Die Zulässigkeit der tatsächlichen Verständigung und ihre Voraussetzungen ergeben sich mittelbar aus Vorschriften der Abgabenordnung und wurden von der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung entwickelt. Basis für die tatsächliche Verständigung ist dabei der Untersuchungsgrundsatz.[1]

Angesichts des rechtsstaatlichen Auftrags der Finanzbehörden, die Steuern gleichmäßig festzusetzen und zu erheben, ist eine tatsächliche Verständigung zwischen Finanzamt und Steuerbürger ausschließlich im Bereich der Sachverhaltsermittlung zulässig. Zudem darf die tatsächliche Verständigung nicht zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen.[2] Die Einbeziehung rechtlicher Folgerungen in die tatsächliche Verständigung ist zulässig.[3]

 
Praxis-Beispiel

Steuerlich relevante Sachverhalte

Ein steuerlicher relevanter Sachverhalt liegt z. B. vor, wenn

  • der Steuerpflichtige von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte fährt (er will Werbungskosten geltend machen);
  • ein Freiberufler ein Büro anmietet (Miete ist Betriebsausgabe);
  • ein Bäcker Brötchen verkauft (Verkaufserlös ist Betriebseinnahme).

Trotz aller Sorgfalt kann es passieren, dass betriebliche Aufzeichnungen oder Rechnungsbelege verloren gehen (z. B. durch Einbruch oder Brand). Der zugrunde liegende Sachverhalt kann dann nicht mehr (genau) ermittelt werden. Das Finanzamt hat in diesem Fall die Möglichkeit, Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO zu schätzen. Alternativ kann es mit dem Steuerpflichtigen einen "fiktiven" Sachverhalt vereinbaren, der dem tatsächlichen sehr nahekommt.

Die Parteien können sich bezüglich Einnahmen/Ausgaben an vergangenen Veranlagungszeiträumen orientieren, wenn die verschwundenen Belege nicht mehr oder nur teilweise als Duplikate von Lieferanten angefordert werden können.

Keine Treu- und Glaubensbindung

Es ist durchaus üblich, dass Finanzbeamte zugunsten der Steuerpflichtigen nach Möglichkeiten suchen, einen Rechtsstreit[4] im Wege einer tatsächlichen Verständigung einvernehmlich zu lösen und Vorschläge zu erarbeiten. Sind diese Bemühungen nicht erfolgreich, kann der Steuerpflichtige allein daraus regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand ableiten.[5]

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