Werden solche Teilprozesskostensätze für verschiedene Serviceabteilungen berechnet, kann damit z. B. eine Kundenergebnisrechnung erstellt werden. Nur wenn dem Kunden seine individuellen Kosten (im Sinne von Einzelkosten auf den Prozess) zugerechnet werden, wird ein echtes, d. h. individuelles Kundenergebnis ermittelt. Die Schlüsselung/Umlage von Kosten ist eine ›Gießkannen-Betrachtung‹. Dabei wird jeder Kunde wie ein durchschnittlicher Kunde betrachtet und behandelt. Erst wenn Unterschiede im Verhalten erfasst werden, lassen sie sich gezielt beeinflussen. Prozesskosten vermeiden das Problem einer Kostenumlage. Die Kosten werden verursachungsgerecht zugeordnet.

Die folgende Darstellung ist ein mögliches Beispiel einer Kundenergebnisrechnung:

Abb. 195: Kunden-DBR mit direkt verrechneten Prozesskosten

Die Rechnung ist bewusst umfangreich aufgebaut. Dadurch konnten Anwendungsgebiete für sehr viele Branchen einbezogen werden. Umgekehrt formuliert: Keine Firma braucht alle in der Rechnung dargestellten Positionen. Einige Firmen liefern an mächtige Handelsketten und interessieren sich eher für Erlösschmälerungen. Versandhändler interessieren sich stärker für Retourenkosten. Wieder andere Unternehmen haben hohe individuelle Promotionskosten bei ihren Kunden, z. B. in Form von Hausmessen. Diese und weitere Probleme haben der Rechnung zugrunde gelegen. Der Leser möge sich aus der Vielzahl die Beispiele heraussuchen, die in seiner Branche dominant sind. Die Empfehlung lautet, nicht mehr als drei DB-Stufen auszuweisen.

Die Reihenfolge der DB-Stufen folgt der ›Logik der Marktbearbeitung‹. Sie ist weitgehend identisch mit der Geschwindigkeit, in der kostenrelevante Entscheidungen getroffen bzw. revidiert werden können. Schließlich soll für den einzelnen Kunden und dann zusammenfassend für die Kundengruppe erkennbar sein, welche Einflussmöglichkeiten bestehen. Bis zum DB I ist die Rechnung damit prinzipiell für alle Firmen und Branchen identisch. Wobei es in einigen Branchen keine SEK des Vertriebs gibt, in anderen Branchen gibt es keine Erlösschmälerungen usw. Insofern wird dann die jeweilige Zeile entfallen und die Darstellung wäre für die eigene Situation anzupassen. Je dichter ein Vorgang am einzelnen Verkaufsakt ist, umso höher muss dessen Position in der Rechnung sein. Grundsatzentscheidungen, die nur in größeren zeitlichen Abständen erfolgen, sind daher weiter unten angesiedelt. So sollten die Kosten der Auftragsbearbeitung mit jedem Auftrag hereinverdient werden.

Die Darstellung dürfte für die meisten Unternehmen richtig sortiert sein. Im Einzelfall wären die Zeilen ggfs. neu zu sortieren. Die Anpassung der Rechnung auf die eigenen Marktgegebenheiten könnte auch zur Folge haben, dass die Kosten der kundenspezifischen Promotion (Einzelkosten) als artverwandt zu den Kosten der Kundenbetreuung zu sehen und dort (z. B. nach dem DB V) auszuweisen sind. Schließlich sind Geschäftsessen und AD-Besuch auch inhaltlich sehr nahestehende Sachverhalte. Dasselbe könnte für die Kosten der Kreditwürdigkeitsprüfung gelten. Bei entsprechender Auftragshöhe wird die Prüfung, z. B. zugekauft von einem externen Dienstleister, sogar vor jedem Auftrag durchgeführt. Dann wäre es auch denkbar, sie zu den Kosten der Auftragsabwicklung zu zählen. Analog zu den bisherigen Beispielen wären Besonderheiten der eigenen Branche zu berücksichtigen. Die Kundenergebnisrechnung ist eine firmenindividuelle Rechnung.

Für die Analyse ist eine differenzierte Rechnung natürlich hilfreich. Man kann auf einen Blick erkennen, welche Kostenpositionen nicht mehr gedeckt sind. Für die Steuerung lassen sich darum schnell und einfach Maßnahmen identifizieren. Wichtig ist die richtige Interpretation der Kunden-DB-Stufen. Stellen wir uns eine Brauerei vor, die ein Restaurant betrachtet. Ein negativer DB VI heißt nicht sofort, dass es sich um einen Verlustkunden handelt. Ist der DB V noch positiv, dann bedeutet es, dass die Verzinsung der Schankanlage (etc.) nicht durch die Deckungsbeiträge aus dem Bierverkauf gedeckt wird. Da es sich bei der Schankanlage um eine (nicht kurzfristig) revidierbare Grundsatzentscheidung handelt, muss der DB I erhöht werden. Man könnte überlegen, ob durch Gartentische, Heizstrahler etc. der Bierabsatz soweit gesteigert werden kann, dass es zu einem insgesamt verbesserten Kunden-DB VI führt.

Damit die Rechnung im Alltagsgeschäft praktikabel ist, muss sie weitestgehend automatisiert sein. Die Ist-Häufigkeit der Prozessdurchführung kann oft an laufende EDV-Nummern gekoppelt werden. Ein Beispiel: Die Kundenbesuche lassen sich mit den Besuchsberichten der Außendienstmitarbeiter verknüpfen. Dort ist die Kundennummer hinterlegt. Wer diese Verknüpfung nicht erstellen kann, der kann die tatsächliche Besuchshäufigkeit durch einen Vorgabewert ersetzen. Dieser kann sich beispielsweise aus der Kundenklassifizierung (A-, B- und C-Kunden) ergeben.

 

Fazit

Die Prozesskostenrechnung ermöglicht eine weit über den DB I hinausgehende Analyse der Kundenrentabilität. S...

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