Leitsatz

Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten und die folgenden Fragen zu beantworten:

1. Liegt dem Streitfall ein teilentgeltlicher Vorgang oder aber eine vollentgeltliche Übertragung in Gestalt einer Einbringung gegen Mischentgelt zugrunde?

2. Unterstellt, es sei der vom IV. Senat des BFH zur Behandlung teilentgeltlicher Vorgänge vertretenen "modifizierten Trennungstheorie" zu folgen: Käme es hierdurch zu Schwierigkeiten bei der Besteuerung des Erwerbers des teilentgeltlich übertragenen Wirtschaftsguts?

3. Unterstellt, es sei der vom IV. Senat des BFH zur Behandlung teilentgeltlicher Vorgänge vertretenen "modifizierten Trennungstheorie" zu folgen: Welche Auswirkungen hätte dies für die Beurteilung teilentgeltlicher Übertragungen von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens?

4. Welche Argumente sprechen aus Sicht des BMF für die von ihm vertretene "strenge Trennungstheorie"?

 

Normenkette

§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin verpachtete im Wege der Betriebsaufspaltung Anlagevermögen an eine Betriebs-GmbH. Zum Betriebsvermögen des Einzelunternehmens gehörten u.a. zwei betrieblich genutzte Grundstücke. Zum 1.1.2005 gründete die Klägerin eine GmbH & Co. KG. Sie wurde mit einer Kapitaleinlage von 150.000 EUR einzige Kommanditistin und zunächst Alleingesellschafterin und einzige Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH. In der KG waren für jeden Gesellschafter sechs Gesellschafterkonten zu führen: das "Kapitalkonto"(Festkapital), ein "Rücklagenkonto", ein "Kapitalverlustkonto", ein "Sonderrücklagenkonto, GmbH-Kapital", ein "Verrechnungskonto (Privatkonto)" sowie ein "Darlehenskonto". Die Klägerin erbrachte ihre Einlageverpflichtung durch Übertragung der Grundstücke aus dem Betriebsvermögen ihres Einzelunternehmens zu Buchwerten. Da die Buchwerte zum Einbringungszeitpunkt höher waren als der Nominalbetrag der Einlage, wurde der Differenzbetrag dem Darlehenskonto der Klägerin gutgeschrieben. Am selben Tag übertrug die Klägerin ihren voll eingezahlten Anteil an der Komplementär-GmbH ohne Gegenleistung auf die KG. Am 15.3.2005 traten zwei ihrer Söhne als weitere Kommanditisten mit Kapitaleinlagen von je 75.000 EUR in die KG ein. Sie erbrachten ihre Einlageverpflichtung durch Einbringung eines ihnen zu je 1/2 gehörenden, ebenfalls von der Betriebs-GmbH genutzten Grundstücks, das sie bisher in ihrem Privat­vermögen hielten, zum Verkehrswert. Der die Kommanditeinlagen und die mit eingebrachten Verbindlichkeiten übersteigende Betrag wurde der KG als Darlehen gewährt. Die KG führte hinsichtlich der von der Klägerin eingebrachten Grund­stücke die Buchwerte des Einzelunternehmens fort und wies den sich ergebenden Mehrbetrag auf dem "Verrechnungskonto (Privatkonto)" aus. Ebenso verfuhr sie hinsichtlich des Mehrbetrags aus der späteren Grundstückseinbringung durch die Söhne.

Das FA vertrat die Auffassung, die Übertragung der Grundstücke von der Klägerin auf die KG sei nach den Grundsätzen der sog. "Trennungstheorie" insoweit als entgeltlich anzusehen, als der Klägerin hierfür eine Gutschrift auf ihrem Privatkonto gewährt worden sei, und erhöhte dementsprechend das Ergebnis ihres Einzelunternehmens. Das FG wies die Klage ab (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 23.5.2012, 14 K 2982/10, Haufe-Index 3543921). Zur Begründung führte es aus, der Vorgang sei als teilentgeltlich anzusehen, sodass die Anwendung der "reinen Trennungstheorie" zur Aufdeckung eines Teils der stillen Reserven führe, da in dem Vorgang sowohl eine entgeltliche Veräußerung als auch eine Schenkung liege.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger eine Verletzung des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG. Auch bei Annahme eines entgeltlichen Vorgangs übersteige das "Gesamtentgelt" den Buchwert der eingebrachten Wirtschaftsgüter nicht und könne daher nicht zu einer Gewinnrealisierung führen. Die vom FG herangezogene "reine Trennungstheorie" habe keine gesetzliche Grundlage und sei von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwischenzeitlich aufgegeben worden.

 

Entscheidung

Zur weiteren Förderung des Verfahrens forderte der X. Senat das BMF auf, dem Verfahren beizutreten und die im Leitsatz gestellten Fragen zu beantworten.

 

Hinweis

Zwischen dem BMF und dem IV. Senat des BFH bestehen bekanntlich unterschiedliche Auffassungen über die ertragsteuerlichen Folgen einer teilentgeltlichen Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften.

Die Finanzverwaltung ist der Meinung, der Vorgang sei in ein voll entgeltliches und ein voll unentgeltliches Geschäft aufzuteilen. Die Übernahme von Verbindlichkeiten stelle dabei eine Form des Entgelts dar. Der Umfang der Entgeltlichkeit bestimme sich nach dem Verhältnis des Kaufpreises zum Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts (vgl. jüngst BMF, Schreiben vom 12.9.2013, BStBl I 2013, 1164).

In der neueren Rechtsprechung vor allem des IV. Senats des BFH wird die Verwaltungsauffassung demgegenüber abgelehnt (BFH, Urteile vom 21.6.2012, IV R 1/08, BFHE 237, 503 un...

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