Fraglich ist, ob eine Pflicht zur Kontrolle des Arbeitsergebnisses des Steuerberaters besteht. In der Praxis der BuStra-Stellen der FÄ wird zuweilen recht undifferenziert darauf verwiesen, dass es den Steuerpflichtigen nicht gestattet sei, die zur Weiterleitung an die Finanzbehörde bestimmten Erklärungen und Anlagen "blindlings zu unterschreiben". Diese Formulierung, die man in BuStra-Stellen gerne anführt, findet sich auch in den einschlägigen Kommentierungen. Der steuerliche Laie kann i. d. R. jedoch nicht beurteilen, ob und wie der Berater die ihm (u. U. auf Befragen) gemachten Angaben verwertet hat, ob sie insbesondere steuerrechtlich relevant waren und welchen Vorschriften diese Angaben zuzuordnen waren. Kann der Laien-Steuerpflichtige aber durchweg nicht nachvollziehen, wie der Berater seine Informationen verarbeitet hat, so kann dieser Steuerpflichtige auch nicht kontrollieren, ob die Steuererklärung richtig ist.[1]

Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen Leichtfertigkeit vorliegt, kann die Rechtsprechung zu § 69 AO herangezogen werden. Der Haftungstatbestand des § 69 AO weist eine den §§ 370, 378 AO sehr ähnliche Struktur auf:

  • Verletzung der auferlegten Pflichten;
  • dadurch verursachte Nichtfestsetzung oder nicht rechtzeitige Festsetzung von Steuern (vgl. § 370 AO);
  • Vorsatz bzw. grobe Fahrlässigkeit.[2]

Ist grobe Fahrlässigkeit zu verneinen, so liegt für die entsprechende Fallkonstellation auch keine Leichtfertigkeit vor. Die Rechtsprechung lässt insoweit klar erkennen, dass sich ein Steuerpflichtiger auf den von ihm beauftragten und ihm bisher immer als zuverlässig bekannten – Gegenteiliges ist für das FA regelmäßig nicht beweisbar – steuerlichen Berater verlassen darf:

  • Der GmbH-Geschäftsführer verlässt sich auf seinen Steuerberater, der die Umsatzsteuer-Voranmeldungen (unvollständig) erstellte: keine grobe Fahrlässigkeit i. S. von § 69 AO.[3]

    Anders ist es zu beurteilen, wenn der Geschäftsführer weiß, "dass der Steuerberater in Bezug auf die Fertigung von Steuererklärungen in höchstem Maß unzuverlässig ist".[4]

  • Ein Steuerpflichtiger verlässt sich auf einen von ihm beauftragten "Wirtschafts- und Betriebsberater": keine Leichtfertigkeit i. S. von § 378 AO.[5]

Leichtfertigkeit eines Steuerpflichtigen kann danach regelmäßig nicht angenommen werden, wenn er sich eines steuerlichen Beraters bedient, diesen über seine Verhältnisse zutreffend unterrichtet, ihm vollständige Unterlagen vorlegt und erbetene Auskünfte gewissenhaft erteilt.[6]

Anderer Ansicht war allerdings das FG Baden-Württemberg, das Leichtfertigkeit des Steuerpflichtigen trotz unterschriftsreifer Vorbereitung der Steuererklärung durch den Steuerberater annahm.[7]

 
Praxis-Beispiel

Merkmale leichtfertiger Steuerverkürzung

Leichtfertigkeit wurde aufgrund folgender Merkmale angenommen:

  • der eingeschaltete Steuerfachmann wurde vom Steuerpflichtigen über die Einkünfte nicht informiert;
  • die nicht erklärten Einkünfte machten einen großen Anteil bzw. den Hauptteil der gesamten Einkünfte des Steuerpflichtigen aus;
  • der Steuerpflichtige hatte als Alleingesellschafter einer GmbH die Gewinnausschüttung beschlossen und den Eingang des Geldes auf seinem Darlehenskonto bei der X-GmbH zur Kenntnis genommen.[8]

Aufgrund der oben angeführten Ausführungen kann der Ansicht des BayObLG im Beschluss vom 1.3.2002, dass durch die Unterschrift des Steuerpflichtigen sichergestellt werden soll, "dass sich der Steuerpflichtige über die Lückenlosigkeit und Richtigkeit der gegebenenfalls von einem Dritten, also insbesondere von seinem steuerlichen Berater vorgenommenen Eintragungen und den Umfang der im Vordruck vorgesehenen Angaben vergewissert hat", in strafrechtlicher Hinsicht nicht allgemein zugestimmt werden – sie erscheint zu pauschal.[9]

Schon der Inhaber eines kleineren Betriebs hat zum Zeitpunkt der Unterschrift unter die Erklärungen praktisch keine Möglichkeit zu kontrollieren, ob und wie Unterlagen und Informationen, die sukzessive im Laufe des Jahres der Buchführung angeliefert wurden, dort verarbeitet wurden und anschließend in die Gewinn- und Verlustrechnungen und Bilanzen eingingen. Zu differenzieren ist hierbei auch, ob die Buchführung beim Steuerpflichtigen oder beim Berater erstellt wurde. Bei unvollständigen Erklärungen wird der Schuldvorwurf vielmehr daran anzusetzen haben, dass ein Steuerpflichtiger wissentlich oder leichtfertig Informationen oder Unterlagen in die Buchführung nicht einspeiste, so dass die unvollständige Erklärung die notwendige Folge war. Dieses Verhalten des Steuerpflichtigen ist nachzuweisen. Allenfalls bei ganz einfachen Steuererklärungen mit nur wenigen, leicht zu ermittelnden Einnahme-Positionen können einem Steuerpflichtigen beim Blick auf die Erklärung – der erhebliche Zeit nach Verwirklichung der betreffenden Sachverhalte erfolgt – Unstimmigkeiten"auffallen".[10]

Allerdings wird man, insbesondere bei unternehmerisch tätigen Steuerpflichtigen, organisatorische Maßnahmen und Absprachen zwischen Mandant und Steuerberater verlangen müs...

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