Da die Steuervergünstigung auf die Lieferung eines in der Anlage 2 bezeichneten Gegenstands abhebt, ist bei Lieferungen zunächst der Umfang der Leistung zu prüfen. Werden mehrere Gegenstände geliefert oder gehört zum Leistungsumfang auch eine sonstige Leistung, ist zunächst zu untersuchen, ob eine einheitliche Leistung (z. B. eine Hauptleistung und unselbstständige Nebenleistungen) oder mehrere verschiedene, zueinander selbstständige Leistungen (z. B. mehrere Lieferungen oder eine Lieferung und eine sonstige Leistung) anzunehmen sind.

 
Wichtig

Einheitliche Leistung

Wenn eine einheitliche Lieferung vorliegt, ist eine Aufspaltung in einzelne Lieferungs- oder Leistungsbestandteile nicht zulässig. Eine einheitliche Lieferung ist immer auch einheitlich zu beurteilen und es ist nicht zu untersuchen, ob im Rahmen dieser Lieferung einzelne Gegenstände dem allgemeinen und andere Gegenstände dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Bei einer einheitlichen Lieferung ist der Gegenstand der Hauptleistung zu bestimmen und zu untersuchen, ob dieser ggf. unter die Anlage 2 fällt. Auf die Nebenleistungen (Nebenlieferungen oder Nebenleistungen in Form unselbstständiger sonstiger Leistungen) ist ebenfalls der ermäßigte Steuersatz anzuwenden, wenn die Hauptleistung in der Lieferung eines begünstigten Gegenstands besteht. Für die Abgrenzung von einheitlicher Leistung zu getrennten Leistungen kommt es nicht (entscheidend) darauf an, ob die zu beurteilenden Leistungen (formal) in einem einheitlichen oder in mehreren getrennten Verträgen vereinbart wurden, sondern darauf, ob sich die jeweiligen Leistungen aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt als Haupt- und Nebenleistung oder als komplexe Leistung darstellen.

Die Steuerermäßigung umfasst auch die unselbstständigen Nebenleistungen. Dazu gehören insbesondere das Verpacken, Befördern und Versenden der begünstigten Gegenstände durch den liefernden Unternehmer. Die Steuerermäßigung erstreckt sich auch auf Nebenleistungen, die in der Überlassung eines Gegenstands bestehen, selbst wenn dieser in der Anlage 2 nicht aufgeführt ist.

 
Praxis-Beispiel

Lieferung von Kaffee

Ein Kaffeeröster liefert Kaffee an einen Großhändler. Die Ware ist bereits portioniert und zum Weiterverkauf an den Einzelhandel verpackt. Der Kaffeeröster berechnet neben dem reinen Warenpreis gesondert die Verpackung des Kaffees und die Transportkosten. Die Steuerermäßigung für die Lieferung des Kaffees[1] umfasst das gesamte Entgelt der Lieferung, also auch die Kosten der Verpackung und die Transportgebühren.

Ein Unternehmer beliefert seine Kunden (z. B. Kantinenbetreiber) mit Kaffeebohnen oder -pulver. Zeitgleich stellt er seinen Kunden Kaffeeautomaten (z. B. Kaffeevollautomaten) einschließlich Wartung unentgeltlich zur Verfügung. Die Kunden sind verpflichtet, den Kaffee ausschließlich beim Unternehmer zu erwerben. Die Kosten für die Kaffeeautomaten wurden bei der Preiskalkulation für die Kaffeelieferung berücksichtigt. Erst der Endnutzer (Kantinenbesucher) erhält fertig zubereiteten Kaffee auf Knopfdruck. Die Überlassung der Kaffeeautomaten und die Lieferung der Kaffeebohnen und/oder des -pulvers sind grundsätzlich nicht zu einer einheitlichen Leistung eigener Art zusammenzufassen.[2]

Liegen mehrere selbstständige Leistungen vor, ist für jede Lieferung zu prüfen, ob der Gegenstand der Lieferung unter die Anlage 2 fällt und damit die Lieferung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

3.4.1 Werklieferungen

Zu den Lieferungen zählen auch die Werklieferungen.[1] Diese fallen dann unter die Steuerermäßigung, wenn das fertige Werk einer in der Anlage 2 genannten Ware zuzuordnen ist. Das fertige Werk muss also in seiner Gesamtheit (bestehend aus gelieferten Hauptstoffen, Nebensachen und Zutaten und der Arbeitsleistung des Unternehmers) unter die Anlage 2 fallen.

 
Praxis-Beispiel

Anfertigung eines Rollstuhls

Anfertigung und Lieferung eines Rollstuhls mit Motor für einen Körperbehinderten, wobei der liefernde Unternehmer einen Hauptstoff selbst beschafft haben muss.

Nicht steuerbegünstigt ist eine Werklieferung, wenn das abgelieferte fertige Werk zwar Teile enthält, die für sich genommen unter die Anlage 2 fallen, das fertige Werk selbst aber kein Gegenstand der Anlage 2 ist.

 
Praxis-Beispiel

Abgrenzung von Werkleistungen und Werklieferungen

Ein Gartenbauunternehmer wird beauftragt, die Außenanlagen eines neu errichteten Einfamilienhauses anzulegen. Obwohl das Unternehmen hierfür z. B. Pflanzen und Dünger verwendet, sind Gegenstand dieser Werklieferung nicht diese verwendeten Hauptstoffe, vielmehr ist Gegenstand der Leistung die Herrichtung einer Außenanlage. Diese einheitliche Werkleistung unterliegt daher dem allgemeinen Steuersatz.

Ein Sägewerk liefert einem großen Gastronomiebetrieb für dessen offenen Kamin aus selbst beschafftem Rohholz Brennholz in Form von Scheiten. Gegenstand der Werklieferung ist ein Gegenstand nach Nr. 48 B...

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