Im Folgenden werden der Gründungsprozess von Stuttgart by Bike und die Realisierungsphase mit Blick auf Herausforderungen, angewendete Methoden und Instrumente sowie Tipps und Tricks für die Praxis näher erläutert. Dabei werden wesentliche Unterschiede zu aus theoretischer Sicht logisch erscheinenden Schritten aufgezeigt und entsprechend begründet, warum in diversen Situationen dann doch zu pragmatischen Lösungsansätze gegriffen wurde. Abb. 5 gibt einen Überblick über die im Wesentlichen 4 verfolgten Phasen von der Ideenfindung bis zur Projektrealisierung also Unternehmensgründung. Die einzelnen Phasen werden mit Blick auf die eingesetzten Methoden und Instrumente sowie (kritischen) Erfolgsfaktoren und Herausforderungen im Einzelnen im Detail beleuchtet.

Abb. 5: Gründungsprozess mit angewendeten Methoden und Instrumenten von SbB

Business-Plan zur Formulierung der Geschäftsidee

Alle Schritte mögen sehr theoretisch erscheinen, sind jedoch essentiell für die Konkretisierung der eigenen Geschäftsidee. Daher erweist sich insbesondere in den frühen Schritten als erfolgskritisch, einen strukturierten Business Plan zu schreiben, der genau diese Punkte mit abdeckt. Hierfür bieten öffentliche Einrichtungen (wie z. B. die IHK oder Wirtschaftsförderung) Unterstützung und geeignete standardisierte Vorlagen. Diese ermöglichen Gründern auch ohne formale betriebswirtschaftliche Ausbildung strukturiert und zielführend ihre Geschäftsidee zu formulieren und vor allem ins Leben zu rufen, also in der Realität umzusetzen.

 
Hinweis

Strategische Analyse-, Planungs- und Implementierungsinstrumente wurden nicht partout formalisiert eingesetzt

Es ist weniger relevant, dass diese strategischen Analysen (wie zumeist von Beratungsunternehmen proklamiert und gelebt) formalisiert, also wie in der Beraterwelt üblich auf Folien dokumentiert, werden. Vielmehr sollten überhaupt deren inhaltliche Anhaltspunkte wohl durchdacht und bestenfalls im Business Plan dokumentiert werden, müssen aber nicht im Detail auf einer Folie gemalt werden. Hierfür fehlt es definitiv jedem Jungunternehmer an Zeit, mit der es entsprechend zu haushalten gilt. Sich hin und wieder der "professionellen (im Sinne von auch für Externe geeignete) Dokumentation" der Gedanken und theoretischen Konzepte strukturiert zu widmen, bietet die Möglichkeit an Ausschreibungen und möglichen Förderprogrammen teilzunehmen. Hier wird man als Entrepreneur gezwungen, eigene Ideen und Konzepte auch für Externe systematisch aufzubereiten und strukturiert festzuhalten. Insbesondere, wenn man auf externe Finanzmittelgeber angewiesen ist, benötigt man entsprechend aufbereitete Unterlagen. Im Zeitalter der Digitalisierung empfiehlt es sich insbesondere für Gründer bzw. Jungunternehmer, sich hierbei (für die Ideenspeicher, Analysedokumentation und Austausch im Team) Open Source-Lösungen und -Tools (wie z. B. Evernote, Slack etc.) zu bedienen.[1]

[1] Mintzberg/Waters, 1985, S. 270.

3.2.1 Externe Analyse: (regionale) Ausgangslage

Die Idee selbst wurde schon zwei Jahre zuvor geboren. Bis zur eigentlichen Lancierung des Start-ups am 1. Mai 2017 wurde der Markt sowohl anbieter- als auch nachfrageseitig intensiv beobachtet.

Markt & Wettbewerb

Dabei stellte sich schnell heraus, dass es in Stuttgart und/oder Umgebung bislang keine Möglichkeit gab, die Stadt mit dem Fahrrad (geführt) zu erkunden. Einer fundierten Marktanalyse zufolge ist der Markt bis dato vollständig unbesetzt. Zwar gibt es (abgesehen vom ADFC) einige kleine Initiativen (Privatpersonen und Fahrradhändler), die geführte Fahrradtouren in und um Stuttgart anbieten, allerdings fokussieren diese v.a. auf Fahrtechnikkurse und adressieren damit eher Sportler (Mountainbiker oder Rennradfahrer). Anbieter, die Fahrradfahren als Erlebnis-/Kennenlerntour der Stadt & Region vermarkten, sind nicht bekannt. In jeder anderen Großstadt okkupieren dabei i. d. R. gleich mehrere Fahrradtouristik-/Eventanbieter den Markt. Dass dem in Stuttgart nicht der Fall ist, ist im Wesentlichen auf zwei Marktspezifika (siehe Abschn. 3) zurückzuführen, denen es entsprechend zu begegnen gilt.

  1. Stuttgarts topographische Lage: Aufgrund seiner Kessellage umgeben von einer sich bis zur Alb erstreckenden Hügellandschaft gestaltet sich Fahrradfahren für viele (insbes. Nicht-Geübte) als Herausforderung oder gar Hindernis.
  2. Die Dominanz des Automobils: Stuttgart ist die Geburts- und Hauptstadt des Automobils, was sich unweigerlich in der verkehrstechnischen/-politischen Infrastruktur widerspiegelt. So ist es kaum verwunderlich, dass sie den Ruf einer wenig/nicht fahrradtauglichen Stadt genießt. Abgesehen davon müssen Radfahrer stets darum ringen, überhaupt wahrgenommen und damit als gleichberechtigte Nutzer des Straßenverkehrs akzeptiert zu werden.

Beide Aspekte können durchaus als Herausforderung und damit Risiko gesehen werden. Genauso gut kann SbB aber auch als Chance und Mittel genutzt werden, das Vehikel Fahrrad in und um Stuttgart als nachhaltiges Transportmittel sowohl für Touristen als auch für Bürger zu fördern.

Im Vergleich zu an...

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