In der Praxis haben sich Verhaltensregeln für Beschuldigte und ihre Verteidiger bewährt. Letztlich wird jeder Verteidiger auch seine eigene Persönlichkeit einbringen, so dass die folgenden Hinweise auch eher als Anregungen gesehen werden können.

Ein Steuerstrafverfahren beginnt oft mit einer Durchsuchung durch die Steuerfahndung. In manchen Fällen wird gleichzeitig auch durch Beamte des Hauptzollamts durchsucht, um z. B. bei lohnsteuerlichen Sachverhalten auch die sozialversicherungsrechtliche Seite aufzuklären. Im Rahmen einer Durchsuchung haben sich die folgenden goldenen Regeln bewährt:

  • Der Tag der Durchsuchung gehört der Steuerfahndung. Dies ist ein Standardsatz erfahrener Strafverteidiger. Die Durchsuchung ist meist rechtlich nicht zu verhindern, und es kann daher nur versucht werden, diese geordnet ablaufen zu lassen. Es sollte möglichst wenig Aufmerksamkeit im Unternehmen bzw. öffentlich entstehen.
  • Der Beschuldigte bzw. das betroffene Unternehmen sollte sofort mit seinem Steuerberater und – wenn bekannt – seinem Verteidiger Kontakt aufnehmen. Ein solches Telefonat darf die Steuerfahndung nicht verhindern, wenn es über die Freisprechfunktion geführt wird. Meist sind die Beamten bereit, eine gewisse Zeit bis zum Eintreffen des Verteidigers zu warten (ca. 15-20 Minuten und teilweise auch länger).
  • Der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss wird von der Ermittlungsbehörde zu Beginn der Durchsuchung überreicht und sollte unverzüglich durch den Hausjuristen oder Verteidiger (ggf. per Fax) überprüft werden.
  • Indem der Zweck der Durchsuchung bei federführenden Beamten erfragt wird, kann der Beschuldigte bzw. Betroffene genauer erfahren, wie der Tatvorwurf lautet und gegen wen der Tatvorwurf als Beschuldigter gerichtet ist. Ist die Person, bei welcher Räume durchsucht werden, nicht als Beschuldigte im Beschluss benannt, so ist sie Dritte (Zeuge). Dies hat zunächst einmal eine entlastende Wirkung ("Aufatmen").
  • Das Schweigerecht des Beschuldigten sollte unbedingt beachtet werden. Jede leichtfertige Aussage während einer überrumpelnden Durchsuchung kann zu missverständlichen Interpretationsmöglichkeiten führen. Der Beschuldigte muss sich nur zu seinen Personalien äußern. Sollte dennoch eine Aussage erwogen werden, so empfiehlt sich vorab eine Abstimmung mit dem Verteidiger. Worte, die einmal gesagt worden sind, können durch den Verteidiger später nur mühsam wieder eingefangen werden. Der Beschuldigte hat ein Recht auf ein vertrauliches und inhaltlich nicht überwachtes Gespräch mit seinem Verteidiger. Es besteht für den Beschuldigten während der Durchsuchung und danach keine Pflicht zur aktiven Mithilfe, z. B. zur Vorlage von Urkunden. Vielmehr muss er die Durchsuchung nur passiv dulden.
  • Mitarbeiter sollten ggf. während der Durchsuchung im Unternehmen freigestellt werden, soweit es nicht benötigt wird.
  • Der Geschäftsinhaber (Geschäftsführer bzw. dessen Vertreter), der Wohnungsinhaber und der Hausrechtsinhaber haben ein Anwesenheitsrecht. Wenn der Hausrechtsinhaber gleichzeitig der Beschuldigte ist, hat sein Verteidiger auch ein Anwesenheitsrecht.
  • Namen und Funktionen der Beamten, insbesondere des federführenden Durchsuchungsleiters, und der Namen ihrer Dienststelle sollte notiert werden. Der Ablauf der Durchsuchung sollte überwacht werden. Diese ist räumlich durch die im Beschluss genannte Anschrift und die ggf. dort genannten Räume begrenzt.
  • Eine Herausgabe sollte nur unter Widerspruch erfolgen. Der Widerspruch ist im Beschlagnahmeprotokoll zu dokumentieren. Hierdurch wird erreicht, dass später ggf. ein Strafrichter über die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme entscheiden muss.
  • Eine Vernichtung von Unterlagen ist nicht empfehlenswert. Das Risiko, dabei erwischt zu werden, ist groß, und die drohenden Nachteile stehen um vermeintlichen Nutzen in keinem Verhältnis. Viele Unterlagen existieren sowieso mehrfach (vgl. E-Mails).
  • Es sollte eine Übersicht über die beschlagnahmten Unterlagen angefertigt werden und wichtige Unterlagen sollten vor der Herausgabe kopiert werden.
  • Wenn die Prüfer den Durchsuchungsort verlassen, so empfiehlt sich die klarstellende Nachfrage, ob die Durchsuchung damit beendet ist. Dann ist der Durchsuchungsbeschluss erledigt und nicht mehr nutzbar.

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