Rz. 46

Obwohl in der Praxis eher seltener anzutreffen, kann auch für Schulden die Notwendigkeit einer Teilwertbewertung entstehen. Dies ergibt sich aus dem Verweis des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, sodass die Teilwertregeln für nicht abnutzbares Vermögen analog anzuwenden sind. Aus dem Niederstwertprinzip der Aktivseite wird bei Posten der Passivseite das Höchstwertprinzip. Steigt der Wert einer Schuld, ist aufwandswirksam zuzuschreiben; bei späterem Sinken des Wertes ist ertragswirksam bis zum ursprünglichen Wert abzuschreiben.

Mit der Vermutung, dass der Teilwert den Wiederbeschaffungskosten entspricht, stimmt es nicht überein, wenn der BFH[1] bei einer Darlehensschuld, deren Verfügungsbetrag unter dem Nennbetrag liegt, den Ansatz der Schuld mit einem höheren Teilwert (etwa durch Kürzung des aktivierten Disagios) nicht zugelassen hat, wenn die Kreditbedingungen sich seit der Darlehensaufnahme verbessert haben.

 

Rz. 46a

Der Ansatz eines Teilwertes kann insbesondere bei Währungsverbindlichkeiten notwendig werden, wenn der Kurs der der Verbindlichkeit zugrunde liegenden Währung gestiegen ist.

 
Praxis-Beispiel

Währungsverbindlichkeit

Aus einer Lieferung eines US-amerikanischen Verkäufers entsteht bei uns eine Verbindlichkeit von 60.000 $. Im Zeitpunkt der Lieferung (= Entstehung der Verbindlichkeit) beträgt der Briefkurs unserer deutschen Hausbank 1,20 EUR. Es wird deshalb eine Verbindlichkeit in Höhe von 50.000 EUR gebucht.

Zum Bilanzstichtag liegt der Dollarkurs bei 1,10 EUR. Unsere in EUR bewertete Schuld ist somit auf 54.545,45 EUR gestiegen, weshalb eine Teilwertzuschreibung von 4.545,45 EUR vorzunehmen ist.

 

Rz. 46b

Auf der Passivseite muss die Teilwerterhöhung ebenfalls "voraussichtlich dauernd" sein. Auch hier können wieder keine verlässlichen Aussagen gemacht werden. Der BFH hat dazu entschieden, dass bei Fremdwährungsverbindlichkeiten eine voraussichtlich dauerhafte Teilwerterhöhung maßgeblich von der Laufzeit der Verbindlichkeit abhängt. Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten, die eine Restlaufzeit von ca. 10 Jahren haben, soll ein Kursanstieg der Fremdwährung grundsätzlich keine voraussichtlich dauernde Teilwerterhöhung begründen; in diesen Fällen sei davon auszugehen, dass sich Währungsschwankungen in der Regel ausgleichen.[2] Dass diese Überlegungen des BFH nicht generell gelten können, zeigt beispielsweise der Kurs des Schweizer Frankens, der in den Jahren 2002 bis 2014 – in gewissen Schwankungen – kontinuierlich gestiegen ist. Hierzu hat das FG Baden-Württemberg eine Teilwerterhöhung bestätigt.[3]

 

Rz. 46c

Weitere Fälle einer Teilwertbewertung von Verbindlichkeiten entstehen beispielsweise bei

  • Verbindlichkeiten mit einer Wertsicherungsklausel
  • Sachverbindlichkeiten (geschuldet wird nicht ein Geldbetrag, sondern eine Sache oder eine Dienstleistung)
  • Verbindlichkeiten aufgrund der Ausgabe von Zerobonds
  • Pensionsverpflichtungen (§ 6a EStG).
  • Verbindlichkeiten aus der Begebung von Optionsanleihen; hier entfällt allerdings eine Teilwertbewertung, wenn in der Handelsbilanz eine Bewertungseinheit zwischen der Anleiheverbindlichkeit und im Bestand der Anleiheschuldnerin gehaltenen Aktien gebildet wurde.[4]

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