abs. 1 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) lediglich eine 10-jährige Aufbewahrungspflicht des Steuerberaters für die Handakten nach Beendigung des Mandantenverhältnisses. Selbst insoweit hätte die Klägerin nach § 66 Abs. 1 Satz 2 StBerG zum Erlöschen ihrer Aufbewahrungspflicht ihre Mandanten auffordern können, ihre Handakten oder die Daten in Form einer DATEV-Archiv-CD in Empfang zu nehmen. Dass sie dies nicht getan habe, diene lediglich der Mandantenbindung und führe nicht zur Zulässigkeit der Rückstellung.

Dieser Auffassung schloss sich der Beklagte an und erließ am 17. Juli 2014 unter anderem einen geänderten Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag und berücksichtigte lediglich eine Rückstellung für die Aufbewahrungsverpflichtung in Höhe von 23.650 EUR und hob mit Bescheid vom 30. Juli 2014 den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Mit ihrem dagegen eingelegten Einspruch machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass sie nach der Berufsordnung für Steuerberater und des damit bestehenden Grundsatzes der gewissenhaften Berufsausübung verpflichtet sei, die Mandantendaten kostenfrei zu sichern und aufzubewahren. Dies ergebe sich auch aus den mit den Mandanten regelmäßig abgeschlossenen Dienstverträgen, die eine vollumfängliche Beratung und damit auch eine kostenfreie und sichere Aufbewahrung der Mandantendaten im DATEV-Rechenze...

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