2.7.1 Einleitende Bemerkungen

 

Rz. 35

Die Mitgliedschaft in einer stillen Gesellschaft kann grundsätzlich sowohl durch den stillen Gesellschafter oder den Geschäftsinhaber als auch durch den Privatgläubiger eines Gesellschafters gekündigt werden.[1] Die entsprechenden Kündigungsrechte richten sich hierbei nach den Vorschriften der §§ 132 und 133 HGB.[2]

 

Rz. 36

Hinsichtlich der Beurteilung der Kündigungsrechte des stillen Gesellschafters und des Geschäftsinhabers ist es von entscheidender Bedeutung, ob die stille Gesellschaft auf eine bestimmte Zeit, d. h. befristet, oder auf eine unbestimmte Zeit, d. h. unbefristet, eingegangen wird.[3] Bei einer auf eine bestimmte Zeit eingegangenen stillen Gesellschaft existieren keine ordentlichen Kündigungsrechte.[4] Lediglich bei einer auf eine unbestimmte Zeit eingegangenen stillen Gesellschaft verfügt sowohl der stille Gesellschafter als auch der Geschäftsinhaber über ein ordentliches Kündigungsrecht.

[1] Vgl. auch Klöpper, Kündigung und Abfindung stiller Gesellschafter, 1998, S. 14 (Diss.).
[3] Vgl. Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990, S. 53.
[4] Vgl. Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990, S. 54.

2.7.2 Ordentliches Kündigungsrecht des stillen Gesellschafters und des Geschäftsinhabers

 

Rz. 37

Gemäß § 234 Abs. 1 HGB i. V. m. § 132 Abs. 1 HGB kann bei Vorliegen einer auf eine unbestimmte Zeit eingegangenen stillen Gesellschaft sowohl der stille Gesellschafter als auch der Geschäftsinhaber seine Mitgliedschaft in der stillen Gesellschaft zum Ablauf eines jeden Geschäftsjahrs gegenüber der Gesellschaft kündigen. Eine solche ordentliche Kündigung muss mindestens sechs Monate vor diesem Zeitpunkt erfolgen.

 

Rz. 38

Für die Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine stille Gesellschaft auf eine unbestimmte Zeit eingegangen wird, sind im Einzelfall die gesellschaftsvertraglichen Regelungen und deren Auslegung entscheidend.[1]

 

Rz. 39

Das ordentliche Kündigungsrecht des stillen Gesellschafters und des Geschäftsinhabers lässt sich zwar durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen abwandeln, aber nicht vollkommen ausschließen.[2] So kann im Gesellschaftsvertrag die Kündigungsfrist des § 132 Abs. 1 HGB zum einen sowohl verlängert als auch verkürzt sowie zum anderen für den stillen Gesellschafter und den Geschäftsinhaber unterschiedlich ausgestaltet werden.[3]

[1] Vgl. RG, DJZ 1932 S. 95; Schmidt, in Schmidt, Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 4. Aufl. 2019, § 234 HGB Rz. 45.
[2] Vgl. BGH, Urteil v. 20.12.1956, BGHZ 23 S. 10; BGH, Urteil v. 19.1.1967, II ZR 27/65, BB 1967 S. 309.
[3] Vgl. Blaurock, in Blaurock, Handbuch stille Gesellschaft, 9. Aufl. 2020, Rz. 14.28.

2.7.3 Außerordentliches Kündigungsrecht des stillen Gesellschafters und des Geschäftsinhabers

 

Rz. 40

Bei Vorliegen einer auf eine bestimmte Zeit eingegangenen stillen Gesellschaft verfügt weder der stille Gesellschafter noch der Geschäftsinhaber über ein ordentliches Kündigungsrecht.[1] In einem solchen Fall ist lediglich eine außerordentliche Kündigung möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.[2] Gleichermaßen besteht auch für eine auf eine unbestimmte Zeit eingegangene stille Gesellschaft die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes; es bedarf hierzu keiner Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist.[3] Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund orientiert sich an § 132 Abs. 2 Satz 2 HGB.

 

Rz. 41

Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liegt insbesondere dann vor, "wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird"[4]. Welche über § 132 Abs. 2 Satz 2 HGB hinausgehende Sachverhalte als wichtige Gründe für eine außerordentliche Kündigung anzusehen sind, lässt sich im Gesellschaftsvertrag näher regeln.[5] Im Streitfall obliegt es dem zuständigen Gericht, über das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung zu entscheiden.[6] Gemäß § 132 Abs. 6 HGB ist eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, durch welche das außerordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen oder den Vorschriften des § 132 Abs. 2 und Abs. 3 HGB zuwider beschränkt wird, unwirksam.

 

Rz. 41a

Generell darf die Kündigung der Mitgliedschaft in einer stillen Gesellschaft nicht zur Unzeit erfolgen, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vor.[7] Sollte ein Gesellschafter seine Mitgliedschaft ohne einen solchen Grund zur Unzeit kündigen, so "hat er der Gesellschaft den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen".[8]

[1] Vgl. Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990, S. 54.
[2] Vgl. § 132 Abs. 2 Satz 1 HGB; ferner Blaurock, in Blaurock, Handbuch stille Gesellschaft, 9. Aufl. 2020, Rz. 14.30.
[3] Vgl. § 132 Abs. 3 HGB; ferner Polzer, in Gummert/Weipert, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 5. Aufl. 2019, § 91 StG Rz. 8; BT-Drucks. 19/27635, S. 244.
[5] Vgl. Blaurock, in Blaurock, Handbuch stille Gesellschaft, 9. Au...

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