Steufa-Berichte weisen sehr häufig Defizite in der steuerrechtlichen und strafrechtlichen Würdigung auf. Insofern werden z. B. Sachverhalte ermittelt, die für die rechtliche Subsumtion unerheblich sind: andererseits hätte an anderer Stelle der Tatbestand einer Vorschrift durch weiteren Sachverhalt angereichert werden müssen.

 
Praxis-Beispiel

Steuerfahndungsberichte

Ein Unternehmensberater war in Deutschland wohnhaft und verfügte außerdem noch über Büroräume (Betriebsstätte) in der Schweiz. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz waren die auf die Schweizer Betriebsstätte entfallenden Einkünfte von der deutschen Besteuerung freigestellt. Der Unternehmensberater hatte seine Einkünfte jedoch weder in Deutschland noch in der Schweiz erklärt. Die Steufa, die etliche Jahre nach der Durchführung der Geschäfte durchsuchte, versäumte zu ermitteln, wie sich Einkünfte auf die Schweizer Betriebsstätte bzw. auf den deutschen Wohnsitz verteilten. Der Steuerhinterziehungsvorwurf brach deshalb im Strafverfahren in sich zusammen.[1]

Auch legen Steufa-Prüfungen i. d. R. das Schwergewicht darauf, das steuerliche Mehrergebnis zutage zu fördern. Nicht immer sind Ermittlungsergebnisse dafür ausreichend, festzustellen, wem dieses Mehrergebnis zuzurechnen ist.[2]

Diese Frage wird insbesondere in den Fällen relevant, in denen ein Unternehmen (z. B. Gastronomiebetrieb) von mehreren Personen gleichzeitig (GbR) oder auch nacheinander betrieben wurde. Häufig liegt auch die Fallkonstellation vor, dass eine Person zwar die steuerliche Anmeldung beim Finanzamt sowie Steuererklärungen und -voranmeldungen unterschrieb, der Steuerfahnder aber aufgrund der Prüfung zu der Auffassung gelangte, dass eine andere Person Inhaber war.

In Steufa-Fällen ist es oft erforderlich, festzustellen, welche Person eigentlich steuerstrafrechtlich verantwortlich war (z. B. Frage der Mittäterschaft oder Beihilfe von Geschäftspartnern, Angestellten, der Ehefrau oder des Steuerberaters, Einschaltung von Strohleuten als Geschäftsführer oder Gesellschafter; vielfacher Geschäftsführer-Wechsel bei einer GmbH; Verteilung der Gewinne zwischen den Gesellschaftern bei einer GbR). Hier bleiben entscheidende Fragen in der Praxis oft ungeklärt (z. B. Wer unterschrieb die Steuererklärungen, Steuervoranmeldungen oder Anträge auf Investitionszulage? Wer ist strafrechtlich aus welchen Gründen verantwortlich zu machen, obwohl er die entsprechenden Unterschriften nicht leistete?; Liegen verdeckte Gewinnausschüttungen an (nahe stehende) Personen vor, die weder Geschäftsführer noch Gesellschafter waren?). Oft gelingt es der Steufa – die ja erst Jahre nach den betreffenden Geschäftsvorfällen die Ermittlungen aufnehmen kann – nicht, genügend Indizien zur Bestimmung des Verantwortlichen für die Steuerhinterziehung zusammenzutragen oder dieser Aspekt wird bei den Ermittlungen nicht genügend beachtet.

Der durchschnittliche Steuerstraffall wird auch nicht ständig und nicht immer gründlich bearbeitet. Vielmehr nimmt ein Steuerfahnder die Akte zu bestimmten, von ihm oder dem Sachgebietsleiter verfügten Wiedervorlage-Terminen in die Hand und arbeitet daran. Nach und nach füllt sich die Akte, d. h. alle möglichen Unterlagen, Wichtiges und weniger Wichtiges, werden im Laufe der Zeit hintereinander abgeheftet, was den Steuerstraffall – der häufig ohnehin schon komplexer Natur ist – aufbläht und zusätzlich kompliziert.

Bekommt man als Verteidiger die Akten in die Hand, so ist es immer wieder interessant, ganz an den Anfang, zu den ersten Seiten, zurückzublättern; es ist verblüffend festzustellen, wie klar und einleuchtend der Schuldvorwurf am Anfang der Akte noch erschien und wie die Sache dann in der folgenden Zeit so verwirrt und unübersichtlich wurde, dass kaum noch jemand durch die Akte durchzublicken vermochte. Dies ist die Situation, mit der die Richter beim Amtsgericht regelmäßig zu kämpfen haben: dicke unübersichtliche Akten, vollgeheftet mit irgendwelchen Anlagen (z. B. Mikrofiches von Banken), dazwischen immer wieder einmal ein wichtiger Vermerk oder ein Schriftsatz. Es ist klar, dass sich die Akten der Finanzbehörden bei den Amtsgerichten deshalb keiner großen Beliebtheit erfreuen. Eine Einstellung nach § 153a StPO ist deshalb oft das einzig erzielbare Ergebnis; viele Verfahren werden jedoch auch ohne jegliche Ahndung eingestellt.

Im Bericht des Landesrechnungshofs Baden-Württemberg v. 25.6.1998 heißt es dazu:

Zwischen der Einleitung des Verfahrens und der Fertigstellung des Prüfungsberichts liegen zuweilen mehrere Jahre. Ursache hierfür können z. B. Verzögerungstaktik des Beschuldigten oder lange Bearbeitungszeiten bei Einschaltung ausländischer Dienststellen sein. Zuweilen sind aber auch Fälle wegen Arbeitsüberlastung oder unzureichender Dienstaufsicht durch die Sachgebietsleiter lange Zeit unbearbeitet geblieben. ... Es werden aber auch an sich prüfungsbedürftige Fälle in der Hoffnung zurückgehalten, sie einem Fahnder zuteilen zu können, wenn es die Arbeitslage zulassen sollte. O...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge