Mit dem Jahressteuergesetz 2022[1]

wurde aus dem vorher geltenden Satz 4 des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ein § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG. Die folgende Änderung gilt über § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG ebenso für den Bereich der Ermittlung der Werbungskosten.

Entsprechend dieser Vorschrift darf für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird und keine außerhalb der häuslichen Wohnung gelegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung mit einer Tagespauschale in Höhe von 6 EUR, höchstens 1.260 EUR im Kalender- oder Wirtschaftsjahr abgezogen werden. Damit wird die Abzugsmöglichkeit der Tagespauschale unbegrenzt in das Einkommensteuergesetz aufgenommen und im Vergleich zur vorherigen Regelung um 1 EUR pro Tag erhöht. Die vor dem 1.1.2023 geltende Homeoffice-Pauschale wurde lediglich befristet – zur Abfederung der im Zuge der Corona-Pandemie entstandenen Verlagerung der Ausübung der beruflichen und betrieblichen Tätigkeit in das eigene zu Hause – für die Veranlagungsjahre 2020 und 2021 eingeführt.

Mit der überwiegenden beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit in der häuslichen Wohnung meint der Gesetzgeber, dass mehr als 50 % der Gesamtarbeitszeit in der häuslichen Wohnung erfolgen müssen.[2]

Ein gleichzeitiger Abzug der Tagespauschale für die überwiegende berufliche oder betriebliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung und der Entfernungspauschale, wenn der Steuerpflichtige an einem Tag auch seine erste Tätigkeitsstätte aufsucht, ist ausgeschlossen.[3]

Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.[4]

Ein Abzug der Tagespauschale von 6 EUR ist nicht zugelassen, wenn für die Wohnung, in der die berufliche oder betriebliche Tätigkeit ausgeübt wird, Unterkunftskosten im Rahmen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6a EStG oder des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG (Mehraufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung) abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG (Abzug eines häuslichen Arbeitszimmers) vorgenommen wird.

 
Hinweis

Lassen Sie sich beim Lesen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG nicht verunsichern. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Formulierung anscheinend übersehen eine Einschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG vorzunehmen (analog der vorherigen Nummern des Absatzes 5).

Im § 4 Abs. 5 EStG heißt es: "Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:". In § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG geht das Gesetz jedoch nicht weiter darauf ein, welche Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Tagespauschale den Gewinn nicht mindern dürfen, um danach die gesetzliche Ausnahme (Tagespauschale bei überwiegend betrieblicher oder beruflicher Tätigkeit in der häuslichen Wohnung) zu definieren, sondern definiert direkt die Möglichkeit der Abziehbarkeit der Tagespauschale bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen.

 
Achtung

Zu beachten ist jedoch weiterhin, dass die Tagespauschale von 6 EUR pro Tag und maximal 1.260 EUR nicht zusätzlich zum Arbeitnehmerpauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 1 a) EStG in Höhe von 1.230 EUR geltend gemacht werden kann. Die galt insoweit bereits bei der – bis Ende 2022 geltenden – Homeoffice-Pauschale von 600 EUR nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG a. F.

 
Praxis-Beispiel

Homeoffice-Pauschale wird vom Arbeitnehmer in Anspruch genommen – Rechtslage bis 31.12.2022

Arbeitnehmerin J aus Berlin fährt täglich 23 Kilometer von ihrer Wohnung zur Arbeit (einfache Entfernung). Aufgrund weiterer Corona-Fälle im Büro schickt der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer ab April 2022 wieder wechselseitig ins Homeoffice, einige Arbeitnehmer schickt er zur Wahrung ihrer Gesundheit vollständig ins Homeoffice. Hiervon ist auch J betroffen, sie bleibt ab April vollständig im Homeoffice. Sie verfügt lediglich über einen kleinen Tisch im Wohnzimmer, an dem sie ihre Tätigkeit ausüben kann. Im Rahmen der Erstellung ihrer Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2022 nimmt sie folgende Aufstellung für die Ermittlung ihrer Werbungskosten vor:

Monate, an denen sie zur Arbeit gefahren ist: 3 Monate Januar bis März 2022

 
  23 Arbeitstage für Januar
+ 20 Arbeitstage für Februar
+ 22 Arbeitstage für März
= 65 Arbeitstage × 23 km × 0,30 EUR = 448,50 EUR

Für den Zeitraum des Homeoffice ergeben sich folgende abziehbare Werbungskosten:

 
  22 Arbeitstage für April
+ 21 Arbeitstage für Mai
+ 5 Arbeitstage für Juni (ab 8. Juni bis einschl. 3. Juli Jahresurlaub)
+ 20 Arbeitstage für Juli
+ 21 Arbeitstage für August
+ 22 Arbeitstage für September
+ 9 Arbeitstage für Oktober
= 120 Arbeitstage × 5 EUR pro Tag = 600 EUR

Trotz der Tatsache, dass es sich bei der Arbeitsecke der Arbeitnehmerin J nicht um ein häusliches Arbeitszimmer im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG handelt, kann sie die...

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