Geldbußen können gegen juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften verhängt werden. Dies kann dann geschehen, wenn Organe der juristischen Person oder vertretungsberechtigte Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft, Generalbevollmächtigte oder Prokuristen Zuwiderhandlungen gegen betriebliche Pflichten begehen, z. B. ihren Aufsichtspflichten nicht genügen oder organisatorische Mängel verschulden, wodurch es zur Verletzung steuerlicher Pflichten kommt.[1]

 
Hinweis

Geldbuße gegen juristische Personen

Da die Geldbuße gem. § 30 Abs. 1 OWiG gegen die juristische Person/Personenhandelsgesellschaft nur zusätzlich neben einem Bußgeld gegen die natürliche Person in Betracht kommt, (sog. Nebenfolge) ist aus der Sicht des Verteidigers die Vorschrift des § 30 Abs. 4 OWiG interessanter.

§ 30 Abs. 4 OWiG ermöglicht es, die Geldbuße gegen die juristische Person im selbstständigen Verfahren zu verhängen. Tatbestandliche Voraussetzung ist, dass das Bußgeldverfahren gegen die natürliche Person eingestellt oder ein solches erst gar nicht eingeleitet wurde.[2]

 
Praxis-Beispiel

Bußgeldverfahren gegen GmbH

Der Betroffene erklärt, sich bei einem Personalbestand von ca. 300 Personen nicht um alle betrieblichen Angelegenheiten selbst kümmern zu können. Er sei zwar als Geschäftsführer verantwortlich, sein persönliches Verschulden erscheine jedoch seiner Meinung nach noch als geringfügig. Die BuStra-Stelle sieht von der Fortsetzung des Bußgeldverfahrens wegen § 130 OWiG nach § 47 Abs. 1 OWiG ab und leitet ein Bußgeldverfahren gem. § 30 Abs. 4 OWiG gegen die GmbH ein.

Rechtsfolge ist die Festsetzung einer Geldbuße mit selbstständigem Bußgeldbescheid gegen die juristische Person (§ 88 Abs. 2 OWiG). Ein Schuldvorwurf gegenüber einer bestimmten natürlichen Person unterbleibt.[3]

 
Hinweis

Alternative Verfahrensbeendigungen bei juristischen Personen

Verteidiger in Steuerstrafsachen sind häufig recht schnell bereit, Verfahrenseinstellungen nach § 153a StPO zu akzeptieren. Im Strafverfahren gegenüber gesetzlichen Vertretern von juristischen Personen (insbesondere Geschäftsführern von GmbH) oder Personenhandelsgesellschaften kann der Verteidiger jedoch u. U. mit den §§ 130 und 30 OWiG alternative Verfahrensbeendigungen ins Gespräch bringen.

Diese Vorschriften sind auch in BuStra-Stellen häufig nahezu unbekannt. Verfahrensabschlüsse nach einer dieser Vorschriften kommen in Verfahren gegen Geschäftsführer, Vorstände etc. insbesondere deshalb in Betracht, weil es den Ermittlungsbehörden obliegt, für den Vorwurf der Steuerhinterziehung oder der leichtfertigen Steuerverkürzung Vorsatz oder Leichtfertigkeit nachzuweisen. Vorsatz und Leichtfertigkeit stellen aber schwere Schuldformen dar, die entsprechend strengen Anforderungen an den strafrechtlichen Nachweis zu genügen haben. Insbesondere dann, wenn Steuerzuwiderhandlungen in großen Unternehmen, z. B. in den Rechtsformen der GmbH oder AG, festgestellt werden, wird es aufgrund der dort herrschenden Arbeitsteilung und komplexen Organisationsstruktur häufig schwierig, bestimmten Personen leichtfertiges oder gar vorsätzliches Verhalten nachzuweisen. Die Bestimmungen der §§ 370, 378 ff. AO erweisen sich dann als ungeeignet, um Verstöße gegen steuerliche Normen zu ahnden.

Andererseits sind die Ermittler nicht bereit, Verfahren ohne Weiteres einzustellen. Geldbußen nach § 130 oder § 30 OWiG können inderartigen Fällen einen Kompromiss darstellen. Einerseits haben die Strafverfolgungsbehörden eine Ahndung erreicht, andererseits entfällt zweifelsfrei der Makel des Vorwurfs einer Straftat(Steuerhinterziehung), der gerade für Beschuldigte aus Wirtschaftsunternehmen oft als besonders belastend empfunden wird.[4]

Verbandssanktionengesetz (VerSanG): Der "neue" Referentenentwurf und seine Auswirkungen auf das Steuerstrafrecht

Unternehmen können in Deutschland weder angeklagt noch bestraft werden. Strafen i. S. d. Strafrechts sind nur für natürliche Personen vorgesehen. Das soll sich auch mit dem geplanten neuen Verbandssanktionengesetz nicht ändern. Jedoch sieht der entsprechende Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums bei Straftaten, durch die Pflichten, die das Unternehmen treffen, verletzt wurden, ganz neue Sanktionsmöglichkeiten für die Unternehmen selbst vor. Die geplanten Sanktionen reichen weit über die bisher bei Organisationen mögliche Verhängung einer Geldbuße nach § 30 OWiG hinaus. Das Gesetz könnte bei relevanten Pflichtverstößen von Unternehmen vor allem große Firmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Mio. EUR hart treffen. Gegen sie soll nach dem Gesetzentwurf künftig eine sog. Verbandsgeldsanktion i. H. v. 10 % des weltweiten Konzernumsatzes verhängt werden können.

Der Referentenentwurf ist jedoch innerhalb der großen Koalition sehr stark umstritten. Vertreter der SPD wollen ihn weiter verschärfen und Vertreter der CDU ihn eher entschärfen, damit Unternehmen nicht in Existenznot gelangen können. Der Referentenentwurf will die Unternehmen faktisch dazu zwingen, umfassende (Tax-)Compliance-Struktu...

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