Das IDW definiert im "IDW Praxishinweis 1/2016" vom 31. Mai 2017 ein Tax Compliance Management System wie folgt: "Ein Tax Compliance Management System (Tax CMS) ist ein abgegrenzter Teilbereich eines CMS (…), dessen Zweck die vollständige und zeitgerechte Erfüllung steuerlicher Pflichten ist."[1]

Zunächst soll also durch die Implementierung eines funktionsfähigen Tax Compliance Management Systems sichergestellt werden, dass alle relevanten Steuergesetze eingehalten und alle steuerlichen Pflichten, wie die fristgerechte und korrekte Abgabe von Voranmeldungen und Erklärungen, erfüllt werden. Dabei ist zu beachten, dass hier nicht immer dieselben Vorschriften und Pflichten einschlägig sind. Diese ergeben sich vielmehr in Abhängigkeit des Landes der unternehmerischen Aktivität, der Rechtsform, der Organisation etc. und können daher sehr stark variieren.[2] Teil der Zielsetzung kann und sollte aus betriebswirtschaftlichem Blickwinkel dabei auch die Steueroptimierung, also die Minimierung der Steuerlast durch die Ausnutzung gesetzlicher Gestaltungsspielräume, sein.[3]

Durch die Einführung eines Tax Compliance Management Systems zur Sicherstellung gesetzeskonformen Verhaltens im Steuerbereich sollen sowohl finanzielle (in Form von Säumnis- oder Verspätungszuschlägen)[4] als auch strafrechtliche und reputative Risiken, die sich aus etwaigen Gesetzesverstößen ergeben könnten, minimiert bzw. gänzlich vermieden werden.

Einer der Auslöser für die Relevanz der Diskussion um die Erforderlichkeit und Nützlichkeit eines Tax Compliance Management Systems ist die nach Abschaffung der sog. Teilselbstanzeige beobachtete Zunahme der Weiterleitung von Steuererklärungsberichtigungen zur strafrechtlichen Würdigung an die Straf- und Bußgeldstelle bzw. die Staatsanwaltschaft.[5]

Wird nachträglich erkannt, dass eine unrichtige oder unvollständige Steuererklärung abgegeben wurde, hat die Geschäftsführung des Unternehmens die Pflicht, dies dem Finanzamt mitzuteilen und die Steuererklärung unverzüglich zu korrigieren.[6] Falls ein solcher Fehler allerdings den Tatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 AO oder der leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO erfüllt, ergeben sich daraus ggf. auch strafrechtliche Konsequenzen für das Unternehmen und dessen Geschäftsleitung.[7] Entscheidend und daher auch oft strittig ist in diesem Zusammenhang die Abgrenzung der bloßen Berichtigung von der strafbefreienden Selbstanzeige[8], da es bei einer ordnungsgemäßen Berichtigung lediglich zu einer Steuernachzahlung (ohne Hinterziehungszinsen) kommt, während bei einer Steuerhinterziehung zusätzlich Zinszahlungen und ein Selbstanzeigezuschlag hinzukämen.[9] Das Bundesministerium der Finanzen hat im Anwendungserlass (AEAO) zu § 153 AO mit Schreiben vom 23.5.2016 zur Abgrenzung von Berichtigungs- und Selbstanzeigen Stellung genommen[10]: "Hat der Steuerpflichtige ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, kann dies ggf. ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann, jedoch befreit dies nicht von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls."

Das IDW versteht dabei den Begriff "innerbetriebliches Kontrollsystem" als einen Teilbereich eines Compliance Management Systems (CMS), welcher unter Berücksichtigung von rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen auf die Einhaltung steuerlicher Vorschriften gerichtet ist.[11] Durch die Implementierung eines Tax Compliance Management Systems kann das Unternehmen zeigen, dass alles Erforderliche unternommen wurde, um Fehlern vorzubeugen. Ein Organisationsverschulden liegt damit nicht vor.[12] Insgesamt würde das wiederum dazu führen, dass die Berichtigung als schlichte Berichtigung und nicht als Selbstanzeige anzusehen wäre. Allerdings behält sich die Steuerverwaltung auch bei einem bestehenden Tax Compliance Management System eine Prüfung des Einzelfalls vor, da Vorsatztaten regelmäßig nicht durch ein solches System ausgeschlossen werden können.[13]

Darüber hinaus kommt dem Tax Compliance Management System eine Reaktionsfunktion zu. Kommt es im Unternehmen zu Gesetzesverstößen, soll das Tax Compliance System dazu dienen, diese aufzudecken und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.[14]

Zudem wurde durch Zivilgerichte[15] entschieden, dass die gesetzlichen Vertreter des Unternehmens im Rahmen ihrer Legalitätspflicht dafür Sorge zu tragen haben, dass das Unternehmen so organisiert und beaufsichtigt wird, dass keine Gesetzesverstöße – auch im Steuerbereich – auftreten. Seiner Organisationspflicht genügt der gesetzliche Vertreter bei entsprechender Gefährdungslage nur dann, wenn er eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte Compliance-Organisation einrichtet. Entscheidend für den Umfang im Einzelnen sind dabei Art, Größe und Organisation des Unternehmens, die zu beachtenden Vorschriften, die geografische Präsenz wie auch Verdachtsfälle aus der Vergangenheit. Die Einhaltung des Legalität...

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