Leitsatz

Zur unternehmerischen Tätigkeit gem. § 2 Abs. 3 UStG 1980/1991 der Deutschen Bundespost/TELEKOM vor bzw. nach In-Kraft-Treten des PostStruktG.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 3 UStG 1980/1991 , § 28 Abs. 1 UStG 1980/1991 , Art. 1 PostStruktG , Art. 3 Nr. 7 PostStruktG , § 1 PostVerfG , § 5 PostVerfG , § 65 PostVerfG , § 14 PostVerwG , § 35 PostVerwG

 

Sachverhalt

Die Klägerin vermietete mit Vertrag vom Mai 1990 z.T. an die TELEKOM für ein noch zu errichtendes Bürogebäude für den von der TELEKOM beabsichtigten Betrieb einer Fernmeldefachschule und für Büronutzung.

Das FA kürzte die Vorsteuer insoweit, weil die TELEKOM nach § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UStG 1980/1991 in der gem. § 28 Abs. 1 UStG vom 1.7.1990 bis zum 31.12.1992 geltenden Fassung nur insofern Unternehmerin sei, als sie die Überlassung und Instandhaltung von Endstelleneinrichtungen durchführe. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH konnte nicht in der Sache entscheiden, weil das FG-Urteil keine Feststellungen zum Beginn der vereinbarten Nutzung enthielt. Das war entscheidungserheblich für die Beurteilung, ob die Klägerin die (im Zeitpunkt des Leistungsbezugs bestehende) Absicht der Vermietung an einen Unternehmer objektiv belegen konnte. Begann eine Vermietung schon vorher, kommt eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG in Betracht.

 

Hinweis

1. Der Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 UStG) entsteht mit dem jeweiligen Leistungsbezug und richtet nach der objektiv belegten Verwendungsabsicht bei Bezug der Leistung, wenn deren tatsächliche Verwen.dung erst in einem späteren Besteuerungszeitraum beginnt. Wird im Mietvertrag die Umsatzsteuer offen ausgewiesen, ist i.d.R. davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen, wenn an einen Unternehmer vermietet wird.

2. Ob die TELEKOM Unternehmerin war, war umstritten. Der BFH hat das für die Zeit ab dem 1.7.1991 bejaht.

Die TELEKOM war in den Jahren 1990 bis 1992 (noch) als Sondervermögen des Bundes (vgl. Art. 87 Abs. 1 GG) eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, denn auch nach In-Kraft-Treten des Poststrukturgesetzes vom 8.6.1989 (BGBl I 1989, 1026) am 1.7.1989 nahm der Bundesminister für Post und Telekommunikation politische und hoheitliche Aufgaben wahr. Die TELEKOM als einer der drei Teilbereiche der Deutschen Bundespost konnte unter ihrem Namen handeln, klagen und verklagt werden (§ 5 PostVerfG).

Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UStG i.d.F. des § 28 Abs. 1 UStG i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 30.3. 1990 (BStBl I 1990, 213) galten als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit:

  • vom 1.1.1990 bis 30.6.1990 (UStG 1980): "1. ... die Überlassung und Unterhaltung von Fernsprech-Nebenstellenanlagen durch die Deutsche Bundespost"
  • vom 1.7.1990 bis 31.12.1992 nach § 28 Abs. 1 UStG 1991: "1. ... die Überlassung und Instandhaltung von Endstelleneinrichtungen durch die Deutsche Bundespost TELEKOM".

Stand die Vermietung – wie im entschiedenen Fall – nicht im Zusammenhang mit diesen Tätigkeitsbereichen, gilt die allgemeine Regelung in § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG. Die o.g. Sonderregelung in Satz 2 der Vorschrift steht nicht entgegen, denn sie griff nur ein, "auch wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 ... nicht gegeben sind ...".

§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG ist richtlinienkonform auszulegen. Danach ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts unternehmerisch (wirtschaftlich) tätig, wenn sie auf privatrechtlicher Grundlage und nicht im Rahmen der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen Regelungen handelt. Nach diesen Grundsätzen war die TELEKOM bis zum 1.7.1991 nicht unternehmerisch, sondern hoheitlich tätig. Dies ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens, wie der BFH in der Entscheidung erläutert. Bis zum 1.7.1991 erbrachte die TELEKOM hiernach die Leistungen im Rahmen der eigens für sie geltenden Regelungen; sie war damit nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art tätig.

Ab dem 1.7.1991 waren nach § 65 Abs. 3 Satz 2 PostVerfG sowohl die bestehenden als auch – nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen – die entstehenden Rechtsbeziehungen bei Inanspruchnahme entgeltlicher Leistungen der TELEKOM privatrechtlicher Natur; die TELEKOM übte danach die streitigen Tätigkeiten nicht mehr im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Sonderregelungen aus. Ab diesem Zeitpunkt war sie deshalb Unternehmerin i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG. Hinsichtlich der Vermietung eines Gebäudes an die TELEKOM ab 1.7.1991 kann ein Steuerpflichtiger wirksam auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG verzichten und den Vorsteuerabzug für die damit zusammenhängenden Leistungen beanspruchen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 5.2.2004, V R 90/01

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