Rz. 29

Aus § 231 Abs. 1 HGB ergibt sich, dass der stille Gesellschafter grundsätzlich am Verlust des Inhabers des Handelsgeschäfts beteiligt ist. Gemäß § 231 Abs. 2 1. Halbsatz HGB kann allerdings im Gesellschaftsvertrag eine Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters ausgeschlossen werden.

 

Rz. 30

Wird im Gesellschaftsvertrag nur die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters näher ausgeführt und werden zur Verlustbeteiligung keine eigenständigen Vereinbarungen getroffen, ist als Folge hiervon die Verlustbeteiligung nicht unbedingt ausgeschlossen. Der stille Gesellschafter ist in diesem Fall unter Bezugnahme auf § 709 Abs. 3 BGB[1] im Zweifel in der gleichen Art und Weise am Verlust wie auch am Gewinn des Inhabers des Handelsgeschäfts zu beteiligen.[2]

 

Rz. 31

Die gesellschaftsvertraglichen Regelungen über die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters lassen sich vollständig frei gestalten.[3] Hinsichtlich der Verteilung des Verlusts können dabei andere Bezugsgrößen als bei der Verteilung des Gewinns verwendet werden.[4] Die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters kann zudem in der Höhe begrenzt werden. Es kann aber auch vereinbart werden, dass der stille Gesellschafter den gesamten Bilanzverlust bzw. Jahresfehlbetrag des Inhabers des Handelsgeschäfts zu tragen hat.[5] Wurde keine gesellschaftsrechtliche Vereinbarung über eine Begrenzung der Verlustübernahme des stillen Gesellschafters auf die Höhe seiner Vermögenseinlage getroffen, nimmt der stille Gesellschafter auch über den vereinbarten Betrag seiner Vermögenseinlage hinaus an den Verlusten des Inhabers des Handelsgeschäfts teil.[6] Für den stillen Gesellschafter besteht jedoch in einem solchen Fall nicht die Verpflichtung, das entstandene negative Kapitalkonto über die Höhe seiner Vermögenseinlage hinaus durch eine Nachzahlung auszugleichen.[7] Allerdings sind in diesem Fall in der Zukunft neu entstehende Gewinnanteile des stillen Gesellschafters zuerst zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos zu verwenden. Erst bei einem ausgeglichenen Kapitalkonto kann der stille Gesellschafter wieder Gewinnauszahlungen erhalten.

 

Rz. 32

Wird über das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts das Insolvenzverfahren eröffnet, so kann der stille Gesellschafter seine Einlage, soweit sie nicht durch auf ihn entfallende Verluste aufgezehrt ist, als Insolvenzforderung gegenüber dem Inhaber des Handelsgewerbes geltend machen.[8] Ist dagegen die Einlage des stillen Gesellschafters rückständig, so hat er sie nach § 236 Abs. 2 HGB bis zu dem Betrag, "welcher zur Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist, zur Insolvenzmasse einzuzahlen".

[1] Gemäß § 709 Abs. 3 BGB richten sich "die Stimmkraft und der Anteil an Gewinn und Verlust ... vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen. Sind keine Beteiligungsverhältnisse vereinbart worden, richten sie sich nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge. Sind auch Werte der Beiträge nicht vereinbart worden, hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf den Wert seines Beitrags die gleiche Stimmkraft und einen gleichen Anteil am Gewinn und Verlust."
[2] Die Regelungen des § 709 BGB sind aufgrund des Verweises in § 740 Abs. 2 BGB auf die nicht rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsprechend anzuwenden. Vgl. ferner BFH, Urteil v. 23.7.2002, VIII R 36/01, BStBl II 2002 S. 858; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, 9. Aufl. 2016, S. 23; Kauffeld, in Blaurock, Handbuch stille Gesellschaft, 9. Aufl. 2020, Rz. 8.39.
[3] Vgl. Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990, S. 45; Roth, in Hopt, Handelsgesetzbuch, 43. Aufl. 2024, § 231 HGB Rz. 3.
[4] Vgl. hierzu sowie zum Folgenden Kauffeld, in Blaurock, Handbuch stille Gesellschaft, 9. Aufl. 2020, Rz. 8.40.
[5] Vgl. Koenigs, Die stille Gesellschaft, 1961, S. 175 f. m. w. N.
[6] Vgl. Koenigs, Die stille Gesellschaft, 1961, S. 204; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990, S. 45.
[7] Vgl. hierzu sowie zum Folgenden Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990, S. 45 f. m. w. N.; ferner Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, 2. Aufl. 2000, S. 32; Weigl, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, 3. Aufl. 2012, S. 16.

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