Leitsatz

Ein Forwarddarlehen, das durch die Abtretung der Ansprüche aus einer Kapitallebensversicherung besichert wird, dient im Rahmen einer Umschuldung nicht unmittelbar und ausschließlich i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG 2004 der Finanzierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, wenn es höher als die Restschuld des umzuschuldenden Darlehens ist und der übersteigende Betrag zur Finanzierung der Bereitstellungszinsen und anderer umschuldungsbedingter Aufwendungen verwendet wird.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 2 Satz 2, Satz 2 Buchst. a, § 20 Abs. 1 Nr. 6 Sätze 2 und 4 EStG 2004, § 179, § 180 Abs. 2 AO, § 9 VO zu § 180 Abs. 2 AO

 

Sachverhalt

Der Kläger nahm zur Finanzierung des Erwerbs einer fremdvermieteten Immobilie im Jahr 1998 ein Darlehen auf. Im Jahr 2006 schloss er ein Forwarddarlehen ab, um die Anschaffungsdarlehen abzulösen. Die zur Bereitstellung zinsfreie Zeit betrug 32 Monate, danach wurden Bereitstellungszinsen i.H.v. 3 % p.a. geschuldet. Bei der Umschuldung im Jahr 2010 fielen Bereitstellungszinsen i.H.v. 3.248 EUR an, die mit den Darlehensvaluta aus dem Forwarddarlehen getilgt wurden. Im Streitjahr 2010 trat der Kläger Ansprüche aus seiner Lebensversicherung zur Tilgung und Besicherung des Forwarddarlehens ab. Daraufhin stellte das FA die Steuerpflicht der rechnungs- und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus der Kapitallebensversicherung gesondert fest.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 6.9.2017, 15 K 2050/16 F, Haufe-Index 11591392, EFG 2018, 635). Das FG sah die tatsächliche Verwendung des Forwarddarlehens zur Tilgung der Bereitstellungszinsen und übrigen Aufwendungen im Rahmen der Umschuldung als steuerschädlich an, weil das Darlehen insoweit nicht ausschließlich und unmittelbar zur Finanzierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten i.S.d. § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG 2004 verwendet wurde.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob die Feststellung, dass Zinsen aus einer Lebensversicherung aufgrund deren Abtretung zur Besicherung eines Darlehens steuerpflichtig geworden sind, rechtmäßig ist. Es handelt sich um eine sog. Altversicherung, die vor dem 1.1.2005 abgeschlossenwurde. Bei dieser waren Sparanteile, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, zwar nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG 2004 steuerpflichtig. Dies galt nach Satz 2 der Vorschrift jedoch nicht, wenn es sich um Zinsen aus Versicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004 handelte, die nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt wurden. Weitere Voraussetzung war nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG 2004, dass die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug der Versicherungsbeiträge erfüllt waren.

2. Versicherungsbeiträge konnten gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG 2004 nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag während dessen Dauer im Erlebensfall der Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienten, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten waren. Von diesem Abzugsverbot enthielt § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG 2004 eine Rückausnahme. Der Sonderausgabenabzug für die Versicherungsbeiträge war nach dieser Vorschrift gestattet, wenn das durch die Versicherung besicherte Darlehen selbst unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts diente, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung war. Weitere Voraussetzung war, dass die ganz oder zum Teil zur Tilgung oder Sicherung verwendeten Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nicht die mit dem Darlehen finanzierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten überstiegen. Dabei galt eine Bagatellgrenze von 2.556 EUR (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a Halbsatz 2 EStG 2004).

3. Nach diesen Vorgaben hat das FG die Steuerpflicht der rechnungs- und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus der Kapitallebensversicherung und deren Feststellung durch das FA zu Recht bejaht. Die Gewährung einer Steuerbefreiung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004kommt für diese Zinsen nicht in Betracht, weil dem Kläger der Sonderausgabenabzug für die Versicherungsbeiträge aufgrund der Abtretung der Versicherungsansprüche zur Tilgung und Besicherung des Forwarddarlehens gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG 2004 zu versagen ist.

4. Zwar diente das vom Kläger im Jahr 2006 zur Umschuldung aufgenommene Neudarlehen ebenfalls der Finanzierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten eines begünstigten Wirtschaftsguts i.S.d. § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG 2004. Der vom Gesetz geforderte Finanzierungszusammenhang eines Darlehens zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten besteht in diesem Sinne nicht nur, wenn das Darlehen die Anschaffung ermöglicht, sondern auch dann, wenn es aufgenommen und verwendet wird, um e...

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